Funkensommer
an.
Kurz darauf ruft Jelly an.
»Ich glaube, Mama gefällt es sogar«, erzähle ich, als sie wissen will, wie meine Eltern auf die Verschönerungsaktion reagiert haben. »Aber Papa hat mächtig Stunk gemacht.«
»Dann hat es sich ja doch ausgezahlt«, gurrt sie zufrieden und verspricht, abends noch mal anzurufen, weil im Friseurladen gerade so viel los ist und sie alle Hände voll zu tun hat.
Auch gut, denke ich, da läutet es schon wieder.
»Das ist aber schnell gegangen«, rufe ich ins Handy.
»Ich bin es«, sagt Finn.
Kurze Stille. »Sorry, ich dachte, es ist Jelly.«
»Was machst du gerade?«, will er wissen.
»Nicht viel.«
»Gut«, antwortet er. »Ich habe heute Nachmittag nämlich frei. Wollen wir etwas zusammen unternehmen? Vielleicht schwimmen gehen? Zum Jungfrauenfelsen? Ist unglaublich schwül heute …«
»Gerne, aber das mit dem Freihaben verstehe ich nicht ganz. Jetzt ist doch gar keine Schule …«
Finn räuspert sich. »So einfach ist das nicht. Mein Alter will, dass ich im Geschäft mithelfe. Die Ferien über. Damit ich was fürs Leben lerne und so.«
»Wirklich?«, rufe ich überrascht. »Dann ist das ja so wie bei mir!«
»Ja«, brummt er. »Schon irgendwie. Und? Hast du Zeit? Oder musst du wieder einem Ferkel das Leben retten …«
»Nein«, kichere ich verlegen und packe nebenbei schon mal meine Badesachen ein.
»Soll ich dich abholen?«, fragt er.
»Bloß nicht«, rutscht es mir heraus, woraufhin sich eine unangenehme Stille breitmacht. »Ich meine, das ist nicht nötig. Treffen wir uns lieber gleich am See. In Ordnung?«
Finn antwortet nicht sofort. »Wie du meinst«, sagt er dann ziemlich harsch. »Bis gleich.«
»Ja, bis gleich«, sage auch ich und drücke auf Rot. Hektisch halte ich nach dem Bikini Ausschau, der irgendwo in meinem Zimmer herumliegen muss. Als ich ihn gefunden habe, ziehe ich mir das alte Ding über und werfe einen flüchtigen Blick in den Spiegel. Eine kritische Hannah blickt mir entgegen: Jellys Mama sieht das schon richtig, scheint die Spiegel-Hannah sagen zu wollen. Deine Haare brauchen dringend einen Besuch in Karos Frisierstube. Und der alte Bikini ist hässlich.
Unsicher wende ich mich vom Spiegel ab und schaue an mir herunter. Hat die Spiegel-Hannah etwa recht? Meine Haare fühlen sich wirklich strubbelig an. Und der Bikini ist ausgewaschen und löchrig …
Und wenn schon! Jetzt ist es ohnehin zu spät, um mich aufzubrezeln. Während ich mir das Fahrrad schnappe, achte ich darauf, nicht von Mama oder Papa entdeckt zu werden. Nebenbei nehme ich mir vor, mir in den nächsten Tagen die Haare schneiden zu lassen. Wenigstens den Pony. Immerhin hat es mir Jellys Mama angeboten. Wann immer ich will, hat sie gesagt. Und jetzt scheint eine gute Gelegenheit dafür zu sein.
Dann aber wird es doch später, als ich zum Treffpunkt komme. Finn wartet schon auf mich.
»Tut mir leid!« Schnaufend ziehe ich mir das verschwitzte T-Shirt über den Kopf. »Hab nicht gleich wegfahren können.«
»Doch noch eine Schweinegeburt?« Finn hockt am Felsen und starrt hinaus aufs Wasser.
Ich schüttle den Kopf. »Nein, nur …« Was soll ich sagen? Dass ich mir Gedanken zu meinem mistbraunen Bikini und meinen mistbraunen Haaren gemacht habe? Oder dass ich erst losradeln konnte, als die Luft rein war, weil Mama den Rasen neben der Hofeinfahrt mähen musste und ich deshalb warten musste, bis sie fertig war?
»Schon gut«, unterbricht mich Finn beim Grübeln und steht auf. Er dreht sich zu mir um und sieht mich nachdenklich an.
»Alles in Ordnung?«, frage ich überrascht.
Auf Finns Stirn haben sich ein paar Falten breitgemacht. Das sieht irgendwie komisch bei ihm aus. Ungewohnt. Sein Gesicht ist ansonsten immer fröhlich. Nur heute nicht. Ob er mir etwas verheimlicht?
Doch Finn blockt ab und fragt: »Wollen wir springen?«
Ich nicke unsicher. »Wenn du magst.«
Er greift nach meiner Hand und ehe ich mich auf den Sprung konzentrieren kann, hat er mich auch schon über die Felskante gezogen. Mit einem lauten Platscher kommen wir auf. Das Wasser auf der Oberfläche ist erstaunlich warm, doch weiter unten wird es richtig kalt. Eisig. Sofort kriecht mir die Gänsehaut über den Rücken, während mein linker Fuß eine vermoderte Baumwurzel streift. Schnell stoße ich mich vom Untergrund ab und schwimme der Wärme entgegen. Zuerst tauche ich auf. Danach Finn.
»Viel besser.« Er schnappt nach Luft. »Der See hat sich erwärmt. Aber weiter unten … hast du es
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