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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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fest auf den Tisch, dass eine der Kerzen umfiel und erlosch, worauf es in der Küche noch dunkler wurde. »Das Funkeln funktioniert nicht aus der Ferne. River muss die Leute angefasst haben, um seine Gabe bei ihnen anwenden zu können. Er kann jemanden seine Visionen nur dann sehen lassen, wenn er denjenigen vorher körperlich berührt hat. Anfangs hielt die geistige Verbindung, die er auf diese Weise aufbaute, nur ein, zwei Stunden an, heute kann er sie teilweise über Tage aufrechterhalten. Sein Funkeln verändert sich … Es wird stärker. Vielleicht auch schwächer. Wer weiß.«
    Wieder hieb Neely die Faust auf den Tisch, worauf auch noch die andere Kerze erlosch und es im Raum so dunkel wurde, dass ich ihn nur noch schemenhaft erkennen konnte.
    »Ich fasse es einfach nicht, dass er dir das nicht gesagt hat. Ich meine, er lag mit dir im Bett, hat dich berührt, hat dich Dinge sehen lassen, fühlen lassen … und er hat dir noch nicht einmal erklärt, wie seine Gabe funktioniert?« Neely warf den Kopf in den Nacken, und ich erwartete, dass er wieder lachen würde, stattdessen stieß er einen gequälten, frustrierten Schrei aus. Ich zuckte zusammen.
    Sein Schrei brachte meine Gedanken zum Rasen, und ich sah vor mir, wie River den Arm um Sunshines Taille schlang und sie in den Tunnel führte. Wie er Jack Jojo-Tricks zeigte und ihm dabei eine Hand auf die Schulter legte. Wie er mich auf dem Friedhof an sich zog und küsste. Gianni über den Tisch die Hand hinstreckte, als er sich ihm vorstellte. Wie er Daniel Leap das Whiskyglas aus der Hand nahm. Seinen Finger neben den von Luke auf den Zeiger des Ouija-Bretts legte. Wie er mich küsste und berührte. Mich immer wieder berührte, mich berührte, mich berührte …
    »Das darfst du nicht zulassen. Das ist nicht gut für dich, Violet. River kann dich dazu bringen, Dinge zu denken und zu empfinden, die nicht wahr sind. Ich liebe ihn, aber ich bin auch der Erste, der sagt: Nimm dich vor ihm in Acht. Er ist gefährlich. Gefährlicher als alle Menschen, die ich kenne und jemals kennenlernen werde. Du musst um jeden Preis verhindern, dass er dich noch einmal berührt. «
    Aber ich hörte kaum, was er sagte, weil mein Gehirn wie von einer stählernen Geisterhand zusammengequetscht wurde, die meine Gedanken zu einem blutigen Brei zermalmte. Ich wusste, dass Neely die Traurigkeit und die kranke Verzweiflung spürte, die von mir ausging. Aber das war mir egal.
    Ich hasste River.
    Ich hasste ihn.

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Neely verabschiedete sich kurz darauf. Ich wusste, dass er lieber geblieben wäre, aber er war selbst unglaublich wütend auf River und wir brauchten beide ein bisschen Zeit für uns, um uns zu beruhigen. Ich saß noch eine Weile im Dunkeln auf dem Sofa, bis meine Wut sich in Erschöpfung verwandelt hatte. Und dann spürte ich, wie sich die feinen Härchen in meinem Nacken aufstellten, und wusste, dass ich nicht mehr allein im Raum war.
    Ein warmer Körper ließ sich neben mich aufs Sofa sinken.
    Ich seufzte. »River.«
    Erleichterung stieg in mir auf. Und Wut. Ich wollte ihn zu Boden stoßen, aber ich behielt die Hände im Schoß und tat nichts. Irgendwann stand River auf und zündete eine der Kerzen an. Er betrachtete mich einen Moment und nickte dann. »Neely hat dir die Narbe gezeigt.«
    »Hast du uns heimlich beobachtet?«
    »Könnte man so nennen.« Er zögerte kurz, bevor er weitersprach. »Weißt du, jedes Mal, wenn ich meinen Bruder anschaue, sehe ich wieder vor mir, wie er lichterloh brannte. Und zwar meinetwegen. Wegen dem, wozu ich in der Lage bin.«
    Er griff nach meiner Hand und legte sie sich auf sein Herz. Ich riss mich los.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich bin verletzt, Vi.«
    »Was meinst du damit?«
    »Der rosige Schimmer, der deine Gedanken an mich immer begleitet hat, ist jetzt blutrot mit schwarzen Schlieren. Und das bedeutet meiner Erfahrung nach Angst. Oder Hass. Was von beidem ist es, Vi?«
    »Beides«, sagte ich müde.
    »Wegen der Sache in Rattlesnake Albee?«
    Ich sagte nichts.
    »Wegen dem Selbstmord?«
    »Weißt du, wo ich heute Abend war, River? Weißt du, was ich erlebt habe? Willst du nicht wissen, warum ich nach Rauch rieche?«
    »Ich weiß, dass du mit Neely im Freiluft-Kino im Park warst. Habt ihr danach ein Lagerfeuer gemacht?«
    »Nein. Gianni ist plötzlich neben mir aufgetaucht, während der Film lief, und hat darauf bestanden, mir etwas zu zeigen. Weißt du, was es war? Jack! Er wollte mir Jack zeigen, den er auf dem

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