funny girl
bei Deniz immer lachen.
»Schon besser. Siehst du, wie ich das mache? Ich habe kein Material, aber hält mich das von irgendwas ab? Das ist größer als du und ich, Mann, das ist größer als wir beide zusammen. Wir müssen London zurückerobern.«
» Du eroberst London zurück. Ich habe kein Material.«
»Ich kann das nicht allein.«
Deniz’ Handy quakte – er hatte ein Froschquaken als Klingelton. Er warf einen Blick aufs Display, dann stellte er das Quaken ab.
Überrascht sagte Azime: »Dein Handy funktioniert ja.«
»Sie sind dahintergekommen. Vodafone, das ist wie der Geheimdienst, Mann. Als die Sowjetunion unterging, sind die Topagenten allesamt zu Vodafone und T-Mobile und diesen ganzen Brüdern gegangen. Agent Orange, das heißt ja nicht ohne Grund so. Einer von den Obergaunern hat mir achtzig Pfund abgeluchst. Ich musste meinen Vertrag noch mal für achtzehn Monate verlängern. Dumm gelaufen.«
»Du hast deinen Vertrag erneuert? Spinnst du? Warum hast du nicht einfach ein Prepaid-Handy genommen?«
»Sie haben mich verführt. Und ich bin schwach geworden. Haben mir ein nagelneues Telefon angeboten. Teufel sind das. Und das Fleisch ist schwach. Die kennen diese ganzen Techniken. Als sie mir die coolen neuen Handys vorgelegt haben, und ich konnte mir kostenlos eins aussuchen, das ist schlimmer als Waterboarding, Mann. Ich hab’s nicht ausgehalten, hab die Namen ausgeplaudert, alles. Aber jetzt vergiss mal das Handy. Denk an den Auftritt. Die Presse wird da sein, das wird eine große Sache. Eine Riesenchance für dich. Das Leben kann man nicht proben, Schwester. Halt dich an mich, ich nehme dich mit auf meinen Höhenflug. Halt dich an meinen Rockschößen fest, Azi, und ab geht’s. Wenn die Flut kommt, können viele Boote schwimmen. Weißt du, was ich meine? Aber du musst dich jetzt gleich entscheiden – ich habe Anfragen von Comedians aus dem ganzen Land. Jeder will da mitmachen.«
Zum Beweis hielt er sein schimmerndes neues Handy in die Höhe, doch es blieb still. War der Anruf, den er weggeklickt hatte, ein solcher Anruf gewesen, eine Bitte, bei diesem Projekt mitmachen zu dürfen? Oder war das bloß Deniz’ übliche Show, ein Teil seiner Welt, in der Wahrheit und Unwahrheit den gleichen Stellenwert hatten?
»Ich denk drüber nach.«
»Das reicht nicht. Ich muss es jetzt wissen.«
»Was ist mit meiner Familie?«
»Denen sagst du nichts. Nächste Frage.«
»Was ist, wenn mich jemand erkennt und es ihnen erzählt?«
»Du setzt eine Sonnenbrille auf. Einen Hut. Sonst noch Fragen?«
»Meine Eltern wissen nicht mal, dass ich zu dem Comedy-Kurs gehe. Die würden komplett durchdrehen.«
»Ich sag’s noch einmal: Erzähl ihnen nichts. Sag, du gehst aus.«
»Ich gehe nie aus.«
»Wie wäre es… lass mich überlegen… wie wäre es, wenn du sagst, du triffst dich mit einem netten muslimischen Mann, der dich heiraten will?«
Azime blinzelte. Sie lächelte. Das war tatsächlich eine ziemlich gute Idee.
»Deine Mum organisiert alles für dich. Das perfekte Alibi.«
Eins musste man Deniz lassen – er konnte ganz schön gerissen sein.
»Du bist fies.«
»Noch besser, du organisierst das zur Abwechslung mal selbst. In echt. Sag, einer von den Typen, die deine Mum dir andrehen wollte, hat sich wieder gemeldet. Der Kerl will dich wiedersehen. Das ist ein Wunder!, sagst du. Du erzählst deiner Mum, der könnte der Richtige sein. Bring sie ordentlich in Fahrt. Verabrede dich tatsächlich. In einem Lokal irgendwo bei dem Comedy-Club. So nah wie möglich. Du bestellst ihn auf eine halbe Stunde vor dem Gig. Gehst zu dem Date. Quatschst mit dem Typen. Nach einer Viertelstunde musst du mal austreten… Der merkt gar nicht, dass du weg bist. Dein Auftritt, das sind nur zehn Minuten. Du bist so schnell wieder zurück, der Blödmann kommt nie auf die Idee, dass du nicht auf dem Klo warst.«
Azime schüttelte den Kopf: »Das ist krank.«
Ihr Blick wanderte zu einer Frau mittleren Alters, die eben, das rechte Auge mit einem Gazepflaster verklebt, auf einen Stock gestützt ins Lokal gehinkt kam. Sie war in Begleitung. Ein junger Mann, ihr Sohn vielleicht, folgte eilig, rückte ihr einen Stuhl zurecht. Sie setzte sich. Dabei zuckte sie anscheinend vor Schmerz zusammen. Bestimmt jemand, der gerade wieder zum ersten Mal aus dem Krankenhaus durfte; der Stock war eindeutig ein Krankenhausmodell, Aluminium mit einem dicken Gummipfropfen, die Art von Stock, die man dort bekam, solange man noch keinen eigenen
Weitere Kostenlose Bücher