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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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zur Tür, ohne sich noch einmal zu den Männern umzudrehen. Jetzt erst, als der Handwerker auf die Straße hinaustrat, bemerkte der Mönch, dass das Tagesgestirn bereits erloschen war und sich eine samtene Decke aus Finsternis über die Stadt legte.
    Bruder Adilbert beschloss, sich ebenfalls auf den Heimweg zu machen. Viel erfahren würde er ohnehin nicht mehr. Es saßen nur noch dieselben Rauschkugeln beisammen wie jeden Abend – und deren Gespräch war nach drei oder vier Krügen Bier nicht mehr zu verstehen. Außerdem musste er der Röttelerzählen, was er gehört hatte, wenn sie endlich wieder aus dem Fieberwahn auftauchen würde.
    Jeden Tag hatte er Angst, er könnte nach Hause kommen und die Röttel tot vorfinden. Seit ihrer Flucht durch den Sparrenlech war sie fiebrig, und die Hitze schien sie zu verzehren. Seit drei Wochen lag sie nun schon darnieder. Er machte sich ernsthaft Sorgen um sie – und wunderte sich darüber, wie sehr es ihn mitnahm, wenn er sie verschwitzt und mit fieberroter Stirn auf ihrer Bettstatt liegen sah. Dann verspürte er das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen und zu beschützen. Rasch schüttelte er diesen Gedanken jedes Mal wieder ab. Hin und wieder blitzte der Name Celante auf. Doch seine erste Liebschaft hatte sich nie wieder bei ihm blicken lassen – nach ihr gefragt hatte er allerdings auch nicht.
    Der Mönch bezahlte, verabschiedete sich von den Handwerkern, die sicher erst spät nach Mitternacht den Weg in ihr Bett finden würden, und trat ebenfalls auf die Straße. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und die Nacht war so finster wie der Schlund der Hölle. Es war kühl und eine eisige Luft wehte durch die Gassen. Bruder Adilbert zog die Schultern hoch und knöpfte sein Wams zu. Dann stapfte er in Richtung Handwerkerhaus davon.
    Ganz in seine Gedanken versunken war Bruder Adilbert dahingeschritten, immer darauf bedacht, nicht in eine Lache zu treten oder sich in einem jähen Loch das Bein zu brechen. Er ging wie blind durch die Gassen, die Arme leicht ausgestreckt, um ein Hindernis rechtzeitig zu erkennen und nicht dagegenzulaufen. Das nächste Mal würde er sich eine Laterne mitnehmen.
    Er horchte auf das regelmäßige Tappen und Patschen seiner Schritte – und hielt plötzlich inne. Ihm war, als hätten seine Schritte ein unregelmäßiges Echo erzeugt. Ebenso plötzlich wurde ihm klar, dass er das doppelte Geräusch schon länger gehört hatte. Nur sein Nachdenken hatte ihn bislang nicht auf das Echo achten lassen.
    Langsam drehte der Mönch sich um und versuchte das Dunkel hinter ihm zu durchdringen. Nirgends schien jemand zu sein, der ihm nachschlich. Allerdings konnte er kaum die Hand vor Augen erkennen, so finster war es. Bruder Adilbert hielt es auch nicht für möglich, dass ihm irgendjemand folgte, denn wenn er selbst niemanden sehen konnte, wie sollte dann jemand ihn sehen?
    Er schüttelte unwillig den Kopf und setzte seinen Weg fort. Diesmal jedoch mit gespitzten Ohren. Tatsächlich vernahm er hinter sich einen schleichenden Schritt, der sich dem seinen anzupassen schien. Der Mönch beschleunigte und verzögerte seinen Schritt mehrmals – und brachte damit seinen Verfolger offenbar aus dem Tritt, was ein unnatürliches Echo seiner Schritte hervorrief.
    Ohne dass er es verhindern konnte, formten sich in seinem Kopf Bilder, die er von seiner Begegnung mit dem Weißgesichtigen noch im Kopf hatte: dunkler Umhang, Kapuze und darunter ein unnatürlich weißes Gesicht.
    War womöglich eingetreten, was er am Stammtisch bereits befürchtet hatte? Wenn der Lehmbauer ihn bemerkt hatte, war er womöglich von dem »Teufel« ebenfalls bemerkt worden?
    Bruder Adilbert fürchtete weniger den Beelzebub hinter der Gestalt des Unbekannten als den Unbekannten selbst. Was hatte der Lehmbauer gesagt – der Unbekannte sei schnell. Nun, schnell war er selbst auch, und in den letzten Wochen hatte er den Pfaffenwinkel kennengelernt wie kein zweiter. Unabhängig davon, was die Gestalt von ihm wollte, musste er verhindern, dass sie ihm bis zum Handwerkerhaus folgte. Wenn ihm das nicht gelang, dann war das Leben der Röttel und der Schwarzen Liss keinen Pfifferling mehr wert. Das konnte er nicht zulassen. Wieder plagte ihn dieses merkwürdige Gefühl. Er durfte die beiden Frauen nicht in Gefahr bringen, schon gar nicht die Röttel.
    Bruder Adilbert bog mit einem Satz scharf nach rechts ab und fing an zu rennen, um seinem Verfolger zu entkommen. Keine Sekunde zu früh. Neben sich

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