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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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unserer Nachbarin zu erkunden. »Sagst ausgerechnet du«, gab ich zurück. Ich klang bitter und ich hasste mich selbst dafür. »Was ist mit Maddy und Sunshine? Du kannst deine Hände nicht eine Sekunde bei dir behalten.«
    Luke schüttelte den Kopf. »Das ist was anderes. Du bist … Du musst vorsichtiger sein als ich. Und – nein, das hat nichts damit zu tun, dass du ein Mädchen bist. Sondern damit, dass du … dass du ein leidenschaftlicher Mensch bist. Leidenschaftlicher als Maddy, Sunshine und ich zusammen. River wird dir das Herz brechen. Verlass dich drauf.«
    »Wird er nicht.«
    Luke sah mich nur an.
    »Wird er nicht«, wiederholte ich. »Aber abgesehen davon ist er manchmal echt ziemlich nett und erzählt ganz offen von seiner Vergangenheit, kümmert sich um Jack und kocht für mich. Außerdem gefällt mir, dass er anders ist. Dass er so … geheimnisvoll ist. Aber eigentlich traue ich ihm nicht über den Weg. Wirklich kein bisschen. Ich … ich vergesse das nur ab und zu. Du musst dir trotzdem keine Sorgen machen, Luke. Ich lasse ihn noch nicht einmal in die Nähe von meinem Herzen.«
    Luke seufzte und griff wieder nach dem Pinsel. »Und warum taucht sein Bruder plötzlich hier auf? Ich habe gesehen, wie er seinen BMW in der Einfahrt geparkt hat. Krasser Wagen für einen Jungen in seinem Alter.«
    »Ich nehme an, er wollte River besuchen.«
    »Will der BMW -Typ auch ins Gästehaus ziehen? Falls ja, können wir die Miete erhöhen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Mach lieber an deinem Bild weiter, Luke.«
    Wie er da so mit erhobenem Pinsel stirnrunzelnd vor der Leinwand stand, sah er unserem Vater so unglaublich ähnlich, dass es mich merkwürdig berührte. Ich schaute von ihm zu Jack. Ihre Haare leuchteten in der Sonne kupferrot, während sie sich über ihre Bilder beugten, und sie hielten den Pinsel beide auf dieselbe eigentümliche Art – zwischen Daumen und Mittelfinger geklemmt und eher in der Mitte als am Ende, wie es die meisten anderen Maler taten.
    Ich ging zum Gästehaus und betrat es, ohne anzuklopfen. River war gerade dabei, sechs Eier zu pochieren, und Neely nippte an einem dampfenden Espresso. Die beiden redeten nicht miteinander und ich spürte sofort die unbehagliche Stimmung im Raum. Unsicher blieb ich in der Tür stehen und wusste nicht, was ich sagen sollte.
    Irgendwann reichte River mir einen Teller mit Eiern und wir setzten uns zum Essen an den Tisch. Die Mahlzeit verlief schweigend. Ich stippte warmen Toast in orangegelbe Eidotter und versuchte die angespannte Stille zu ignorieren. Neely war anscheinend genauso süchtig nach Kaffee wie sein Bruder, sie tranken beide jeweils drei Tassen Espresso. Mir fiel auf, dass sie die Tasse mit beiden Händen festhielten, statt sie am Henkel anzufassen, und leicht die Augen zusammenkniffen, bevor sie daran nippten. Sie tranken wie Brüder.
    Als wir fertig waren, räumten River und Neely den Tisch ab und spülten das Geschirr – weiterhin ohne dabei auch nur ein einziges Wort zu verlieren.
    Ich beobachtete sie fasziniert. Neely war mindestens fünfzehn Zentimeter größer als River und noch ein bisschen hagerer. Aber er hatte dieselbe gesunde Bräune und t rug dieselben teuer aussehenden, für Jungen in ihrem Alt er eher ungewöhnlichen Klamotten – dunkle Chinos, die lässig auf seinen schmalen Hüften saßen, und eine dünne weiße Windjacke mit Reißverschluss, den er bis zum Kinn hochgezogen hatte. Ich hätte nicht gedacht, das Wind jacken überhaupt teuer aussehen können, aber seine tat es.
    Neely war beinahe so schön wie River. Allerdings strahlte sein Gesicht Offenheit und Liebenswürdigkeit aus, im Gegensatz zu dem von River, dessen Züge etwas Dunkles und Geheimnisvolles hatten. Wenn sie Kaffee tranken, sahen sie wie Zwillinge aus, die Art, wie sie sich durch die Küche bewegten, war dagegen komplett unterschiedlich. River eher langsam und träge, Neely schnell und geschmeidig. Aber zwischen ihren Brauen ragte die gleiche steile Falte auf.
    »River hat behauptet, er hätte keine Geschwister«, brach ich die Stille, indem ich River vor Neely als Lügner bloßstellte, was sich gut anfühlte. »Sind eure Eltern wirklich Archäologen?«, fragte ich ihn.
    Neely warf den Kopf in den Nacken und lachte. Und wie er lachte. Sein Lachen war ansteckend. »Du lügst mehr, als unser Vater herumhurt«, sagte er zu River. »Und das will was heißen.«
    Sein Bruder zuckte mit den Achseln. »Lügen machen das Leben interessanter und meistens auch

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