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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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hörte er Metall gegen eine Mauer schlagen und in den Matsch auf dem Boden fallen. Noch im Laufen überlegte er, was das gewesen sein könnte, und er kam zu dem Schluss, dass der Fremde ihm ein Messer nachgeworfen hatte. Er hatte ihn wohl nur verfehlt, weil er – einer göttlichen Eingebung folgend – mit einem Sprung abgebogen war. Das also hatte der Lehmbauer mit Schnelligkeit gemeint. Wer zu langsam war, starb früher. Ihm stellten sich die Nackenhaare auf.
    Bruder Adilbert rannte weiter. Obwohl alles um ihn herum so schwarz war wie die Hölle, jagte er im Laufschritt durch die Gasse. Der Weißgesichtige durfte ihn nicht einholen. Er musste den Abstand zwischen ihnen vergrößern. Der Mönch rannte blindlings weiter, selbst auf die Gefahr hin, gegen irgendein Hindernis zu rennen.
    Er schlug Haken wie ein Hase, rannte keuchend weiter, hielt sich mal auf der einen, dann auf der Seite der Gasse, bog überraschend ab und blieb endlich völlig außer Atem stehen, um zu lauschen.
    Er brauchte eine ganze Weile, um das Geräusch seines Blutes aus den Ohren zu verbannen und seinen Atem zu beruhigen. Dann erst konnte er die Geräusche der Umgebung wahrnehmen. Im ersten Moment glaubte er, ihm müssten spitze Ohren wachsen, so angestrengt lauschte er in die Nacht hinein.
    Er hörte nichts. Bruder Adilbert wollte sich schon von der Wandnische abstoßen, in die er sich gedrückt hatte, als ein kaum wahrnehmbares Klickern, wie von kleinen Steinchen ihn innehalten ließ. Als wenn jemand mit der Schuhspitze gegen ein paarKiesel gestoßen wäre. Das konnte nicht allzu weit von seinem Versteck entfernt geschehen sein.
    Wie eine in die Enge getriebene Ratte schoss er aus seinem Versteck und rannte sofort in die Richtung, aus der er gekommen war. Keine fünf Schritte weiter stieß er mit jemandem zusammen. Bruder Adilbert berührte einen mageren und dennoch sehnig straffen Körper, stieß ihn beiseite und hörte, wie der gegen eine Hauswand krachte. Dann war er vorbei. Erst am Ende der Gasse spürte er den brennenden Schmerz.
    Der Unbekannte hatte offenbar erneut ein Messer dabeigehabt und ihn damit am Oberarm verletzt. Er spürte, wie warmes Blut langsam über den Arm bis zu den Fingern herabrann. Die Wunde war nicht besonders tief, aber sie brannte unangenehm.
    Noch während er weiterrannte, dachte er darüber nach, woher der Unbekannte gewusst hatte, wohin er sich wenden würde und wo er sich hatte verbergen können.
    Der Mönch verdoppelte seine Anstrengungen. Jetzt war er zum Fledermausturm unterwegs. Seit der ausgebrannt war, hatte sich niemand mehr dort sehen lassen.
    Bruder Adilbert konnte sich nur auf seinen Instinkt verlassen, denn das Fehlen jeglichen Lichts machte seine Flucht zu einem Abenteuer, und er hoffte inständig, dass er keinen Fehltritt tat. Kaum hatte er das gedacht, trat sein Fuß ins Leere. Der Schwung trug ihn weiter. Er fiel, versuchte, irgendwo Halt zu finden, doch er griff ins Nichts.

2
    H annah fühlte sich, als wäre sie durch das Schöpfrad einer Wassermühle gezogen worden. Das Fieber der letzten Wochen hatte sie geschwächt, ihre Haut war so rau wie die brüchige Rinde einer Birke, und an manchen Stellen schälte sie sich ebenso weiß ab. Sie konnte noch nicht aufstehen, sondern musste im Bett sitzen bleiben. Doch zum ersten Mal war sie frei von Fieber.
    Mit kleinen Bissen versuchte sie, das zu essen, was die Schwarze Liss ihr vom Markt hatte besorgen lassen, damit sie wieder zu Kräften kam – und sie nahm wahr, dass Magdalena an ihrem Bett saß. Ein kurzer Blick zwischen ihnen hatte genügt, um Hannah zu versichern, wie sehr das Mädchen darunter litt, dass sie die Verletzte getötet hatte. Beizeiten würde Hannah sie darüber ausfragen. Vielleicht konnte das Mädchen ihr ja auch noch nützlich sein. Jedenfalls wollte sie Magdalena nicht verurteilen, bevor sie nicht eingehend mit ihr gesprochen hatte. Doch das würde noch dauern.
    Auch wenn Hannah körperlich nicht so weit war, ihr Kopf fühlte sich klar an und wollte arbeiten – und ständig spukte der Name ihrer Tochter ihr im Kopf herum. »Gera!«, hallte es dort, »Gera. Gera. Gera«, doch sie bekam keine Antwort auf ihr Rufen.
    »Wo ist der Mönch?«, fragte sie nun schon zum dritten Mal.
    »Nicht wieder zurückgekommen, Röttel«, antwortete Magdalena leise. »Seit drei Wochen schleicht er um das Gebäude amBrandplatz herum. Heute auch. Sonst kommt er immer spätestens gegen Mitternacht. Heute ist er ausgeblieben. Wir machen uns schon

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