Fummelbunker
schneller und rannte in den Flur. »Was soll das werden?«, keifte ich, vom Adrenalin aufgeputscht. »Musst du deine Probleme immer mit Gewalt lösen?«
Er kam um die Ecke und hielt mich fest.
»So wie bei Karim und diesem Nazi auf der Erzbahnschwinge?«
Damit hatte er nicht gerechnet. Sofort ließ er mich los und wir tauschten Blicke, mit denen wir Wände hätten durchbrennen können. Ich sah die Adern, die sich auf seinem Hals abzeichneten. Er ballte die Hände zu Fäusten, aber er blieb einfach stehen.
Ich ging auf ihn zu. »Du wusstest doch von Anfang an, dass ich dich durchleuchten würde. Dass ich keine Ruhe geben würde, bis ich wüsste, wer du bist. Oder warum hast du mich sonst damals mit zum Tatort genommen? Warum haben wir gemeinsam im Verhörsaal gestanden? Wozu sollte ich bei dem Gespräch mit Ansmann dabei sein, wo doch von vornherein klar war, dass er bei meinem Anblick an die Decke geht? Doch nicht etwa, um vor mir den großen Macker zu spielen. Du wolltest, dass ich dir auf die Schliche komme. Wie diese hirnrissigen Serientäter, die ihre Spuren hinterlassen, um endlich verknackt zu werden.«
Ich nahm seine Hand, doch er entzog sich sofort meiner Berührung. Ich forschte in seinem Gesicht und suchte irgendetwas, was mir eine Reaktion zeigte, doch er sah mir nur starr und beinahe verkrampft in die Augen. Ich atmete tief ein und das Odeur von Tabak und Nikotin trieb mir in die Nase.
»Das ist Psychokacke«, knurrte er.
»Du vertraust mir«, fuhr ich unbeirrt fort.
Hämisch lachend warf er den Kopf in den Nacken. »Dir vertrauen? Du hättest mich damals beinahe abgeknallt!«
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. »Wäre ich nicht gewesen, hätte er dich erschossen.«
Er kam langsam auf mich zu. »Eines wollen wir klarstellen: Ich habe deinen Arsch gerettet und nicht umgekehrt. Und wärst du nicht gewesen, wäre ich nie vor Bolkers Lauf geraten!«
»Ach ja?«, giftete ich zurück. »Und was willst du dann überhaupt hier?«
Er beugte sich vor und unsere Nasenspitzen berührten sich beinahe. »Ich will, dass du aufhörst, dich in meine Angelegenheiten einzumischen«, sagte er. »Du hast nichts damit zu schaffen.«
»Da irrst du dich.«
Er schaute mich ungläubig an.
»Sagt dir der Name Boris Bäcker etwas?«
»Nie von dem gehört«, blaffte er sofort, kehrte mir den Rücken zu und verließ mit einem saftigen Türknallen die Wohnung. Ich blieb mit einem unangenehmen Kribbeln zurück und wurde das Gefühl nicht los, dass er gelogen hatte.
Eine dünne Wolke zog über unseren Köpfen hinweg und vermied es dabei geflissentlich, vor die Sonne zu fliegen und uns damit etwas Schatten zu bescheren. Es war Viertel nach zwei und der Schattenplatz gegenüber der Garagengasse reichte gerade mal aus, um den rechten Außenspiegel zu benetzen. Ich beobachtete Corinna dabei, wie sie sich mit Kopf und Schultern aus dem Fenster lehnte und es sah so aus, als müsse sie sich übergeben. Vielleicht tat sie es ja auch. Von meinem Blickwinkel aus konnte ich das nicht so gut beurteilen.
»Glaubst du, Pankowiak könnte einen Menschen töten?«, fragte ich ihren Rücken.
»War er nicht genau deswegen im Knast?«, fragte der Rücken zurück.
»Nein, ich meine so richtig. Aus Rache oder Hass vielleicht.«
Sie setzte sich hin und guckte mich an. Ihr schwarzer Lidstrich bröckelte. »Glaubst du etwa, er will sich an dir rächen?«
»Ach Quatsch!«, sagte ich sofort. »Wofür sollte er sich denn an mir rächen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, weil du ihn bis nach Hause verfolgt hast oder seine Post aus dem Briefkasten fischen wolltest.«
Ich knirschte mit den Zähnen. Vor einiger Zeit hatte ich Gregors vermeintliche Wohnung ausspioniert. Er wohnte mitten in der Stadt, natürlich über einer Kneipe, und es war nicht auszuschließen, dass er mich aus den oberen Fenstern dabei hatte beobachten können, wie ich vor dem Haus verharrte wie eine ausgesperrte Katze. Dabei ist nicht wirklich etwas herausgekommen.
»Du bist von ihm besessen.« Das Biest machte Schlitzaugen.
»Bin ich nicht!«
»Metin sagt, du stehst auf ihn.«
»Was? Jetzt hör aber auf!« Ich verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und wurde gleichzeitig rot. »Ich glaube nur, dass er mir etwas verheimlicht.«
Sie schnaufte. »Hätte ich wegen Totschlag eingesessen, würde ich es auch nicht jedem auf die Nase binden. Von dem ganzen Nazischeiß mal abgesehen.«
Wo sie recht hatte, hatte sie recht.
»Du hast immer noch nicht
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