Fummelbunker
Clownschminke, meidest die Sonne und klebst dir transdermale Pflaster auf die Stirn. Da brauchst du keinen Liberalen, sondern einen Anarchisten.«
»Das ist keine Clownschminke!«, fauchte Corinna.
Wieder lachte Gregor auf. Er hatte blendende Laune und ich fragte mich, ob er auf Droge war.
»Fahren wir. Ich bringe dich nach Hause.« Ich sah Gregor an. »Danke.«
Er nickte langsam, bevor er sich umdrehte und zu seinem Taxi zurückging.
13.
Abends um sieben befuhr ich in meinem einzigen Hosenanzug die Autobahn mit Kurs auf Lütgendortmund. Und diesmal reiste ich nicht allein. Von Alexander hatte ich seit unserer gemeinsamen Nacht nichts mehr gehört. Dennoch war der Beifahrersitz belegt, und zwar mit dem schmucken dunklen Holzkistchen, in welchem sich knapp 2.000 Euro Plastikgeld befand.
Auf dem Parkplatz nahm ich zum ersten Mal eine beleuchtete Lücke für Frauen in Anspruch und fühlte mich in guter Gesellschaft, als eine Horde enthusiastischer Damen mit mir die Sicherheitsschleuse passierte. Gewohnt abrupt überkam die Mädels das große Staunen hinter der Schwingtür und der Reißverschlussverkehr im Durchgangsbereich geriet ins Stocken. Ich stahl mich an ihren Rücken vorbei zur Wechselkasse und verlangte ein Zwei-Augen-Gespräch mit Herrn Dübel. Mein Gesprächspartner bat mich um etwas Geduld, da Herr Dübel normalerweise erst gegen acht ins Büro kam.
Daher zog ich mich unerledigter Dinge zur nächsten Sitzgruppe zurück und ließ mich in einem mit Leder bezogenen Quadratsessel nieder.
Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust, mich eine geschlagene Stunde lang in die stille Ecke zu setzen. Allerdings erschienen die Alternativen, mich an die Bar zu begeben oder mein Darlehen zu verzocken, nicht wirklich reizvoller. Nach einer Viertelstunde schon wurde mein Geduldsfaden spröde und ich stand auf. Mein Ellenbogen geriet in einen Senioren mit Schlapphut, welcher lautstark gegen die unsittliche Berührung seines Brustkorbes protestierte. Leute drehten sich nach uns um und Angestellte in Casino-Kluft klemmten sich den alten Herrn unter die Arme. Er hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem bekannten deutschen Rockmusiker.
»Entschuldigung!«, rief ich ihnen nach, aber ich glaubte nicht, dass er das noch hörte. Dann drehte ich meinen Kopf und sah zwei Männer durch die Eingangstür schreiten. Der erste war kompakt und rechteckig, Ende 30, mit kurzem Haar und geschorenen Koteletten, der zweite war Alexander. Er trug mittlerweile andere Klamotten, Khakihosen und ein weißes Hemd, die Ärmel hochgekrempelt. Er machte irgendwie einen coolen Eindruck. Sexy. Kurz vergaß ich vor Überraschung zu atmen. Als ich mich wieder gefangen hatte, ging ich mit einem breiten Lächeln auf ihn zu. Doch als er mich erblickte, wich ihm jede Freundlichkeit aus dem Gesicht und er wechselte die Spur, um mir auszuweichen; was irrsinnig war, denn ich ließ mich nicht so einfach abschütteln. Noch ehe ich etwas sagen konnte, kam er mir mit einer Handbewegung zuvor.
»Frau Roloff«, sagte er offiziell. »Ich bin dienstlich unterwegs. Ich spreche Sie später an.«
Mit diesen Worten ging er einfach weiter und ließ mich stehen. Sein halb geschorener Kollege würdigte mich keines Blickes. Fassungslos schaute ich ihnen nach.
Was sollte dieser ›dienstliche‹ Hinweis? Immerhin war ich mindestens genauso dienstlich vor Ort wie er und bestimmt nicht zum Vergnügen hier. Und dann dieses ›Sie‹; wollte er sich in Gegenwart seines Polizeikollegen etwa nicht die Blöße geben, dass er mit so einer wie mir, einer Privatdetektivin, kooperierte? Kopulierte? So oder so, das Ganze hatte etwas verdammt Entwürdigendes an sich und ich wurde ziemlich sauer. Sollte er sich doch mit seinem dienstlichen Gehabe zum Teufel scheren! Darauf sprang ich ganz bestimmt nicht an. Und wenn er glaubte, er könnte so mit mir umspringen, so hatte er sich gehörig geschnitten.
Eine knappe halbe Stunde später trat Hans Dübel in Erscheinung und empfing uns, das heißt mein gescholtenes Ich und meine Holzkiste, mit einer belanglosen Miene, die vor 20 Jahren vielleicht mal ein Lächeln gewesen war. Die Dunstwolke seines Eau de Toilette war dichter und fieser als der Smog hinter der Großbaustelle auf der Bochumer Landstraße und ich hielt Abstand. Dübel ging voraus, seine Schuhsohlen gruben Furchen der Größe 48 oder mehr in den Hochflor. In seinem Büro verzichtete er dieses Mal darauf, mir einen Stuhl anzubieten. Ich kam sofort zur Sache und schob ihm
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