Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
Vom Netzwerk:
der Null. Die Blondine geriet in Alarmstimmung und machte einen Heckmeck, obwohl sich nur zwei Spieler für ihren Tisch interessierten; mich eingeschlossen. Die Cuvette wurde noch einmal gedreht und ich verfolgte kaum noch das Geschehen. Das Einzige, was ich mitbekam, war der Jeton, der klammheimlich seiner Wege ging, ohne sich von mir zu verabschieden.
    Der Barhocker rief erneut und ich ging, die Holzkiste sicher unter den Arm geklemmt, wieder an den Tresen. Mit Bedauern musste ich feststellen, dass der blauäugige Barmann von seinem Kollegen, einem kleinwüchsigen Braunhaarigen mit einem eigenartigen Bartschatten, abgelöst worden war. Ich bestellte den Muntermacher, doch er wusste nicht, wovon ich sprach. Also bat ich um ein Bier, warf ein paar Jetons aus der Schuldenkiste auf die Theke und starrte über die Schaumkrone hinweg ein paar Löcher in die Luft. Nach dem dritten Bier fiel mir ein, dass ich mit dem Auto hier war und bestellte zum Trost ein weiteres. Urplötzlich tauchte eine Frau neben mir auf. Sie war sehr klein und trug ihr dunkles Haar zu einem Dutt gebunden, doch das, was mir am meisten in Erinnerung blieb, war die quasi überhaupt nicht vorhandene Oberweite.
    »Hallo«, sagte sie zu mir und lächelte sanft.
    »Hallo«, gab ich karg zurück.
    »Sie sehen nicht besonders glücklich aus.«
    »Ja, das höre ich immer öfter.«
    »Läuft es mit dem Spiel nicht so gut?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Geht so.«
    »Sie haben Schulden gemacht«, stellte sie fest.
    Ich blickte ihr das erste Mal in die Augen. Sie waren grün. Wie Gregors. »Woher wissen Sie das?«
    Sie sah auf meinen Arm. »Ihre Holzkiste. Die Holzkisten kommen aus der Buchhaltung. Es ist wie mit den Papptüten aus dem Pornoladen. Zwar steht nichts drauf, aber jeder weiß, wo Sie eingekauft haben.«
    Ich blies Luft durch die Nase.
    »Ich könnte Ihrem Konto ein wenig auf die Sprünge helfen«, sagte sie schließlich, und ich wurde hellhörig. Sie erkannte sofort, dass sie mein Interesse geweckt hatte und fuhr fort. »Sie sehen so aus, als wären Sie die Richtige für den Job. Kommen Sie morgen früh um neun dorthin.« Sie reichte mir eine Karte. Ich las den Namen Viktoria Bocholt.
    »Sind Sie das?« Ich zeigte auf den Namen.
    Sie nickte. »Seien Sie pünktlich.«
    Damit zog sie einfach ab und ließ mich völlig perplex zurück. Ich guckte auf die Karte. Es war eine Adresse in Witten. Keine Telefonnummer, kein Logo, kein Hinweis darauf, was zum Teufel ich um neun Uhr bei ihr zu suchen hatte. Ich schlurfte die Schaumkrone vom Glas, steckte die Karte ein und fühlte, wie mein Herz ein paar Takte schneller tanzte. Vielleicht war es das. Vielleicht war Viktoria Bocholt das Unvorhergesehene, auf das ich die ganze Zeit gewartet hatte. Eine adrett gekleidete Fremde, die sich mit den Gepflogenheiten der Schuldverschreibungen auskannte und wusste, wie man Pechvögel wie mich und Boris Bäcker um den kleinen Finger wickelte. Aufgeregt kaute ich auf der Unterlippe. Welche Art Job war es, den sie mir anbot, und warum war ausgerechnet ich die Richtige dafür? War Boris Bäcker womöglich ebenfalls der Richtige gewesen? Ich ließ mir den Namen noch einmal durch den Kopf gehen: Viktoria Bocholt. Er klang authentisch, nicht wie ein Deckname. Womöglich würde mir das Internet gute Dienste leisten und mir helfen, herauszufinden, was sich hinter diesem Namen verbarg. Was es mit dem Job auf sich hatte. Also nahm ich mir fest vor, gleich nach meiner Heimkehr den Laptop anzuwerfen und herumzustochern. Ich überlegte noch eine ganze Weile, doch irgendwann versperrte mir Theo, der Glatzkopf, die Sicht auf meine Luftlöcher.
    »Esther, hallo!«, rief er feierlich aus und grinste bis über beide Ohrläppchen. Doch sein Lächeln erstarb, als er die Holzkiste sah. »Sie haben Schulden gemacht«, stellte er fest.
    Ich verdrehte die Augen.
    »Da müssen Sie ganz schön Eindruck hinterlassen haben. Den Schuldschein kriegt nicht jeder.«
    »Sie auch nicht?«
    Er rümpfte die Nase. »Ich brauche den Schein nicht. Ich hab genug Geld.« Er setzte sich neben mich auf den Barhocker. »Haben Sie dieses Bier schon bezahlt?«
    Ich nickte.
    »Dann bezahle ich das nächste.«
    »Danke. Für heute hatte ich genug Bier.«
    »Dann bestellen Sie sich halt etwas anderes.«
    Ich trank mein Glas leer. Es war mehr als halb voll gewesen.
    Theo pfiff durch die Zähne. »Sie haben einen ordentlichen Zug.«
    »Ich komme nach meiner Mutter«, erwiderte ich und er schlug sich vor Lachen die

Weitere Kostenlose Bücher