Fummelbunker
du.«
Ihm rutschte etwas Sahne aus dem Mund. »Was soll das denn nun wieder heißen?«
Ich beugte mich vor und strafte ihn mit Schlitzaugen ab. »Ich habe eine Neuigkeit für dich, Olaf. Boris Bäcker ist ein Scheißkerl. Ein hinterhältiger Drecksack.«
Olaf schluckte und ich beobachtete seine Gurgel, wie sie angestrengt den Kuchen hinunterdrückte.
»Warum scherst du dich um ihn?«
Hastig stach er etwas Kuchen auf die Gabel. »Weil er ein Kollege ist.«
»Das reicht mir nicht.«
Er nickte, als hätte er mit dieser Reaktion gerechnet. »Er schuldet mir Geld.«
»Wie viel?«
»1.000.«
Mir blieb die Luft weg. »Du leihst ihm einfach so 1.000 Euro?«
Nervös rieb er sich mit Daumen und Zeigefinger die Augenlider ab. »Das Geld war an eine Dienstleistung gebunden, die er nicht erbracht hat.«
Allmählich kamen wir der Sache näher. »Welche Art von Dienstleistung?«
»Recherche.«
Die Erkenntnis baute sich wie Legosteine in meinen Kopf auf und setzte sich zu einem Gesamtbild zusammen. »Gregor«, sagte ich kurz. »Du hast ihn auf Gregor angesetzt.«
Überrascht glotzte er mich an. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich so schnell schaltete.
»Ich habe es gesehen, Olaf. Ich habe sein WAZ-Profil geknackt. Und woher solltest du sonst von der Sache mit dem MEK wissen? Ich habe nirgendwo davon gelesen.«
Seine Zunge überschlug sich beinahe. »Hör zu, Esther. Nachdem du mir all die Sachen über diesen Gregor erzählt hast, hatte ich Angst, er könnte dich irgendwie in Gefahr bringen. Deswegen sollte Boris für mich recherchieren.«
»Warum Boris? Warum dieser Dreckskerl?«
»Ich wusste, dass er Beziehungen zu den lokalen Neonazis hat und dachte, er wäre der Richtige für den Job.«
Ich schnaubte verächtlich. »Und weil du wusstest, dass er bereits vor Jahren über die Pankowiak-Prozesse geschrieben hatte.«
Er schüttelte energisch den Kopf. »Nein. Das wusste ich damals noch nicht.«
»Was für ein seltsamer Zufall«, höhnte ich, während Olaf schweigend die Krümel auf seinem Teller zählte.
Ich stand auf.
»Wo willst du hin?«
»Ich fahr nach Hause. Die ganze Sache ist abgeblasen.«
Fassungslos sah er zu mir hoch. »Was? Warum?«
»Bäcker hat seinen Job gemacht, Olaf«, spottete ich. »Er hat sich dein Geld redlich verdient. Du brauchst also nicht länger nach ihm zu suchen. Alles, was du wissen musst, liegt auf dem Server der WAZ.«
Er hielt mich am Arm fest. »Du willst einfach aufhören? Willst du denn gar nicht wissen, was mit ihm passiert ist?«
Streng blickte ich zu ihm hinunter. »Du verstehst gar nichts, Olaf. Bäckers Recherchen sind zu einem Selbstläufer geworden. Das, was ich las, hatte nichts mehr mit Hilfe unter Kollegen zu tun, sondern war eine reine Hexenjagd. Eine Hexenjagd in den eigenen Reihen.«
Ungläubig schüttelte Olaf den Kopf. »Was meinst du damit?«
Ich antwortete nicht darauf, sondern riss mich los und sah zu, dass ich Land gewann. Ich hatte nicht vor, Teil dieser Hexenjagd zu werden. Ich sprang in den Twingo, startete den Motor und haute den ersten Gang rein.
Ich hatte dringend eine Sache zu erledigen.
Auf der Dorstener Straße trotzte ein warnblinkender Fiesta dem Hupkonzert auf der linken Spur und ich entsagte dem Rückstau, indem ich den Twingo viel zu früh auf dem Seitenstreifen abstellte. Ich stieg aus, stiefelte heim, kraxelte den Hausflur hoch und warf, kaum durch die Tür getreten, meine Schuhe in die Ecke. Auf dem Wohnzimmertisch klappte ich den Laptop auf und drückte auf den Startknopf. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und meine Finger zitterten, als ich die Log-in-Daten auf der WAZ-Benutzerseite eintippte. Das Benutzerkonto von Boris Bäcker sah genauso unordentlich und undurchsichtig aus, wie ich es seit dem letzten Log-in verlassen hatte. Die Ordner stapelten sich und ich wusste nicht, wo ich mit meiner Aktion ansetzen sollte. Ich zog den Radikalschnitt vor und markierte sämtliche Ordner.
Was war mit Holland?
Ich bezweifelte, dass Gregor in Urlaub war. Menschen wie er machten keinen Urlaub. Schon gar nicht in Holland. Eher würden sie sich in Schützengräben im Hindukush eingraben, sofern ihnen nach Abwechslung war.
Ich rief Metin an. »Was hat Gregor in Holland zu tun?«, fragte ich ihn noch mal.
»Was keifst du so? Hast du eine Handgranate verschluckt?«
»Was hat er dir erzählt?«, löcherte ich weiter.
»Er wollte einen Deal abwickeln.«
»Einen Deal? Meinst du Waffen, oder was?« Ausnahmsweise wären mir Waffen
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