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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Dübel bereits nach der ersten Unterredung heraus, dass ich ihn angelogen hatte.
    »Esther Roloff«, sagte ich. »Ich bin gekommen, um Schulden zu begleichen.«
    Argwöhnisch spreizte er seine Nasenflügel und sog die Luft ein. Offenbar brauchte er mehr Sauerstoff als andere zum Denken.
    »Haben Sie Schulden gemacht, Frau Roloff?« Sein Blick strafte mich mit Abscheu.
    »Nein, nicht ich.« Ich schüttelte den Kopf. »Ein Verwandter von mir.«
    »Ein Verwandter?« Er hob die Augenbrauen, doch seine Stirn blieb starr wie eine Holzplanke.
    »Angeheiratet, sozusagen«, präzisierte ich und schüttelte mir mit einer ruckartigen Bewegung die Röte aus dem Gesicht.
    Er verzog keine Miene. »Folgen Sie mir.«
    Der blonde Hans kehrte mir den Rücken und marschierte im Stechschritt den Saal hinab. Ich trabte ihm hinterher, mein Atem flatterte. Gleich würde er mich gekonnt im Nacken packen, ich würde vom Boden abheben und über den Asphalt einer dunklen Gasse fliegen, mitten in einen Haufen Müllsäcke. So, wie es die Gorillas in Las Vegas immer taten. Da war es wieder, das Las-Vegas-Feeling.
    Dübel machte einen rechtwinkeligen Schlenker und wir gingen durch einen schmalen Flur, der in einer weißen Tür mündete. Seine riesige Faust griff nach dem Türknauf, die Tür sprang auf und alles, was ich erkennen konnte, war Papier. Kopierpapier, Lochpapier, Kassenrollenpapier. Papier, so weit das Auge reichte. Und ein Schreibtisch, an den sich Dübel setzte. Seine Knie stießen von unten gegen die Tischplatte.
    »Nehmen Sie Platz.«
    Er machte Witze, denn es gab keinen weiteren Stuhl, auf den ich mich hätte setzen können.
    »Nein, danke. Ich möchte lieber stehen.«
    »Auch gut.« Er öffnete eine Schublade und holte einen Schnellhefter hervor. Die Deckfolie reflektierte das Licht der Röhren über mir und ich war kurz geblendet.
    »Wie heißt Ihr angeheirateter Verwandter?«, fragte er mich und schlug den Hefter auf.
    »Boris Bäcker.«
    Er sah auf. Seine schwarzen Stecknadelpupillen durchbohrten mich.
    »Bäcker mit ä. Nicht der Tennisspieler.« Ich machte eine Handbewegung und zog eine grienende Grimasse.
    Er ließ sich nicht aufmuntern. »Bäcker«, wiederholte er.
    Ich fächerte mir Luft zu. In diesem Büro gab es keine Lüftungsschlitze, durch die die Klimaanlage ihre Kaltluft hätte blasen können. Außerdem war ich nervös, hatte rote Wangen und merkte den Schweiß, der durch die Poren meiner Achselhöhlen trieb. Ich beobachtete den blonden Hans, als er eine Seite nach der anderen zwischen die Finger nahm. Seine Pupillen suchten die Zeilen ab, akkurat von links nach rechts, wie eine Schreibmaschine. Als er den Hefter mit einer ruckartigen Bewegung zuschlug, schrak ich zusammen.
    »Meine Dame«, sagte er und fixierte mich. »Herr Boris Bäcker hat seine Schulden bereits beglichen.«
    Ich fühlte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Das Blut schoss mir in den Kopf und durchblutete mein Gesicht, aber ich musste es wissen. Ich musste es fragen. »Wie viel?«
    Dübel presste seine Lippen zusammen, sodass ihnen jede Farbe entwich. Er war die Schlange. Und ich war das Kaninchen. Sprungbereit und in Alarmbereitschaft.
    »Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen das sagen sollte.«
    Das wiederum hätte ich nicht beantworten können. Aber seit ich Metin kannte, wusste ich, womit man Leute ködern konnte: Mit der eigenen Blödheit. Ich brauchte eine Sekunde, um mich zu sammeln. Dann klatschte ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn, um zu demonstrieren, dass mir urplötzlich ein Licht aufgegangen war.
    »Danke«, sagte ich nur.
    Erwartungsgemäß wurde Dübel neugierig. »Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
    »O nein. Bei mir ist überhaupt nichts in Ordnung«, plapperte ich los. »Ich bin nicht hier, um Schulden zu begleichen. Ich bin hier, weil ich wissen will, wo mein Geld geblieben ist!«
    »Wie bitte?«
    Ich rollte mit den Augen. »Boris hat mich beklaut. Und sich im Anschluss verpisst. Es war nicht das erste Mal.« Mit den Wimpern klimperte ich die imaginären Tränen weg. »Aber ich bin schon wieder auf seine Mitleidsmasche reingefallen. Er bettelte mal wieder um Geld, damit er seine Spielschulden begleichen kann. Doch anstatt mit mir die Rückzahlungsmodalitäten zu klären, setzt sich der Scheißkerl einfach ab!«
    Dübel gab sich mitfühlend, was ihm aber nicht so recht gelang. »Sie wissen, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«
    »War es so viel? Wie ich ihm gegeben habe?«, fragte ich ihn.
    Mein

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