Fundort Jannowitzbrücke
zurückbringe, statt alles im Fundbüro abzuliefern. Ich brauche nur den Namen des Besitzers.«
»Kein Problem«, sagte Sibyll und sprang hinter die Theke. »Dann gib mal die Karte her.«
»Ich habe sie zu Hause liegenlassen.«
»Hast du denn die Nummer dabei?«
Barbara nickte. »Eins-drei-drei-fünf-eins-eins.«
Sibyll gab die Nummer ein und drückte auf Enter. Auf dem Bildschirm erschien die vertraute Rückmeldung.
»Er oder sie ist nicht mehr bei uns geführt«, sagte sie.
»Es ist ein Er«, meinte Barbara.
Sibyll sah nachdenklich auf die Worte. Schließlich zog sie mit der Hand einen Barhocker heran und nahm darauf Platz.
»Mal sehen«, sagte sie vor sich hin. »Vielleicht bekomme ich dich anders.«
Sie rief eine Suchmaske auf und gab die Nummer ein. Es piepte, und wieder erschien eine Fehlermeldung. Dann startete sie den Rechner neu.
»Eine Chance haben wir noch«, sagte sie. »Das Programm löscht die Daten nämlich nicht ordentlich von der Festplatte.«
Barbara sah ihr mit klopfendem Herzen über die Schulter. Sie verstand nichts von dem, was Sibyll mit dem Rechner anstellte. Die junge Frau gab unverständliche Befehle ein und wechselte schnell zwischen verschiedenen Masken. Gebannt starrte Barbara auf die flimmernden Wörter, die über den Bildschirm huschten. Sibyll war völlig in die Suche vertieft. Auf ihrer Stirn breiteten sich Furchen aus.
Sie schüttelte den Kopf und gab einen neuen Befehl ein. Barbara wurde unsicher. Sie schafft es nicht, dachte sie. Die Spur wird verlorengehen. Sie schloß die Augen und wartete.
Doch dann gab Sibyll einen kleinen Schrei von sich. Barbara zuckte zusammen. Ihre ehemalige Kommilitonin strahlte über das ganze Gesicht.
»Ich hab ihn«, rief sie. »Ich hab ihn mit Namen und Adresse.«
Michael blickte durch den venezianischen Spiegel in den Vernehmungsraum. Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Kaffeebecher. Er fühlte sich völlig erschöpft. Die Vernehmung von Olaf Nowack erwies sich als anstrengender, als er geglaubt hatte.
»Was für eine Scheiße«, murmelte er.
»Das kannst du laut sagen«, kam es vom Kaffeeautomaten.
Seine Kollegin Anke zerrte einen Becher aus dem Gerät und stellte sich neben ihn.
Olaf Nowack konnte auf der anderen Seite nur sein Spiegelbild sehen. Vielleicht ahnte er, daß ihn die beiden Ermittelnden beobachteten. Mit hochrotem Kopf saß er am Tisch und starrte vor sich hin. Bislang hatte er kaum mit ihnen gesprochen. Statt dessen hatten sie wüste Beschimpfungen und Flüche über sich ergehen lassen müssen.
»Das Vernehmungsband sollten wir der Polizeiakademie schicken«, sagte Anke. »Damit den Dozenten einmal klar wird, daß ihre Rollenspiele in der Ausbildung nichts taugen.«
Michael schüttelte den Kopf und fixierte Olafs Gesicht. »Wir dürfen einfach nicht lockerlassen.«
Die Beamtin seufzte. »Laß doch gut sein. Der soll sich erst einmal abkühlen.«
»Aber Wolfgang will, daß wir ihn nach Hause gehen lassen. Ich hätte lieber ein Geständnis.«
»Das kannst du für heute vergessen. Sieh ihn dir doch an.«
Anke leerte ihren Becher und warf ihn in einem hohen Bogen in den Papierkorb.
»Immerhin hat er sich eine Speichelprobe entnehmen lassen«, sagte sie. »Das Ergebnis aus dem Labor kann Anfang nächster Woche hiersein.«
Doch Michael gab sich nicht damit zufrieden. »Bis dahin bleibt ihm genug Zeit zur Flucht.«
Anke seufzte laut. »Jetzt halt mal die Luft an«, sagte sie. »Wir stellen zwei Streifen in der Leipziger ab, und das war’s. Der geht uns schon nicht verloren.«
»Trotzdem«, sagte er. »Ich will es noch einmal versuchen.«
Anke brummte noch etwas, dann folgte sie ihm in den Vernehmungsraum.
Olaf Nowack sah sie mit funkelnden Augen an. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Michael setzte sich ihm gegenüber. Er nickte seiner Kollegin zu und schaltete das Aufnahmegerät ein.
»Herr Nowack, ist es richtig, daß Sie vorbestraft sind?« fragte Michael ruhig.
Olaf sah wütend auf. »Was soll denn der Scheiß jetzt?«
Michael reagierte nicht darauf. »Ist es richtig, daß Sie wegen Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt worden sind?«
Olaf schlug mit der Hand auf dem Tisch. »Natürlich ist das richtig!« brüllte er. »Aber deswegen bin ich kein Mörder und Vergewaltiger!«
Michael sah in seine Unterlagen. »Sie haben nach der Urteilsverkündung gerufen, daß die Vorsitzende Richterin – ich zitiere ›ins Gebüsch gezogen und durchgefickt
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