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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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Eine Schleiereule schreckte bei dem Knall auf und stieß von oben aus der Dunkelheit herab. Ich drehte mich um und sah gerade noch, wie sie über die Straße glitt und in den schneebedeckten Ästen einer Kiefer verschwand.
    Jimmy Hall lag auf der Straße und atmete schwer. Ich ging zu ihm und baute mich vor ihm auf.
    »Los, aufstehen«, sagte ich. Er rührte sich nicht. Ich versetzte ihm einen Tritt, aber er rührte sich noch immer nicht. Ich steckte die Pistole zurück ins Holster, packte ihn mit beiden Händen am Kragen und zerrte ihn auf die Beine. Er konnte kaum stehen, und ich lehnte ihn gegen die Kühlerhaube und durchsuchte seine Taschen.
    »Herrgott«, stammelte er. »Ich dachte, Sie bringen mich um.«
    »Ich überlege noch, ob ich es tue «, sagte ich.
    Ich öffnete die Fahrertür des Transporters und zog die Autoschlüssel ab. Das Radio ging aus, und die Nacht war schlagartig still und leise. Ich ging ein Stück die Straße hoch. Am Rand des Waldes blieb ich stehen und blickte in die Dunkelheit der Bäume. Dann schleuderte ich die Schlüssel so weit ich konnte und hörte, wie sie vom Stamm eines Baumes abprallten und dann durchs Geäst nach unten rauschten, bis sie geräuschlos im Schnee verschwanden. Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und ich sah, dass die Straße noch hundert Meter weiter den Berg hinaufführte und dann um eine Biegung verschwand. Durch die Bäume konnte ich ein paar Lichter im Tal schimmern sehen. Ich ging zurück zu dem Transporter, wo Jimmy noch immer an der Kühlerhaube lehnte.
    Ich öffnete die Tür und stieß ihn in den Wagen. »Du kannst nach Hause laufen, wenn du wieder nüchtern bist«, sagte ich. Es war dunkel, und ich konnte ihn kaum sehen, aber ich hörte ihn stöhnen, als er sich auf der Sitzbank ausstreckte. Ich wusste, dass er sterben würde, wenn er in dem kalten Wagen oben auf dem Berg einschlafen würde. Ich fand die Aussicht gar nicht so schlecht, und ich knallte die Tür zu und ging die Straße wieder hinunter.

    Der Schnee hatte die Reifenspuren noch nicht ganz gefüllt, und ich hielt mich auf dem Weg zum Wagen genau in der Mitte zwischen ihnen. Es war spät, und im Tal zu meiner Linken erloschen schon die ersten Lichter für die Nacht. Ich schlug den Kragen hoch, damit es mir nicht in den Nacken schneite, und schob die Hände tief in die Jackentaschen. Der Wind frischte auf und heulte durch die Bäume ein Stück entfernt in der Dunkelheit rechts von der Straße. Die ächzenden Äste und Zweige klangen, als würden sich in einem alten Farmhaus unzählige Türen knarrend öffnen und schließen.
    Am Wagen angekommen, öffnete ich die Tür und stieg ein. Der Sitz war genauso schräg, wie der Wagen stand, nach unten in den Graben geneigt, so dass ich kaum aufrecht sitzen konnte. Ich rutschte über den Vinylbezug auf den Beifahrersitz und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Tür. Ich ließ den Motor an und gab dem Revier in Marshall über Funk Bescheid, wo ich war.
    »Wie ist das Wetter da oben?«, fragte der Kollege an der Zentrale.
    Ich nahm den Finger vom Empfangsknopf und blickte zur Windschutzscheibe hinaus.
    »Ich schwitze wie ein Schwein«, sagte ich. »Was glauben Sie denn wohl, wie das Wetter hier ist?«
    Schweigen.
    »Ich schicke einen Wagen mit einer Winde rauf«, sagte er schließlich.
    »Ich warte hier.«
    Ich schob das Funkgerät zurück in die Halterung und drehte die Heizung auf. Heiße Luft strömte aus den Schlitzen und wärmte mir Gesicht und Ohren. Ich hielt die Hände davor und spürte, wie mir das Blut langsam in die Finger kroch.
    Ich sah zu, wie die Scheiben beschlugen, und ich stellte mir Sheila zu Hause in der Küche vor, wie sie ein Buch las oder in einer Zeitschrift blätterte und ab und zu einen Blick zum Fenster warf, ob Autoscheinwerfer zu sehen wären, und auf das Geräusch einer zuschlagenden Autotür lauschte. Ich wusste beim besten Willen nicht, wie ich ihr das mit Jeff beibringen sollte, aber ich zwang mich, mir immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass ich den Ablauf ja zur Genüge kannte: das kurze Verharren vor der Haustür fremder Leute, ehe du anklopfst, die Beklommenheit, während du in der Küche einer trauernden Familie Fragen beantwortest und Kaffee trinkst. Ich hatte diese Nachricht schon zigmal überbracht, doch jetzt musste ich sie meiner eigenen Frau überbringen, und mir wollte ums Verrecken nicht einfallen, wie ich das anstellen sollte.
    Es kam mir fast vor wie eine Art Rache für die vielen Male, die ich in

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