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Fundort Jannowitzbrücke

Fundort Jannowitzbrücke

Titel: Fundort Jannowitzbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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sah zu den blauen Vorhängen hinüber, mit denen sie die Sonne ausschloß.
    Wolfgang beugte sich vor und suchte ihren Blick.
    »Sie wissen ja, wie die Jungs vom Revier sind«, sagte er. »Sie machen alles, solange sie nicht über ihre Gefühle reden müssen.«
    Sie sah ihn lange an. »Niemand tut das gerne.«
    »Manchmal geht es aber nicht anders.«
    Sie nickte. »Ich komme schon klar.« Und dann lächelte sie wieder. »Danke.«
    Wolfgang wartete einen Moment. Doch die Polizistin sah auf den Boden und verfiel in Schweigen.
    »Frau Proschinski«, sagte er schließlich. »Ich würde Sie gern noch mal zur Tatnacht befragen.«
    Zunächst reagierte sie nicht, doch dann nickte sie leicht.
    »Sie standen ziemlich unter Schock«, sagte er. »Womöglich ist Ihnen im nachhinein noch etwas eingefallen, was Sie auf dem Parkplatz gesehen oder gehört haben. Jeder noch so kleine Hinweis könnte für uns sehr wertvoll sein.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe wieder und wieder darüber nachgedacht. Ich denke kaum noch an etwas anderes. Du mußt einfach etwas gesehen haben, denke ich. Irgend etwas, das weiterhelfen könnte. Aber mir fällt nichts ein. Ich habe den Mann nur kurz und von hinten gesehen. Es gab nichts, was als Hinweis taugen könnte.«
    »Ist Ihnen etwas zu seinem Äußeren eingefallen? Hatte er vielleicht einen auffälligen Gang oder irgendein anderes Merkmal?«
    Sie schüttelte den Kopf, doch Wolfgang hakte weiter nach. »Sie sind Polizistin. Betrachten Sie den Fall in seiner Gänze. Gibt es irgend etwas, das Ihnen aus Ihrer Perspektive aufgefallen ist? Ganz egal, was es ist oder wie nebensächlich es scheint.«
    Einen Moment lang schwieg sie. »Ja«, sagte sie. »Mir ist etwas aufgefallen.«
    Der Hauptkommissar sah überrascht zu ihr herüber. Anna Proschinski starrte wieder zu den Fenstern. Trotz des
    Zwielichts konnte Wolfgang deutlich die Fältchen sehen, die sich um ihre Augen ausgebreitet hatten.
    »Sie haben mir das Profil gezeigt«, sagte sie. »Erinnern Sie sich?«
    Wolfgang nickte.
    »Der Mörder sucht nach Verliererinnen, nicht wahr? Er will es Ihnen ansehen können. Ihre Ängstlichkeit, ihre Unsicherheit und ihre Trauer. Darum geht es. Daran geilt er sich auf.«
    »Wir wissen es nicht mit Sicherheit«, sagte Wolfgang. »Es sind lediglich Theorien der Viktimologie. Diese Merkmale trafen bei den ersten Opfern zu. Ihre Bedeutung ist jedoch strittig.«
    Sie ging nicht darauf ein. »Sie sah genauso aus«, sagte sie. »So wie er es brauchte. Aber es hatte bei ihr nur den Anschein, daß sie schwach und ängstlich war. Ich habe eine andere Seite in ihr kennengelernt. Ich habe die Kraft in ihr gesehen. Sie hatte ein großes Potential in sich. Ihr standen alle Türen offen.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie war nur zu zögerlich. Sie wußte lange nicht, wohin sie sollte, wohin sie gehörte. Doch das hat sich geändert. Sie hatte ein Ziel.«
    Wolfgang sah ihr in die Augen. »Es tut mir leid, daß es passieren mußte. Glauben Sie mir.«
    »Ich habe lange darüber nachgedacht, wo der Fehler liegt. Warum diese Tat nicht hätte passieren dürfen.« Sie sah zu Boden und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Wolfgang glaubte zu sehen, daß sie mit den Tränen kämpfte.
    »Ich habe herausgefunden, was nicht stimmt. Ute hat sich verändert, sie hat ein neues Leben begonnen.«
    Wolfgang wußte nicht, was er sagen sollte.
    »Sie paßte nicht mehr ins Profil«, sagte sie schließlich.
    Michael fuhr die Berliner Straße entlang. Eine U-Bahn ratterte neben der Fahrbahn und verschwand nach und nach in einem Tunnel. Die Bahn führte über eine Trasse durch Prenzlauer Berg, nur das letzte Stück nach Pankow verlief unter der Erde. Die Sonne spiegelte sich in den Fenstern der Abteile, ehe sie von der Dunkelheit verschluckt wurden.
    Jenseits des U-Bahnschachtes erschien eine Tankstelle. Von dort stammte einer der Kassenbons aus dem Portemonnaie des Täters. Wenn Olaf Nowack den Wagen nach seinen Ausflügen wieder volltanken wollte, dachte Michael, dann war dort die letzte Gelegenheit. Und auf dem Weg aus der Stadt heraus gab es sonst kaum eine Möglichkeit.
    Neugierig blickte er über den Hof der Tankstelle, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße und fuhr weiter in den Bezirk Pankow hinein.
    Er hatte am Morgen auch die anderen Bons auf seine Theorie hin überprüft. Der Supermarkt am Schloßpark war nur wenige Meter von der Baustelle entfernt, auf der Olaf bis vor einem halben Jahr gearbeitet hatte. Der jüngste Bon

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