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Fundort Jannowitzbrücke

Fundort Jannowitzbrücke

Titel: Fundort Jannowitzbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Oberstaatsanwalt Herbert Zahn. »Wir werden alles Menschenmögliche tun, um diesem Schrecken ein Ende zu bereiten.« Bereits in der Nacht zum Sonntag haben die Beamten der Polizei mit den Ermittlungen begonnen.
    Bislang trieb der Würger ausschließlich im Bezirk Pankow sein Unwesen. Dort sind ihm die 22jährige Fabrikarbeiterin Jacqueline O. und die 20jährige Telefonistin Monika S. zum Opfer gefallen. Grausam ermordet und als Lustobjekt mißbraucht, wurden sie in der Nähe des Schloßparks aufgefunden.
    Hat der Mörder nun seinen Weg in die Stadt angetreten? Zieht er die Spur des Verbrechens durch ganz Berlin? »Ich traue mich kaum noch auf die Straße«, so eine Passantin in Tiergarten. »Hinter jedem Baum könnte er stehen. Wie soll man sich da noch sicher fühlen?« Wie sie fühlt ein
    Großteil der Frauen in Berlin. Sie alle blicken gespannt auf die Ermittlungen der Polizei. Wird sie ihn dieses Mal zu fassen bekommen?
    Michael lief im Schrittempo an der Sekretärin vorbei, die ihn über den Brillenrand hinweg streng betrachtete. »Sie sind schon seit einer halben Stunde in der Besprechung«, rief sie ihm nach.
    Doch er winkte nur ab und nahm die letzten Stufen in die fünfte Etage.
    Das Besprechungszimmer befand sich unter dem Dach des wuchtigen Polizeigebäudes. Eingezwängt zwischen Schrägen und Holzbalken fand die zwanzigköpfige Sonderkommission gerade genug Platz. Im Winter hatte die Heizung allerdings kaum eine Chance gegen die Kälte, und im Sommer staute sich die Hitze bereits am frühen Morgen.
    Die Hand auf der Türklinke atmete Michael noch einmal durch. Dann trat er ein. Die meisten Kollegen hatte er seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen, und er würde all jene bestätigen, die ihn schon immer für unpünktlich gehalten hatten. Aus dem Besprechungsraum schlugen ihm sofort begeisterte Pfiffe und Applaus entgegen.
    »Einunddreißig Minuten«, rief eine Kollegin lachend in dem Durcheinander. »Das ist ein neuer Rekord!«
    Michael spürte, wie sein Gesicht rot anlief. Er sah zu Boden und suchte aus den Augenwinkeln einen freien Platz. Gerne hätte er sich so gesetzt, daß eine Säule zwischen ihm und Wolfgang Herzberger gestanden hätte. Doch der letzte freie Stuhl stand ihm direkt gegenüber. Sein Chef sah ihn an und schüttelte den Kopf. Dann schlug er mit der Hand zweimal auf den Tisch.
    »Ruhe bitte!« rief er. »Wir sind hier nicht im Ferienlager.«
    Doch die Aufregung legte sich nur langsam. Michael nahm die Gelegenheit wahr und sah sich um. Die Kommission bestand aus denselben Mitgliedern wie nach dem ersten Mord in Pankow, alles bekannte Gesichter. Die Stimmung war offenbar ausgelassen, trotz des Leichenfundes an der Jannowitzbrücke, dem Grund ihrer Zusammenkunft. Michael entnahm den Satzfetzen, daß die Kollegen sich einiges zu berichten hatten. Hauptsächlich ging es um neue Autos, neue Dienstgrade und neue Frisuren.
    Er lehnte sich zurück und genoß das Durcheinander. So mußte sich ein Familientreffen anfühlen, dachte er. Warm, freundlich und chaotisch. Doch das waren Träume. Selbst wenn seine eigenen Eltern noch am Leben wären, selbst wenn es auch für ihn solche Treffen gäbe, sie würden sich niemals so anfühlen. Im Gegenteil. Aber vielleicht waren ohnehin die Familien die besten, die einem im Leben einfach so passierten.
    Wolfgang Herzberger stand hinter seinem Pult und schüttelte den Kopf. Doch Michael wußte, daß auch er es insgeheim genoß, daß sie alle wieder da waren, seine ganze große Familie.
    Neben ihm, am Kopf des Tisches, saß Gerhard Pohl, der operative Fallanalytiker vom LKA. Er gehörte nicht zum Team und beteiligte sich auch nicht an der Unterhaltung. Geduldig strich er sich durch seinen Kinnbart und wartete. Sein Arbeitsplatz war erst vor kurzem eingerichtet worden. Die gesamte Kommission war gespannt gewesen auf die neuen Profiler des Berliner LKA. Als jedoch zwei graue Mittvierziger mit Brille und Kinnbart auftauchten, war die allgemeine Enttäuschung kaum zu übersehen. »Mir war ja klar, daß hier nicht Jodie Foster auftaucht«, hatte ihm ein Kollege am Kaffeeautomaten zugeflüstert. »Aber trotzdem.« Die neuen Kollegen überraschten daraufhin das Team zwar mit ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden, doch den Würger hatten auch sie bislang nicht zur Strecke bringen können.
    Wolfgang Herzberger schlug ein weiteres Mal mit der Hand auf den Tisch, dann wurde es ruhig.
    »Bitte, Dr. Freythal«, sagte er. »Fahren wir fort.«
    Erst jetzt sah Michael die

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