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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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er sagte nichts weiter. Womöglich ging er gerade die gleichen Theorien durch, die ich vor dem Fernseher entwickelt hatte.
    »Von wie vielen Schulden sprechen wir eigentlich?«, fragte er schließlich.
    Bingo. »Das versuche ich gerade herauszufinden«, erklärte ich.
    Er seufzte. »Also, mir ist an ihm nichts aufgefallen. Wir haben ein paar Euros verprasst und sind wieder gegangen.«
    »Stellt sich nur die Frage, was er so getrieben hat, wenn du nicht dabei warst.«
    Wieder entstand eine Pause.
    »Kannst du für mich in eurer Lohnabteilung forschen und seine Kontodaten herausfinden? Vielleicht kann ich mir dann einen Kontoauszug oder den Kontostand besorgen.«
    »Die Idee gefällt mir nicht. Klingt ziemlich illegal. Aber ich werde sehen, was ich tun kann. Ich kann jedoch nichts versprechen.«
     
    Gegen zwei Uhr am Nachmittag brüteten Corinna und ich im Twingo imaginäre Eier aus. Ein Tross aus drei Lkws schlich gerade die Alleestraße entlang und hinterließ eine knöchelhoch treibende Schwade aus körnigem braunem Dreck. Die Sonne stand über uns und verbrühte langsam, aber sicher mein marodes Faltdach. Der Schweiß stand uns zentimeterdick auf der Stirn und im Nacken, aber die Schattenplätze waren bei unserer Ankunft bereits restlos ausgebucht. Tauben kreisten über meinem Wagen, quäkend und krächzend. Sie schienen sich zu streiten; wahrscheinlich darüber, wer im Gleitflug am treffsichersten auf meine Motorhaube kacken konnte.
    Ich wartete hinter dem Steuer, meine Knie unter das Lenkrad gehakt. Corinna kaute auf der geschälten Ingwerwurzel herum, die ich ihr mitgebracht hatte.
    »Und? Wie schmeckt es?«, fragte ich.
    »Wie Spülmittel.« Sie zog eine Schnute.
    »Eigentlich solltest du sie kauen, während wir fahren.«
    »Hm«, sagte sie und nagte eine holzige Schicht ab.
    Es dauerte keine weitere Minute, da krabbelte der lilafarbene Corsa mit aufgedrehtem Gashahn den Bordstein vor dem Haus hinauf und wartete dort wieder bei laufendem Motor. Ich brauchte keinen Feldstecher, um die roten Strähnen auf dem Fahrersitz auszumachen.
    »Ist das der Corsa?«, fragte Corinna.
    Ich nickte und starrte auf die hellgraue Abgaswolke, die zwischen die Vorderachsen trieb und dort mit der stehenden Schwüle des Tages verschmolz.
    Ich sah sie an. »Warum sitzt du eigentlich ständig bei mir im Auto? Gibt es im Büro nichts zu tun?«
    »Ich brauche etwas Abstand.«
    »Was? Warum?«
    »Eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
    Mit einem dumpfen Knall landete der erste Flatschen Taubendreck auf dem Dach und wir rümpften unsere Nasen. Allmählich war es Zeit, die Biege zu machen. Der Konkurrenzdruck unter den Tauben war erfahrungsgemäß sehr hoch.
    »Metin und ich haben ständig irgendwelche Meinungsverschiedenheiten«, sagte ich.
    »Du schreibst aber nicht seine Rechnungen, oder?« Mit Falten auf der Stirn drehte Corinna ihren Kopf nach vorn und streckte ihren Zeigefinger aus. »Da.«
    Yusuf Tozduman verließ mit seiner Cordmütze das Haus und stieg in den Corsa. Sofort drehte ich den Zündschlüssel um und schwenkte den Wagen auf die Hauptstraße. In gebührlichem Abstand fuhr ich dem Opel hinterher.
    »Und, mal wieder was von Panko gehört?«, fragte Corinna.
    »Er ist im Ausland.«
    »Der Chef erzählt, du spionierst ihn aus.«
    Ich rollte mit den Augen. »Ich habe mich von ihm bedroht gefühlt.«
    »Warum? Weil er einen umgenietet hat?«
    Ich sah aus den Augenwinkeln, dass sie grinste. Woher wusste sie davon?
    »Unter anderem«, lenkte ich schließlich ein. »Ich wollte einfach wissen, ob ich ihm vertrauen kann.«
    »Und?«, fragte sie. »Kannst du es?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Die Wattenscheider Straße wurde zur Essener Straße, die Essener Straße wurde zum Wattenscheider Hellweg.
    Corinna schüttelte den Kopf. »Warum gibt sich Metin bloß mit einem Fascho ab?«
    »Es heißt nicht Fascho, sondern Neonazi. Und ich glaube, Gregor ist kein Nazi mehr.«
    »Einmal Nazi, immer Nazi«, trotzte sie. »Und Fascho klingt viel uriger als Nazi.«
    Das fand ich allerdings auch.
    Der Verkehr wurde zähflüssiger und ich schaltete einen Gang runter. Irgendwann bog der Corsa hinter der Ampel nach links und ich folgte ihm auf die Höntroper Straße.
    Bochum-Höntrop war ein größerer Ort aus der Wattenscheider Stadtteilsammlung und küsste Sevinghausen am Hellweg, dem Brutbereich der stillgelegten Zeche ›Fröhliche Morgensonne‹. Im Februar machten sich die Höntroper entweder für den Karneval stark, narrten sich entlang der

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