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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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Dachboden der Glenship-Villa an einen Balken gefesselt hatte. Er wollte ihn steinigen, River. Ihn mit einem Messer foltern. Ihn verbrennen. «
    Ich sprang auf und stellte mich, die Hände in die Hüfte gestemmt, vor ihn hin. Während ich von Jacks Todesangst und dem brennenden Dachboden erzählte, fiel die Gleichgültigkeit von mir ab. Meine Wangen begannen zu glühen und plötzlich spürte ich auch wieder die Wut in mir aufsteigen. Unverfälscht, mächtig und stark.
    »Verschwinde von hier, River. Jetzt sofort. Das ist mein Ernst.«
    River stand da wie erstarrt. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, war der Ausdruck in seinen Augen todernst. Er wirkte verletzt, beinahe so als würde er sich … verraten fühlen. Konnten seine Augen lügen? Konnten sie genauso lügen wie sein Mund?
    »Und du dachtest, dass ich dahinterstecke? Aber ich war das nicht, das musst du mir glauben, Violet. Ich würde meine Gabe niemals dazu benutzen, einem unschuldigen Kind etwas anzutun. Wie kannst du mir so etwas nur zutrauen?«
    »Wie ich dir so etwas zutrauen kann? Du hast Jack den Teufel sehen lassen. Und seinen Vater dazu gebracht, sich im Park die Kehle aufzuschlitzen.«
    »Verdammt, das stimmt.« Er hob die Hände, als könne er so die Wahrheit von sich wegschieben. »Du hast ja recht. Du hast recht. Trotzdem. Ich weiß nicht, was in der Villa der Glenships passiert ist, und ich habe keine Ahnung, was mit Gianni los war, aber ich schwöre, ich habe nichts damit zu tun. Ist Jack etwas passiert? Wie geht es ihm? Wie geht es dir?«
    »Ich habe gehört, wie du gelacht hast, River . « Noch mehr heiße Wut schoss in mir hoch. »Der Dachboden hat gebrannt und du hast gelacht . Das wievielte Mal ist das jetzt, dass du mich anlügst? Hast du das Funkeln überhaupt noch unter Kontrolle oder hat es endgültig Gewalt über dich? Irgendetwas sagt mir nämlich, dass ich die Welt vor dir retten sollte, indem ich dich im Keller einmauere. Ich denke wirklich ernsthaft darüber nach, das zu tun. Also versuch es ausnahmsweise mal mit der Wahrheit – mit einer Wahrheit, die mich überzeugt. Und zwar schnell.«
    River verschränkte die Arme und lehnte sich seufzend gegen die Küchentür. Plötzlich sah er vollkommen verändert aus. Nicht mehr wie eine geschmeidige Raubkatze, der nichts und niemand etwas anhaben kann, sondern unglaublich jung und traurig und irgendwie hoffnungslos, was mich verwirrte, weil es so untypisch für ihn war.
    »Willst du wissen, warum ich meinen Bruder so liebe?«, fragte er. »Egal wie sehr wir uns streiten – wenn er an mich denkt, haben seine Gedanken immer dieselbe Farbe. Für ihn bin ich strahlend gelb. Ganz gleich, was ich angerichtet habe – und ich habe eine Menge angerichtet –, er hatte nie Angst vor mir. Hat mich nie gehasst. Dafür muss man einen Menschen einfach lieben. Bedingungslose Liebe ist so selten wie ein Monat mit zwei Vollmonden.«
    Ich sah ihn nur stumm an.
    »Würdest du mit mir auf den Dachboden kommen?«, fragte River leise. »Ich höre mit den Lügen auf«, versprach er, »und fange an zu reden.«
    »Okay«, sagte ich schlicht. Weil … verdammt noch mal, warum nicht? River würde von hier fortgehen und das war das Beste so. Es konnte nichts schaden, wenn ich mir vorher noch anhörte, was er zu sagen hatte. Außerdem gab es da diese Seiten an ihm, die nichts mit dem Funkeln zu tun hatten und für die ich ihn gemocht hatte: … sein Faible für Lagerfeuer, wie er mich gegenüber Luke verteidigt hatte, seine Kochkünste, die Origami-Tiere … wie es sich angefühlt hatte, in seinen Armen zu schlafen.
    Zehn Minuten später saßen River und ich an den entgegengesetzten Enden der alten Samtcouch auf dem Dachboden und hörten Robert Johnson. Das statische Kratzen, von dem der Sound dieser alten Platten begleitet wurde, hatte für mich immer etwas Tröstliches. Ich atmete tief ein und roch das Salz in der Brise und den Rauch, der immer noch in meinen Haaren hing. Der Seewind wehte durch die geöffneten runden Fenster und brachte die Kerzen mit der Regelmäßigkeit eines Herzschlags zum Flackern.
    River schob sich ein paar violettschwarze Trauben in den Mund, die ich zusammen mit ein bisschen Käse, Oliven und Brot aus der Küche mit hochgenommen hatte, weil ich wusste, dass er wahrscheinlich den ganzen Tag nichts gegessen hatte, obwohl mir das verdammt noch mal egal hätte sein sollen. Er schnitt die Spitze von dem dreieckigen Stück Gouda ab und reichte sie mir. Ich achtete darauf, dass sich unsere

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