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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Holzinger
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gespürt?«
    Ich nicke und wische mir den nassen Pony aus dem Gesicht. Erstaunt stelle ich fest, dass Finns Stirn nun wieder faltenfrei ist. Ob das am Wasser liegt? Oder an der Abkühlung? Oder gar am Sprung vom Felsen? Wäre doch irgendwie schön, wenn es ihm mit dem tiefen schwarzen Loch genauso ergehen würde wie mir.
    Da sagt Finn auch schon: »Hier ist es einfach super zum Springen. Ob verflucht oder nicht!« Gemeinsam schwimmen wir ans Ufer. »Vielleicht ist der Ort ja wirklich magisch«, überlegt er weiter, während wir durchs Schilf waten und uns auf den sonnenwarmen Felsen setzen. Dabei sieht er mich an. »Das liegt an dir!« Seine blauen Augen beginnen wieder neckisch zu blinzeln. Dann legt er endlich den Arm um mich und gibt mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Die Gänsehaut krabbelt mir erneut über den Rücken. Erst jetzt wird mir bewusst, dass wir heute alleine hier sind. Auf der Liegewiese gegenüber ist es ziemlich ruhig. Die meisten Leute kommen nur an den Wochenenden hierher. Und auf unserer Seite ist ohnehin niemand. Keine Jelly. Kein Tobias. Irgendwie schön. Irgendwie aufregend. Aber auch irgendwie … ich weiß nicht. Auf alle Fälle macht sich mit einem Mal ein nervöses Kitzeln in meinem Bauch breit, als mir die Tatsache klar wird. Finn scheint es genauso zu ergehen, denn als wir uns von dem Kuss lösen, hat er etwas Tomatensuppenfarbe im Gesicht. Ich natürlich auch.
    »Wollen wir lieber unter die Birke gehen?«, fragt er unsicher. »Die Sonne brennt ziemlich.«
    Wir stehen auf und breiten unsere Badetücher auf dem weichen Moos aus, das üppig unter der Birke wächst. Um den peinlichen Moment zu überbrücken, frage ich: »Gibt es einen bestimmten Grund, warum du vorhin nicht so gut drauf warst?«
    Finn legt sich auf den Rücken und schließt die Augen. »Nicht wirklich«, brummt er. Als er aber merkt, dass ich auf eine Antwort warte, sagt er: »Mein Alter nervt grad tierisch. Er will … er meint … ich soll …«, Finn blockt erneut ab. Kurz scheint es, als ob er mit sich selbst ringen würde, mir die Wahrheit zu sagen, dann stöhnt er: »Es nervt einfach, mit ihm zusammenarbeiten zu müssen. Und mit den anderen aus der Firma ist es auch nicht grad einfach«, er hält inne, »die lassen mich eben gerne spüren, dass ich der Sohn vom Chef bin. Verstehst du?«
    Verwundert drehe ich mich zu ihm um. »Arbeitest du denn oft mit den anderen Leuten aus der Firma zusammen?«
    Finn nickt. »Klar, mein Vater besteht darauf, dass ich alles von Anfang an lerne. Deshalb fahre ich derzeit mit Kurt und deinem Bruder hinaus auf die Baustellen.«
    »Meinem Bruder?!« Beinahe hätte ich mich an den Worten verschluckt. »Du arbeitest mit Raphael zusammen?«
    »Sicher«, antwortet Finn. »Er hat es echt drauf und legt sich mächtig ins Zeug. Besonders seit dem Anfall. Das kommt gut an. Auch bei meinem Alten.«
    »Du weißt davon?«, frage ich atemlos. »Du weißt von Raphaels Anfall?«
    »Klar! Wieso denn nicht? Das sorgte ja auch in der Firma für Gesprächsstoff. Wegen dem Krankenstand und so …«
    Logisch, denke ich und setze mich auf. Unruhig wandern meine Augen über den spiegelglatten See.
    »Stört es dich etwa, dass ich mit Raphael zusammenarbeite?«, fragt er plötzlich. »Wir reden nicht darüber, wenn du das meinst …«
    »Über was?«, frage ich tonlos.
    »Na … über uns beide …«
    Mein Magen krampft sich zusammen.
    »Und?«
    »Und was?«
    »Na, stört es dich?«, will Finn wissen. Nun etwas lauter.
    In meinem Kopf beginnen die Gedanken herumzuschwirren wie die Fliegen auf dem Misthaufen hinter dem Haus an einem heißen Sommertag. Finns drängende Stimme lässt mich vorsichtig werden.
    »Es ist nur … ich bin überrascht, dass du Bescheid weißt. Zu Hause wird nämlich gar nicht darüber geredet.«
    Finn legt tröstend den Arm um mich und ich lasse mich hineinfallen. Die Wärme umhüllt mich wie eine kuschelige Decke an frostigen Tagen und lässt mich auftauen. Aufmachen. »Weißt du, seitdem das mit meinem Bruder passiert ist, kann er am Hof nicht mehr mithelfen. Weil er nach dem Anfall eine schlimme Allergie bekommen hat. Für meine Eltern ist das eine Katastrophe. Eigentlich hätte Raphael später die Landwirtschaft übernehmen sollen. Aber … nun bleibt alles an mir hängen, verstehst du?« Ich spüre, wie Finn nickt, weil er sein Kinn auf meinem Kopf geparkt hat.
    »Das verstehe ich sogar gut«, murmelt er in meine Haare. »Meine Eltern wollen ja auch, dass ich später das

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