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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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abgelatschten Schnürschuhe aus dem Hause Converse, seine Jeans dürfte seit mehr als einer Woche keine Waschmaschine mehr von innen gesehen haben. Sie saß etwas lockerer an seiner Hüfte als früher und ich mutmaßte per Augenmaß, wie viel er tatsächlich abgenommen hatte. Gregor inspizierte den rostigen Türgriff, wackelte kurz daran und holte schließlich einen bulligen Schlüsselbund aus der Hosentasche. Ein Gehänge glich dem anderen. Gezielt fischte er einen Schlüssel aus dem ersten Drittel. Keine fünf Sekunden später war das Garagentor offen.
    »Das ist unfair!«, sagte ich. »Wo hast du die Schlüssel her?«
    »Betriebsgeheimnis.« Er zwinkerte. Seine Altersfältchen unter den Augen hatten über die letzten Wochen Nachwuchs bekommen und mir kam es auf einmal vor, als wäre er Jahre weg gewesen.
    Mit Schwung ließ er das Tor hochfahren und Corinna und ich standen wie angewurzelt neben ihm.
    »Heilige Scheiße«, stieß Corinna hervor.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte ich.
    Wir gingen hinein. Die Garage war möbliert. Es gab Bücherregale an den Seitenwänden, die bis unter die Decke reichten, restlos vollgestopft mit DVDs und Videokassetten. Das Ende der Hütte wurde von einem 0815-Farbfernseher mit doppelt so tiefer Bildröhre auf einem Tischchen mit Abspielgeräten ausstaffiert. Dahinter lümmelte ein durchgesessener bockwurstbrauner Sessel mit aufgerissenen Nähten, aus denen gelber Schaumstoff hervorquoll. Wir traten nacheinander an die Regale heran. Die Luft war abgegriffen und durch die einfallende Wärme der Sonne aufgeheizt. Die Garage war besenrein, doch die Möbel kündeten von einem erbärmlichen Zustand. Ich las die Titel der Filme, die händisch auf den Rücken der DVD-Hüllen gekritzelt waren. Es war Metins Handschrift. Nach dem dritten Titel wuchs ein peinlicher Kloß in meinem Hals, Corinna kicherte. Gregor ging weiter in die Höhle hinein und inspizierte die Videokassetten, die sich ihrer bunten Bebilderung nach zu urteilen im Originalzustand befanden. Mit einem ernsten Blick, zu dem er sich zwingen musste, zog er eine Kassette nach der anderen heraus. Ich konnte gar nicht hinsehen. »Hast du nicht den Gleichen zu Hause?«, fragte er mich plötzlich und hielt mir eine Kassette hin. Auf dem Bild war eine Frau zu sehen, die lüstern an einem schwarzen Vibrator herumzüngelte.
    »Nein. Meiner hat Noppen«, verbesserte ich ihn, kehrte ihm den Rücken zu und guckte mit einer knallroten Birne in das unterste Regal.
    Nach einigen Minuten hatten wir uns an der Pornosammlung satt gesehen und versammelten uns zur Krisensitzung vor der Garage.
    »Eine hübsche kleine Fluchtmöglichkeit«, stellte Gregor fest und betrachtete eingehend den Parkbau. Verwundert schaute ich ihn an, aber er erwiderte nicht meinen Blick.
    »Mann«, sagte Corinna. »Meint ihr, Metin verdoppelt mein Gehalt, wenn ich es ihm erzähle?«
    »Eher zeigt er dich wegen Einbruchs an«, wies ich sie in ihre Schranken.
    »Metin und zur Polizei gehen? Das glaubst du ja wohl selber nicht!«
    Sie hatte recht. Metin mied die Polizei wie andere Leute Feuerquallen.
    »Dann würde ich dir raten, vorher den Schlüssel seiner Munitionskiste einzustecken. Denn wenn du ihn erpresst, ist das definitiv ein Fall für den Waffenschrank.«
    Gregor grinste.
    »Ich hab aber keine Ahnung, wo der Schlüssel ist.«
    »Ich werde dir suchen helfen«, sagte ich. »Ich habe nämlich keinen Bock darauf, Metin zu verklickern, dass Sohnemann und Kollege in seine Pornogarage einsteigen, um sich gepflegt einen runterzuholen.«
    Unvermittelt brach Gregor in schallendes Gelächter aus und wir Mädels fuhren zusammen. Noch nie habe ich ihn derart lachen gehört. Es war ein bauchiges Lachen, so wie man es sich beim Weihnachtsmann immer vorstellte. Und es war ansteckend. Ich musste mitlachen.
    »Glaubst du, Opa Yusuf wusste davon?«
    »Um Gottes willen!«, entsetzte sich Corinna und winkte ab. »Ich habe Tareks großen Bruder geküsst und weiß, wie die Familie tickt. Die sind frigider als eine Horde Kakteen. Bestimmt dachte Opa, Tarek hätte eine Freundin und wollte ihre Kaste ausspionieren.«
    »Ihre Kaste?«
    »Ihre Herkunft. Opa duldet nämlich nichts Westliches.«
    Ich runzelte die Stirn. »Kann ich mir nicht vorstellen. Er kam mir ziemlich liberal vor.«
    »Also bei mir war er nicht liberal«, sagte sie beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Ich tätschelte ihre Schulter. »Corinna. Du bist eine Gothic-Sekretärin. Du schminkst dich mit weißer

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