Fummelbunker
Dabei musste ich ziemlich sauertöpfisch dreingeschaut haben, denn der Barmann fühlte sich veranlasst, mir mit tröstlichen Worten auszuhelfen.
»Sie waren nicht siegreich«, stellte er fest.
»Nein. Vielleicht später.«
»Ganz bestimmte, Madame«, sagte er.
»Mademoiselle«, korrigierte ich und er lächelte.
Ich drehte mich um und beobachtete den Baccara-Tisch. Schalke war verschwunden. Ebenso die rote Brünette.
Ein toller Ermittler war das.
»Frau Roloff?«
Schalkowski kam von hinten heran und ich erschrak dermaßen, dass eine kleine Welle des hoch wuchernden Bierschaums quer über meine Oberweite schwappte.
»Oh, entschuldigen Sie.«
»Ja«, sagte ich knapp und nahm die Serviette des Barmanns entgegen, der seinem Blick zufolge den Schaum am liebsten gleich eigenhändig abgewischt hätte.
»Was machen Sie da?«, fragte ich ihn.
»Ich gewinne«, verkündete er einfach und zuckte mit den Schultern.
»Das sehe ich!«
Er grinste. »Eifersüchtig?«
Ich stand auf, packte ihn am Oberarm und zog ihn einen guten Meter von der Bar weg. »Eifersüchtig? Wir sind zum Verlieren da. Schon vergessen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich meinte nicht das Geld.«
Prompt tauchte hinter seinem Rücken die Brünette auf. Sie war jünger, als ich aufgrund ihrer Rückenansicht angenommen hatte. Mit viel Fantasie und Hang zu Spekulationen war sie gerade volljährig. Definitiv zu jung für ihn. Er bedeutete ihr, schon einmal an der Bar Platz zu nehmen, und sie zog artig wieder ab. Ich schaute ihr nach und ärgerte mich, dass ich nicht eher weggesehen hatte, bevor sie ihre unglaublichen Beine, die durch einen Seitenschlitz freigelegt wurden, übereinanderschlug. Ich sah zu dem Barmann, dem ganz offensichtlich der Sinn danach stand, ausgeschamt nach dem Rotkleid zu lechzen. Sabber sammelte sich in seinen Mundwinkeln.
»Hier.« Schalkowski reichte mir eine ovale Samtschachtel. Sie war randvoll mit Jetons gefüllt.
»Was soll ich damit?«, zischte ich ihn an.
»Verlieren. Das Geld, das ich hier gewinne, darf ich sowieso nicht behalten. Daher können Sie es genauso gut auf den Kopf hauen.«
Ich nahm die Schachtel an mich, aber es munterte mich nicht unbedingt auf. Wieder kam die gute Erziehung in mir hoch.
»Gehen Sie wieder runter? Zum Roulette?«, fragte er mich, was mich nur noch verdrießlicher machte. Der Kerl wollte mit seiner Brünetten allein gelassen werden.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Vielleicht möchte ich mich ja auch an Baccara versuchen.«
Er lachte leise und belegte die Haut unter seinen Augen mit Lachfältchen. »Ich glaube, das Spiel ist nichts für Sie.«
Dann entließ er sich entschuldigend und nahm Kurs auf die Bar, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen. Das Mädchen lächelte. Ich konnte es ihr nicht verübeln.
Gegen Mitternacht hatte ich das Unmögliche möglich gemacht und knapp 1.000 Euro am Tisch vier verspielt. Mein Herz blutete, aber aus dem Solo meines Fuffis in der Tasche hatte ich ein Trio gemacht. 150 Euro netto. Meine Lider hingen träge herunter und ich fühlte, dass sich meine Tränensäcke nicht länger der Schwerkraft entziehen konnten. Schwermütig warf ich den letzten Jeton, einen Zwanziger, in die Hände des Croupiers aus der Freitagsschicht, welcher sich karg lächelnd für das Trinkgeld bedankte.
Seit unserer letzten Unterhaltung an der Bar hatte ich Schalkowski nicht mehr gesehen und ich gönnte mir den letzten Fetzen Würde, der mir nach dieser Pechsträhne geblieben war, und ging, ohne mich auf die Suche nach ihm zu begeben. Wahrscheinlich war er längst mit der Mutter aller Sabberanfälle abgezogen, ohne es für nötig zu halten, mich darüber zu informieren.
Mit leidiger Miene schlurfte ich durch das Casino und klapperte sämtliche Autoritäten ab: Die Chefcroupiers, die Sicherheitsleute, die Menschen hinter der Wechselkasse. Alle sollten sehen, wie ich litt. Selbst den Portier, der den Typen mit den glänzenden Schuhen irgendwann abgelöst haben musste, klärte ich über die missliche Lage auf. Dieser gab sich unbeeindruckt. Wahrscheinlich, weil er derartige Jammereien jede Nacht zu hören bekam. Erst als ich meine vierstelligen Verluste beklagte, richtete er seine Lauscher auf und drückte vergeblich eine Träne raus.
»Es ist schon ein Kreuz mit dem Glücksspiel«, sagte er und öffnete mir die Tür.
Ich lag noch lange wach. Die Reize des Abends überfluteten mich und ich machte mir Gedanken über Schalke und die rote Tussi. Wie konnte er
Weitere Kostenlose Bücher