funny girl
sie.
Nun schon nicht mehr ganz so interessiert, fragte er: »Was haben Sie?«
Verzweifelt winkte sie den Kellner heran und fragte, ob in dem susam mantolu kek etwa Nüsse seien, worauf der Kellner erklärte, selbstverständlich seien Nüsse in dem susam mantolu kek, schließlich handle es sich um einen Nusskuchen. Der Mann fragte, ob Nüsse ihr nicht bekämen, doch die Frage war überflüssig, weil mittlerweile jeder im näheren Umkreis ihres Tisches sehen konnte, dass der Kuchen Azime nicht bekam. Sie kratzte sich an Armen, Hals, ja sogar an den Beinen, während sie ihrem Gegenüber, immer wieder von Entschuldigungen unterbrochen, mit keuchendem Atem eröffnete, dass sie an einer sehr, sehr schweren Nussallergie leide, die sich schon am ganzen Körper bemerkbar mache. Als er fragte, wie schlimm es noch werde, prophezeite sie ihm – immer noch schielend –, dass ihr Körper bald anschwellen werde, dann käme der Ausschlag, ein Ausschlag, der aussehe wie Schuppenflechte, und danach könne es passieren, dass es richtig schlimm werde, und damit meinte sie, dass sie womöglich keine Luft mehr bekomme. Er fragte – weniger besorgt, als es in einem solchen Fall angebracht gewesen wäre –, ob er einen Arzt rufen solle. Nein, antwortete sie, sie wolle es erst mal mit etwas versuchen, das sie für solche Notfälle immer bei sich habe. Sie zog eine Tube Creme aus der Handtasche und begann, unter neuerlichen Entschuldigungen, sie auf Gesicht und Hals aufzutragen. Die Creme war sehr dick und sehr weiß, von der Sorte, wie man sie manchmal auf den Nasen und Unterlippen englischer Cricketspieler im Hochsommer sah, und je mehr sie davon auftrug, desto mehr sah sie aus wie eine Pantomimin. Es tue ihr so leid, wirklich leid!, wiederholte sie und schmierte sich jetzt Creme auf Dekolletee und Arme. Sie habe heute unbedingt einen guten Eindruck machen wollen. Sie flehte ihn an, ihr zu glauben, dass ihr so etwas nur ganz selten passiere, sie habe einfach nur einen schlechten Tag. Und dann fügte sie hinzu, dass sie ihn wirklich wiedersehen wolle. Wirklich. Nicht dass sie Torschlusspanik hätte, beteuerte sie hastig, aber er sei immerhin schon der sechzehnte Mann, den sie auf diese Weise kennengelernt habe, durch die Vermittlung anderer. Aber irgendwie gehe immer etwas schief bei diesen Verabredungen, und dann wollten diese Männer sich nicht mehr mit ihr treffen. Sie könne das nicht verstehen. Vielleicht laste ein Fluch auf ihr. Vielleicht habe ihre Mutter recht, und sie habe wirklich den bösen Blick. »Den bösen Blick?«, fragte er und zog die Augenbrauen noch höher. Ja, den bösen Blick. Und als sie ihn fragte, ob es ihm etwas ausmachen würde, sie am Rücken zu kratzen, sprang er auf, warf einen Blick auf sein Handy und sagte, dass er gerade eine dringende SMS bekommen habe, auf die er unverzüglich antworten müsse. Sie nahm ihm das Versprechen ab, dass er gleich zurückkommen würde, dann durchquerte er mit großen Schritten das Restaurant, wählte eine Nummer auf seinem Handy und trat auf die Straße.
Sie ließ sich auf die Sitzbank sinken, stieß einen tiefen Seufzer aus, dann wischte sie – diesmal mit der eigenen Serviette – die Creme von Gesicht, Hals und Armen. Zur Feier ihrer neuerlichen Flucht vor dem Ehestand brach sie mit zwei Fingern einen weiteren Bissen susam mantolu kek ab und versicherte sich mit einem Blick aus dem Fenster, vorbei an den blubbernden Wasserpfeifen, dass der jüngste ihrer sechzehn Ehekandidaten eilig die Straße entlangging und bald nur noch ein kleiner Punkt sein würde, nicht größer als der Krümel, den sie auf ihrer Fingerspitze balancierte, bevor sie ihn in den Mund steckte.
Ein Blick auf die Uhr. Wie lang? Vierzehn Minuten. Ein Rekord.
An der Ecke sprang sie zu Deniz ins Auto.
»Achtzehn Minuten«, sagte er. »Du bist klasse.«
»Eine Meisterin meines Fachs.«
Azimes Handy klingelte. Ihre Mutter wollte wissen, wie das Treffen lief. Ob er aufgetaucht sei? Ob er nett sei? Nicht weiter schlimm, wenn ein Ehemann nicht gut aussieht, riet ihre Mutter. Ein guter Ehemann müsse nicht gut aussehen, das müssten nur die schlechten. Aber Azime musste ihr eröffnen, dass das Treffen schon zu Ende war.
»Ein Blick, und weg war er. Keine Ahnung. Vermutlich bin ich nicht sein Typ. Ich kann nichts dafür. Die mögen mich einfach nicht. Du musst ihnen mehr Ziegen versprechen.«
4
Azime hatte sich den ganzen Tag über den Kopf zerbrochen, was sie Witziges sagen könnte. Doch je mehr sie
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