Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
aber Logik spielt in unserer Familie, präzise gesagt: im weiblichen Teil unserer Familie, nur eine untergeordnete Rolle. Sofort fühlt sich Beate ebenfalls angegriffen und solidarisiert sich sekundenschnell mit Clara. Frauen gehen nicht nur immer gemeinsam aufs Klo, nein, sie halten zusammen, was auch kommen mag.
»Mein Gott, lass doch das arme Kind in Ruhe! Immer mischst du dich in alles ein!« Hilfesuchend geht mein Blick zu Ryan, immerhin ein Geschlechtsgenosse und Familienmitglied, aber der ist momentan mit anderen Dingen beschäftigt. Er popelt in der Nase, und das mit einer Hingabe, die ihresgleichen sucht. Resigniert räume ich die Stellung.
Am nächsten Morgen am Frühstückstisch lässt Clara die Bombe platzen. »Macht ihr beiden auch diese ekligen Sachen?«
Ratlos blicke ich Bea an, die mir vage zulächelt. Frauen sind hellsichtig und leben ihre Vermutungen und Instinkte aus. Männer brauchen harte Fakten und denken trotzdem zumeist am Thema vorbei. Kurz gesagt: Ich verstehe nur Bahnhof.
»Eklige Sachen? Wovon sprichst du?«
»Deine Tochter spricht davon, dass sie seit einer Woche Sexualkundeunterricht hat.«
»Na und?« Ein wenig verunsichert blicke ich meine Tochter an, ärgere mich aber im selben Moment darüber, dass gerade ich einen roten Kopf bekomme. Das mag auch an dem mitleidigen Blick liegen, den mir Beate zuwirft. Ich gebe zu, meine Schamgrenze liegt für mein Alter ein wenig hoch. Ich versuche Selbstsicherheit auszustrahlen, aber ohne Erfolg, als ich die nächste Frage meiner zehnjährigen Tochter höre.
»Dann habt ihr es also echt schon zwei Mal gemacht? Widerlich! Eklig! Am liebsten würde ich zu Oma und Opa ziehen.« Sie springt auf und rennt aus dem Zimmer.
»Wieso zwei Mal? Wovon spricht sie?«, frage ich Beate.
»Ob ihr gesexelt habt, will sie wissen«, mischt sich mein fünfjähriger Sohn ein. Sprachlos sehen Bea und ich Ryan an. »Ach ja, ihr nennt das gevogelt«, meint er grinsend. Wieder begreift Beate schneller als ich und zischt mir ein »NEIN!« zu. Sie ahnt, dass ich in alter Gewohnheit Ryan verbessern will. »Du wirst ihm jetzt nicht das richtige Wort sagen«, flüstert sie mir zu. »Ryan, geh doch mal nach Clara sehen. Vielleicht könnt ihr auch mal mit dem Hund spazieren gehen.«
Das Schicksal meint es gut mit uns; Ryan verlässt den Raum, ohne weitere Fragen zu stellen.
»Ich fasse es nicht. War das gerade mein fünfjähriger Sohn? Und was meinte Clara mit: Wir hätten zwei Mal eklige Sachen gemacht?«
»Weil wir zwei Kinder haben, Dummi«, grinst mich Bea an.
»Dann kannst du sie ja gleich beruhigen. Seit ihrer Geburt findet alles ›Eklige‹ nur noch höchst selten und unter äußerst schwierigen Bedingungen statt.«
Geburtstage –
ein Fest für die ganze Familie
Ich liebe Kindergeburtstage. Vor allem die, bei denen ich nicht dabei sein muss. Leider lässt sich meine Beate kaum mehr von meinen Ausreden täuschen.
»Ach, Schatz, leider muss ich an Ryans Geburtstag nach …« Und schon trifft mich ihr bohrender Blick.
Eigentlich wollte ich ja eine Geschäftsreise vortäuschen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. »Leider muss ich an Ryans Geburtstag ein bisschen später kommen. Der Geschäftstermin dauert so bis gegen 20.30 Uhr.« Ich weiß, dass Ryan um halb acht ins Bett muss, und mit überzeugenden Ausreden war ich schon immer gut dabei, aber das Schicksal holt mich schnell ein.
»Sein Geburtstag fällt dieses Jahr auf einen Sonntag, und da hast du keine Geschäftstermine!«
»Oh …«, stammle ich und trete den Rückzug an. »Ryan, dann können wir ja gemeinsam was Schönes spielen. Schach oder Sudoku, und brauchen auch nicht all deine Freunde einzuladen. Die ärgern dich doch nur.«
Die Augen meines Sohnes füllen sich mit Tränen der Enttäuschung, und der Blick meiner Frau sagt alles. Mühsam bringe ich noch ein »War ja nur ein Scherz, Ryan, wir machen ’ne richtig heiße Party mit allem Drum und Dran« heraus.
»Au ja, Papa! Der Leo hat auch so einen tollen Geburtstag gefeiert.«
»Was hat er denn gemacht, der Leo?«
»Er ist mit allen seinen Freunden ins Lego-Land gefahren. Und dort haben sie Eis gegessen und durften überall fahren, wo sie wollten. Das will ich auch machen!«
»Legoland? Aber das ist 700 Kilometer von hier weg, Ryan.«
»Dann fahren wir eben mit dem Auto. Der Leo ist auch mit dem Auto gefahren. Die haben ein ganz tolles Wohnmobil. Au ja, wir könnten doch mit einem Wohnmobil ins Lego-Land fahren. Ja, Papa?«
»Aber
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