Funkensommer
mit ihm zu tun haben willst. Finn kann ganz schön aufdringlich sein …«
Jetzt dämmert es mir. »Ah, verstehe«, antworte ich giftig. »Finn hat dich in der Firma darauf angesprochen, stimmt’s? Und jetzt willst du, dass ich offiziell mit ihm Schluss mache, damit du in der Arbeit deine Ruhe hast!«
Raphael nickt unmerklich.
»Kannst du vergessen«, zische ich daraufhin. »Ich will ihn nicht mehr sehen – und ich werde ihn auch nicht mehr sehen. So einfach ist das.«
Mein Bruder sieht mich flehend an. Und dann sagt er etwas, das er schon lange nicht mehr zu mir gesagt hat. »Bitte, Hannah!«
»Also gut«, gebe ich nach, weil ich meinen Bruder ein Stück weit verstehen kann. Immerhin wollte ich ja selber nie, dass Raphael in unsere Sache mit reingezogen wird, und sage deshalb: »Ich rede mit ihm!«
»Heute noch?« Raphael hält die Luft an.
»In Ordnung!«
»Danke, Hannah«, flüstert er und lächelt mir zu. Dann steht er auf und eilt erleichtert auf die Tür zu.
Als mein Bruder schon fast draußen ist, frage ich noch: »Weißt du eigentlich, was mit Jelly los ist? Papa hat gemeint, sie sei krank, oder so …«
Sofort verfinstert sich Raphaels Miene wieder. »Lass mich bloß mit dieser Schlampe in Ruhe«, knurrt er. »Ist mir doch egal, wenn sie vor die Hunde geht! Damit habe ich ein für alle Mal abgeschlossen!« Und zum Beweis knallt er die Tür hinter sich zu.
Sie haben 25 Nachrichten auf der Mobilbox, flötet die Stim me im Handy. »Na, super«, seufze ich. Dann hole ich Luft und höre mir die Nachrichten an.
Jelly. Finn. Jelly. Finn. Einmal Lena. Dann wieder Jelly. Und Finn. Jeder hat versucht, sich irgendwie aus dem Schlammassel rauszureden. Doch keinem ist es gelungen. Während Jellena irgendwann aufgegeben hat und nur noch in den Lautsprecher heult, scheint es Finn weiterhin zu versuchen. Prompt klingelt das Handy, als ich es in der Hand halte.
Finn is calling, steht auf dem Display. Noch mal hole ich Luft. »Ja?«
»Hannah«, stöhnt Finn. »Endlich! Ist alles in Ordnung bei dir? Warum meldest du dich denn nicht? Und warum hast du mich letzte Woche am See versetzt? Ich habe stundenlang gewartet. Was ist los?« Seine Stimme klingt wackelig. Ich sehe genau, wie er die Stirn runzelt, auch wenn wir kilometerweit voneinander entfernt sind.
»Hör mal«, sage ich scharf. »Ruf mich nicht mehr an. Das zwischen uns ist vorbei!« Mist, jetzt fängt auch noch meine Stimme zu wackeln an.
»Was? Vorbei?« Finns Stimme überschlägt sich fast. »Warum denn? Sag endlich, was los ist!«
»Nichts ist los«, antworte ich, und versuche, meinen Worten einen eisigen Unterton zu verpassen. »Es ist aus, weil das zwischen uns keinen Sinn macht. Und jetzt ruf mich nicht mehr an!«
»Verdammt noch mal, einen Teufel werde ich tun. Du kannst doch nicht einfach so mit mir Schluss machen. Was soll das?«
Ich lache bitter. »Nein? Kann ich nicht? Da täuschst du dich. Kann ich nämlich. Genauso gut, wie du nach England gehen kannst! Kapiert?«
Am anderen Ende der Leitung wird es still. »Du weißt davon?« Sekunden verstreichen, einer Ewigkeit gleich. Finns Stimme wird ruhig. Schwach. »Ah, jetzt verstehe ich, warum du sauer auf mich bist. Hannah, bitte. Lass uns darüber reden. Ich kann dir das erklären …«
»Nein«, unterbreche ich harsch. »Du hattest genügend Zeit, es mir zu erklären. Du hast es aber nicht getan. Und das ist das Problem. Du wusstest genau, dass ich mich ansonsten nicht auf dich einlassen würde. Du hast mich belogen! Du hast mich ausgenutzt! Sonst nichts!«
»Das glaubst du wirklich?« Finn wird wütend. »Du glaubst, dass ich nur die Sommerferien über etwas mit dir anfangen wollte? Dann hätte ich mir doch was mit Lena angefangen oder so, das wäre um einiges einfacher gewesen.«
»Gut zu wissen«, fauche ich zurück. »Dann mach das doch. Noch hast du ja ein paar Tage, die du mit Goldlöckchen verbringen kannst. Ich wünsch dir viel Spaß dabei! Ciao!«
»So hab ich das doch nicht gemeint«, ruft Finn schnell. »Hannah, bitte … leg nicht auf …«
Aber das reicht! Dass er mir jetzt auch noch mit Goldlöckchen kommt, ist wirklich das Letzte!
»Du kannst mich mal!«, fauche ich. Schon steigen mir die Tränen in die Augen. So ein Arsch! Hastig drücke ich auf Rot, bevor ich unweigerlich plärren muss.
So. Jetzt.
Die Verbindung ist gekappt.
Ende des Gesprächs.
Ende mit Finn.
Ende und aus.
Langsam wird es dunkel im Zimmer. Meine Augen brennen wie Feuer, vom vielen
Weitere Kostenlose Bücher