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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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fand er überhaupt an einer Älteren wie mir?
    Das Wasser stand mir mittlerweile bis zu den Knöcheln und nach und nach kamen einige andere Erinnerungen an den Vorabend zutage. Theos widerliche Zunge und das Darlehen der Hausbank stießen mir dabei besonders übel auf. Dieser Fall hatte mir fast nur Unglück gebracht. Er hatte mich in Schulden getrieben und zu einem handfesten Streit mit meinem Bruder geführt. Meine Beziehung zu Sascha Richter hatte dadurch ebenfalls einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Ganz zu schweigen davon, dass mir die Arbeit keinen Cent Provision einbrachte, mit Ausnahme der geklauten Spesen. Der einzige Lichtblick in der Sache war Alexander.
    Ich musste dringend mit Hans Dübel über meine Schulden reden. Irgendwie musste man die Sache doch rückgängig machen können.
     
    Etwas später, um Viertel nach acht, rannte ich nackt und aufgedreht durch den Flur und sortierte die Wäsche aus. Ich hatte völlig vergessen, dass ich um neun Uhr in Witten bei Viktoria Bocholt sein musste! Meine Google-Session, die ich mir für den gestrigen Abend vorgenommen hatte, hatte ich total verpennt und mir gefiel der Gedanke nicht, völlig unvorbereitet nach Witten zu fahren. Doch nun hatte ich keine Wahl mehr. Schnellatmig hüpfte ich in meinen Jeansrock und zog mir ein Top über den Kopf. In Rekordgeschwindigkeit putzte ich mir die Zähne, tuschte meine Wimpern und föhnte mir die Haare. Eine Viertelstunde später hetzte ich die Treppen hinunter und stellte mit blankem Entsetzen fest, dass mein Twingo nicht am Bürgersteigrand parkte und es dauerte einige Sekunden, bis mir wieder einfiel, dass ich den Wagen vor der Zockerbude zurückgelassen hatte. Rein instinktiv griff ich zu meinem Handy, doch mir wollte partout niemand einfallen, der mich kurzfristig nach Witten hätte bringen können. Daher rannte ich zurück in den Hausflur und klingelte über dem Restaurant bei Familie Galanis an. Anastasios öffnete mit einer Zahnbürste im Mund die Tür. Weißer Schaum tropfte aus seinen Mundwinkeln.
    »Du musst mir helfen.«
    Seine Bürste wackelte wie eine kubanische Giftnudel. »Ich weiß nicht, ob ich das will.«
    »Leihst du mir dein Auto?«
    Er nahm die Zahnbürste aus dem Mund. »Auf gar keinen Fall.«
    »Warum nicht?«
    »Elena würde das nie erlauben.«
    »Was? Warum nicht?«
    Er ließ die Zunge über die belegten Zähne gleiten. »Es ist wegen dem Twingo. Wie er aussieht.«
    Ich verdrehte die Augen. Gegen seine Frau Elena konnte ich unmöglich anstinken. »Komm, lass stecken. Kannst du mich wenigstens fahren?«
    »Wohin?«
    »Nach Witten.«
    »Was willst du denn da?«
    Ungeduldig zuckte ich mit dem Kopf. »Können wir das nicht während der Fahrt besprechen? Bitte! Es ist sehr wichtig.«
    Er zögerte kurz. »Gib mir fünf Minuten.« Er schluckte Zahnpastaschaum herunter. »Und keine Waffen im Auto, capito?«
    »Si, Signore.«
     
    Knappe zehn Minuten später saßen wir in seinem gepflegten Nissan Micra, einer weißen Pizzapritsche, die nach Tomatensauce und Knoblauch roch. Elena war eine sehr kleine Frau und schien nach Vollendung ihres 45. Lebensjahres altersbedingt wieder einzuschrumpfen. Sie war eine Griechin mit Herzblut, laut und beleibt, und brauchte beim Einstieg ins Auto offensichtlich einen Fußhocker. Als ich mich hineinsetzte, musste ich meine Knie unter die Brust klemmen.
    Anastasios las meine Gedanken. »Wehe, du verstellst den Sitz! Elena wird sonst fuchsteufelswild.«
     
    Wir verließen die Autobahn in Richtung Witten-Zentrum und Anastasios folgte dem Schienennetz auf der Hauptstraße, ohne mit den Reifen die Rillenschienen zu berühren. Dass er dadurch hin und wieder mit der Gegenfahrbahn oder dem Bürgersteig kopulierte, schien ihn nicht zu stören. Ganz im Gegenteil. Wenn es sein musste, machte er einfach eine neue Spur auf oder bediente sich der Parkbuchten und eingesenkten Bushaltestellen.
    Das Haus, entsprechend der Beschreibung auf Bocholts Visitenkarte, befand sich abschüssig in einer Hauptstraße. Trauerweiden mit tief hängenden Zweigen auf dem Gelände verbargen den Großteil des grauen Betonblockes. Die Zuwegung zum Hof war mit hellem Schotter aufgeschüttet und ich bat meinen Chauffeur, am Straßenrand zu warten.
    »Wie lange wird das dauern?«, fragte er.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ich warte nicht länger als eine halbe Stunde.«
    »Das ist nur fair«, sagte ich und stieg aus.
    Unter meinen Schuhen knirschte der Schotter, die pochenden Kopfschmerzen drangen tiefer in mein

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