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Fundort Jannowitzbrücke

Fundort Jannowitzbrücke

Titel: Fundort Jannowitzbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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nicht, daß Bettina in der Nacht durch die Alexanderstraße fahren würde.«
    Wolfgang verschränkte seine Arme und zog die Augenbrauen hoch. »Sie meinen, er hat das Opfer nicht ausgewählt, wie bisher, sondern in einem Versteck gelauert und irgendeine Passantin überfallen?«
    »Nein«, sagte Pohl. »Es war alles wie bisher. Nur hatte er es nicht auf Bettina abgesehen. Es war schlicht eine Verwechslung.«
    »Eine Verwechslung?«
    »Er hatte eine andere erwartet, die mit dem Rad ebenfalls die Alexanderstraße entlangfahren würde. Bettina sah dieser Frau einfach nur ähnlich.«
    Wolfgang zog die Stirn tief in Falten.
    »Sehen Sie sich den Tathergang an«, sagte Pohl. »Bis zum Überfall auf das Opfer scheint alles abzulaufen wie bei den Taten in Pankow. Die gleiche penible Vorbereitung, das völlige Vermeiden von Zeugen. Wenn Dr. Freythal Recht behalten sollte, dann hat er sich dem Opfer sogar überfallartig mit einer Wäscheleine genähert.«
    »Und weiter?«
    »Gehen wir davon aus, er hat sein Opfer nach seinen bisherigen Kriterien ausgewählt. Er sucht nach einer unauffälligen und alleinlebenden Frau. Sie muß schüchtern sein, ängstlich. Sie hat wenig soziale Kontakte. Ihr ganzes Wesen muß Einsamkeit und Passivität ausstrahlen. Er beobachtet sie über einen längeren Zeitraum. Er kennt ihre Wohnung, ihre Arbeitswege, die Zeiten, in denen sie unterwegs ist. Dann sucht er nach einem Versteck, wo er ihr auflauern kann. Das Versteck ist unweit von ihrer Arbeitsstelle. Er kann sie von dort aus kommen sehen.
    Tatsächlich aber verläßt zu dieser Zeit ein anderes Mädchen den Burger Point, eine Arbeitskollegin. Sie fährt von der Arbeit aus aber nicht nach Hause, sondern nimmt einen anderen Weg, nämlich an dem Täter vorbei. In der Dunkelheit bemerkt er die Verwechslung erst, als er sie vom Fahrrad gerissen hat.
    Vor Schreck läßt er sein Strangwerkzeug fallen. Die junge Frau wehrt sich und schreit. Er ist gezwungen, sie zum Schweigen zu bringen. Trotz ihres heftigen Widerstands bleibt er am Ende der Stärkere.«
    Die Sonne war inzwischen ganz verschwunden. Dunkelheit legte sich über die Stadt.
    Der Kommissionsleiter seufzte und wiegte seinen Kopf zweifelnd hin und her.
    »Wir sollten in jede Richtung denken«, sagte er nach einer Pause.
    »Sie meinen, wir sollten die Möglichkeit in Betracht ziehen?«
    Er nickte. »Ich werde zwei Teams in den Burger Point schicken. Sie sollen sich die anderen Mitarbeiterinnen genauer ansehen. Erst einmal soll keines der Mädchen nachts alleine nach Hause gehen. Wir sollten herausfinden, ob eine der Frauen in das Opferprofil paßt.«
    »Was ist mit der Polizeimeisterin, die den Hinweis mit dem Illegalen an uns weitergegeben hat?« fragte Pohl.
    »Proschinski aus dem Abschnitt 32?«
    »Hat sie Einblicke vor Ort?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Wolfgang. »Der Burger Point hat nicht den Status eines Schutzobjektes. Aber die Kollegen der Schutzpolizei sind dort präsent.«
    Er überlegte und drückte eine Taste auf seiner Gegensprechanlage.
    »Frau Schrade« rief er hinein. »Stellen Sie einen Kontakt mit Polizeimeisterin Proschinski aus dem Abschnitt 32 her. Ich möchte mit ihr sprechen.«
    Er sah den Fallanalytiker lange an. »Wenn tatsächlich etwas dran sein sollte«, sagte er schließlich. »Wie wirken sich dann die Berichte in der Presse auf den Täter aus?«
    »Wahrscheinlich so, wie wir es wollten. Sie werden Streß auslösen. Nur wenn er sich nicht in Bettinas Umfeld befindet, wird niemand seinen Streß mit den Taten in Verbindung bringen.«
    »Das heißt, er wird weiter im verborgenen bleiben.« Wolfgang lehnte sich zurück.
    Pohl zögerte. »Es ist nur ein Gedankenspiel, doch wenn das alles stimmen sollte, dann hat er noch eine Rechnung offen, die er begleichen muß. Zumindest für diesen Augenblick wird er aus dem verborgenen hervortreten müssen.«
    Die Sonne war hinter den Dächern verschwunden, und Nebel stieg auf. Ein feiner Dunststreifen breitete sich über der Friedrichstraße aus und legte seinen feuchten Schleier über die Autodächer.
    Anna Proschinski überquerte mit ihrem Kollegen die enge Straße. Die Lichter der Straßenlaternen flackerten auf und warfen ihr Licht in die trübe Dämmerung.
    Sie hatten den Streifenwagen in einer Parkbucht hinter der Kreuzung abgestellt. Nachdem sie einen Einbruch in einem Büro aufgenommen hatten, waren sie gerade auf dem Rückweg zum Revier.
    An der Kreuzung sprang die Fußgängerampel auf Rot. Sie blieben auf dem

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