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Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)

Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)

Titel: Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sky du Mont
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Gucci. Was lernen die jungen Menschen heute eigentlich so in der Schule?
    Als ich mich gerade frage, ob sie hier noch ein paar Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche angebaut haben, stehen wir endlich vor dem Tintins. Schöner Laden. Will heißen: schön teuer. Schon die Preise im Schaufenster lassen mich Schlimmes ahnen. Dabei haben sie da überall noch lächerlich große Prozentschilder danebengeklebt. Vermutlich sollen dadurch die Preise kleiner aussehen. Auf dem Weg hierher hat Clara ein Dutzend Mal Halt gemacht und mich in andere Läden geschleppt, um drei Kapuzenshirts (»Wozu hat das Ding eine Kapuze? Das trägst du doch nicht draußen?« – »Papa, das verstehst du nicht«), einen Satz Unterwäsche (»Findest du nicht, dass du solche Unterwäsche noch nicht brauchst? Ich meine, ähm, dieser Slip ist doch irgendwie ein bisschen gewagt …« – »Paps, das ist kein Slip, das ist ein String. Soll ich etwa ohne Unterhose gehen?« – »Äh nein … , aber das ist doch nicht wirklich eine Unterhose«), eine Jeans (»Die ist aber ziemlich eng, Clara.« – »Ach, du findest mich also zu fett?«) und eine riesige Wollmütze (»Soll da dein Bruder auch mit reinpassen?« – »Boah, bist du lustig, Papa, ich lach mich schlapp!«) zu kaufen.
    Nun also das Tintins.
    Wir entern das Modeparadies, und meine Tochter kreischt augenblicklich auf, weil sie etwas so Großartiges sieht, dass sie es kaum fassen kann. Ich kann nicht mal erkennen, was es eigentlich ist, das sie so ausflippen lässt. Aber noch ehe ich sie fragen kann, ist sie auch schon von einer Verkäuferin umzingelt, die kaum weniger hysterisch auf sie einredet. Ich begebe mich vorsichtshalber etwas in den Hintergrund und überlege, ob ich hier irgendwo mein inneres Gleichgewicht finden kann. Sieht allerdings eher schlecht aus. Schon deshalb, weil die beiden aufgeregt miteinander kommunizierenden jungen Damen von einer dröhnenden, Schmerz erzeugenden Musik begleitet werden, die aus den Lautsprechern tönt.
    Mein Blick nach dem Fluchtweg bleibt ergebnislos. Hier gibt es nur einen Ausgang. Und der führt an meiner Tochter und der wild gestikulierenden Verkäuferin vorbei. Erstaunlich eigentlich, denn die müsste nach optischen Kriterien die Pubertät inzwischen weit hinter sich gelassen haben.Aber vermutlich hat sie sie geistig noch nicht überwunden. Die beiden hechten zu einem Regal mit Billigware, das beruhigt mich einigermaßen. Da stehen Schuhe, die eher nach Secondhand aussehen. Eigentlich will ich nicht, dass meine Tochter gebrauchte Schuhe trägt. Aber so, wie sich das mit dem Shoppengehen anlässt, bin ich ja schon froh, wenn wir das physisch und vor allem wirtschaftlich überleben.
    Schließlich, ich bin von der Musik schon ganz verwirrt, stolpert Clara hinter dem Regal hervor, an den Füßen zwei Fässer, nein: zwei Bügeleisen … auch nicht. Zwei irgendwas, ich kann es nicht erkennen, so etwas kannte ich bisher nicht. Braun das eine, schwarz das andere Ding. Sie wankt auf mich zu und stellt sich in Pose, als wäre das der Laufsteg von Germany’s next Topmodel. »Und?«
    »Und was?«
    »Welche Farbe findest du besser?«
    »Farbe? Seit wann gibt es farbige Bügeleisen? Wo ist denn übrigens das Stromkabel?«
    »O mein Gott, Ugg-Boots!«, kreischt meine Tochter, und ihre Augen sprühen vor Glück, als hätte sie hinter dem Regal gerade den Weihnachtsmann persönlich kennengelernt. Ich freue mich ja, dass Clara so fröhlich ist. Nichts macht doch einem Vater mehr Freude als das Glück seiner Kinder. Nur: Ich kann es mir nicht erklären. »Du musst dir keine Secondhand-Schuhe kaufen«, sage ich so leise, dass die Verkäuferin es nicht hören kann. Clara hat es scheinbar aber auch nicht gehört, denn sie blickt mich nur verständnislos an. Ich wiederhole, was ich gesagt habe, und ergänze: »Du hast eine Menge Zeug eingekauft. Und ich finde es total nett von dir, dass du jetzt sparen willst. Aber bei den Schuhen kommt es immer auf Qualität an.«
    »Ich wollte nur wissen, welche Farbe du besser findest«, sagt meine Tochter mit stierem Blick. »Aber Mama hat schon recht.«
    »Hat recht womit?«
    »Dass du keine große Hilfe beim Einkaufen bist.«
    »Ach.« Nett. Mich schickt sie mit, und der Tochter sagt sie, ich sei keine große Hilfe. Nun gut, soll sich das Kind eben Secondhand-Schuhe kaufen. Die werden ihr sowieso bald von den Füßen fallen, wenn sie sich nicht vorher den Hals bricht, bei den Plateausohlen. Dann wird sie sich eines Besseren besinnen

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