funny girl
dieses leckere Supersandwich vor, vielleicht ein Steaksandwich, so richtig saftig und aromatisch. Dann mach ich noch Senf drauf und beiße rein. Überall spritzt Saft raus und rinnt mir über die Arme und sonst wohin. Und wenn ich’s dann aufgegessen habe, denke ich: »Was für ein leckeres Sandwich das doch war. Wow!« Und bin total befriedigt. Und wenn ich dann immer noch an Sex denken muss, dann verlange ich in Gedanken die Rechnung und beschwere mich, weil das Sandwich viel zu teuer ist und eigentlich gar nicht so lecker war, und sage, dass ich diesen Saftladen nie wieder betreten werde. Dann zahle ich und gehe, bin verärgert und fühle mich abgezockt. Und wenn ich dann immer noch an Sex denken muss, schließe ich mich im Badezimmer ein und schreie eine Runde. Ist immer noch besser als eine Schlampe zu sein, oder?
Also, ich bin aus Green Lanes. Ich hab einen Job. Ich arbeite für meinen Vater. Aber ich versuche gerade, einen besseren zu finden… einen, der mir was bringt, zum Beispiel, indem ich bezahlt werde. Ich wüsste gern, wie sich das anfühlt. Es muss cool sein, wenn man für seine Arbeit bezahlt wird. Aber ich fürchte, ich bin zu anspruchsvoll.
Also hab ich mich bei McDonald’s beworben. Das ist eine internationale Firma, die Hamburger verkauft. Sorry, ich dachte einen Moment lang, ich red mit meinen Eltern. Ich hab mich wie gesagt bei McDonald’s beworben. Und der Filialleiter Bill, der aussieht wie ein viel zu groß geratener Fünfjähriger, fragt mich, warum ich für den Laden arbeiten will. Ich hab gesagt: »Weil ich alle Hoffnung im Leben aufgegeben habe – warum sonst sollte ich für euch arbeiten? Ich kann nicht mehr tiefer sinken, ich hatte nur noch die Wahl, entweder ich bring mich um, oder ich komm zu euch.«
Da war der Typ geschockt. Er dachte wohl, er hat einen supertollen Managerjob, er ist als Geschäftsmann ganz oben auf der Spitze der Pyramide, und unter ihm ist nur noch Abschaum. Und er kann beim besten Willen nicht verstehen, dass jemand wie ich, eine Frau, eine Frau mit Migrationshintergrund, ganz offensichtlich ohne Chancen und ohne Zukunft, nicht von der Aussicht begeistert ist, mit einem albernen Papierhütchen auf dem Kopf für einen Hungerlohn Pferdehack zu wenden. (Gelächter.)
Was kann ich euch sonst noch erzählen? Ach ja, Gewalt. Da, wo ich herkomme, in Green Lanes, gibt’s echt viel Gewalt, und seit ich angefangen habe, Witze zu erzählen, fällt mir das ganz besonders auf. Richtig üble, sinnlose Gewalt. Ich hab’s selbst erlebt. Ein Beispiel: Vor kurzem bin ich in meinen Supermarkt reinmarschiert, am helllichten Tag, und… hab die Kassiererin geschlagen.
(Gelächter.)
Ich mach nur Spaß. Ich bin gegen jede Gewalt, vor allem Gewalt, bei der ich das Opfer bin.
Ach, hab ich’s schon erwähnt – McDonald’s hat mich nicht genommen. Es gibt nur eins, was noch schlimmer ist als ein herzloser, kapitalistischer Multi, der die Armen ausbeutet, unsere Wälder und unsere Gesundheit zerstört… und das ist ein Multi, der dich nicht einstellen will. Pfui, schäm dich!
Allein in der Garderobe des Clubs, zog Azime ihre Burka aus, und darunter kam eine Jeans zum Vorschein, ein geblümtes Kleid über der Jeans und darüber ein verzweifeltes Gesicht.
Sie löste die Haarklammern und starrte in den von Glühbirnen gerahmten Spiegel, während aus dem Lautsprecher die knisternde Stimme von Deniz drang, der als Nächster an der Reihe war.
»Du bist scheiße«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. »Gib’s auf. Was bildest du dir denn ein? Du bist Dreck, Azime Gevaş.«
Über den Lautsprecher hörte sie Deniz sagen: »…Das Minimum, das ist das allermindeste, was ich verdiene.« Gelächter aus dem Lautsprecher.
»Die haben dich gehasst. Ich hatte es dir prophezeit. Kein einziger Lacher.«
Wieder hörte sie Deniz’ Stimme »…Als Erstes bringe ich eine kleine Pantomime. Irgendwelche Pantomimenfans hier?«
»Bring dich um, Azime. Ich meine das ernst. Hast du dir das mal überlegt? Das wäre ein ehrenvolles Ende.«
Im Lautsprecher setzte jetzt Elgars Land of Hope and Glory ein . Rasch packte Azime ihren Rucksack, ließ die Burka darin verschwinden, setzte ihre Baseballkappe auf und zog sie tief ins Gesicht. Sie beschloss, einfach nach Hause zu gehen, nicht zurück ins Restaurant, um ihren verlassenen Kavalier, November-Nasim, zu erlösen – sie würde die U-Bahn nehmen und allein zurückfahren. Nasim wäre jetzt wirklich zu viel für sie. Dann war dies eben eine weitere
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