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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Witten.
    »Hast du bei deinem Nebenjob vergessen, etwas mitzunehmen?«, fragte er neugierig.
    »Wahrscheinlich«, log ich, denn tatsächlich habe ich mich geweigert, etwas mitzunehmen.
    »Netter Laden, dass die dir deine Sachen hinterhertragen.«
    »Ja, wirklich nett.« Ich ging wieder in die Wohnung, machte die Tür zu und glotzte auf das Paket wie auf eine Schachtel toter Eintagsküken. Eigentlich wusste ich schon, was drin war. Es hatte das richtige Gewicht und es klang auch so, als ich den Karton schüttelte. Trotzdem öffnete ich das Paket und das Überraschungsmoment war immer noch mitreißend. Es war ein Vibrator, schwarz und hässlich wie die Nacht sowie größer als in jeder kühnsten Vorstellung. Und er stank nach Weichmachern. Ich las die beigefügte Karte: »Ein Dankeschön für Ihre Mitarbeit. Batterien sind inbegriffen. Viel Spaß! Viktoria.«
    Angeekelt warf ich das Teil in die Schachtel zurück und ging sofort ins Bad, um mir die Hände zu waschen. Prompt schellte es wieder. Noch mit dem Handtuch in der Hand drückte ich die Klinke herunter und betätigte den Summer, doch wider Erwarten stand mein Gast bereits auf der anderen Seite der Fußmatte.
    Sein Bart war gestutzt, sein Lockenkopf verzottelt wie immer. Mir fiel ein kleines Brandloch im Ärmel seines tannengrünen T-Shirts auf. Er trug schwarze Motorradstiefel mit tiefen Profilsohlen, die ihn einige Zentimeter größer machten. Unter den Schatten seiner zusammengezogenen Brauen wurde das Grün seiner Augen zu einem Gemisch aus oliv und grau.
    Ich spürte, wie mein Körper auf Abwehrhaltung schaltete. Mein Gehirn stieß Adrenalin und Stresshormone aus, die Herzfrequenz erhöhte sich und sämtliche Verdauungsorgane gingen auf Notstrom. Das Blut rauschte in den Ohren und sammelte sich unter meinem Kinn, und ich erwog in einer Kurzschlussreaktion, dass Angriff die beste Verteidigung sei.
    »Warum klingelst du überhaupt? Du hast doch einen Schlüssel.«
    »Du würdest nicht wollen, dass ich einfach so hereinplatze«, sagte er fast charmant, würde ich den unterschwelligen Zorn überhören.
    Argwöhnisch fixierte ich ihn. Er sah anders aus. Sein Gesicht hatte etwas Farbe, doch er war dünner geworden. Seine Wangenknochen waren stärker ausgebildet und sein Hals wirkte schmal. Seine Augen waren klar und aufmerksam, sodass ich davon ausgehen konnte, dass er nüchtern war.
    »Warum gibst du ihn mir dann nicht einfach zurück?«
    Er kam herein, ohne auf meine Einladung zu warten. Ich machte ihm nicht Platz, aber er schob sich an mir vorbei und drückte mich dabei zur Seite. Aus den tiefen Fugen seiner Stiefel bröckelte trockene, dunkle Erde.
    »Weil ich das nächste Mal nicht wieder die Tür eintreten will.«
    »Das nächste Mal«, wiederholte ich spöttisch. Er war ziemlich von sich eingenommen.
    Sein Blick fiel auf den offenen Karton mit dem Vibrator darin. »Hübsch«, sagte er und grinste.
    Mein Gesicht implodierte vor Scham und ich lenkte sofort ab. »Wo warst du?«
    »Geschäftlich unterwegs.« Sein Grinsen erstarb und er ging in die Küche. Unter der Haut seiner Unterarme traten dicke Adern hervor, seine Muskeln waren angespannt und mein geschultes Auge registrierte, dass er trotz des netten Geplänkels fuchsteufelswild war.
    »In Holland?« Ich folgte ihm und sah dabei zu, wie er meinen Kühlschrank erforschte. Er nahm die Limo aus der Tür und trank aus der Flasche, ohne mir eine Antwort auf meine Frage zu geben.
    »Also?«, fragte ich genervt. »Was gibt’s?«
    Gregor stellte die Limo zurück. Schlagartig pfefferte er die Tür zu, sodass die Flaschen im Seitenfach klapperten und ich zusammenzuckte.
    »Ich habe einen Anruf bekommen.«
    Ich schluckte. »Ach ja? Von wem?«
    »Von Oskar von der Bochumer Wache. Es heißt, du stellst Fragen über mich.«
    Nervös winkte ich ab. »Die haben mir sowieso nichts erzählt.«
    Er ging zwei Schritte auf mich zu und sein Arm schoss nach vorn. Unbarmherzig packte er mich im Nacken, seine Finger übten einen unangenehmen Druck aus.
    »Du tust mir weh!«, jammerte ich und krümmte mich.
    »Hör auf damit«, knurrte er mir ins Ohr. »Untergrabe vor meinen Leuten nicht meine Autorität.«
    Ich wand mich aus seinem Griff und zischte ihn an: »Deine Leute? Und welche Autorität denn? Du bist kein Polizist mehr! Deine Karriere ist gelaufen. Und du kannst von Glück reden, dass deine alten Kollegen überhaupt noch ein Wort mit dir wechseln!«
    Diesmal streckte er seinen Arm nach meinem Handgelenk aus, aber ich war

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