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funny girl

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Titel: funny girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony McCarten
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Clio zwängen konnte. Unter metallischem Kreischen kamen sie frei, und Deniz gab Vollgas, wobei ein letzter geschleuderter Stein noch vom Heck abprallte. Sie rasten los, unter das eingedrückte Dach gezwängt wie Zwerge.
    Azime, die durch das Rückfenster beobachtete, wie die jungen Männer in ihren eigenen Wagen sprangen, schrie:
    »Mach schneller! Sie kommen uns nach.«
    »Schneller kann ich nicht!«
    Aber in den nächsten zehn Minuten fuhr Deniz, das musste sie ihm lassen, konzentrierter, als Azime es je für möglich gehalten hätte. Beherzt bog er um eine Ecke nach der anderen, und bald war die Straße hinter ihnen leer. »Und – was siehst du jetzt?«
    »Sie sind nicht mehr zu sehen!«
    »Und jetzt?«
    »Immer noch nichts.«
    »Und jetzt?«
    »Immer noch nichts.«
    Nirgendwo Polizei. Keiner hielt den zerbeulten Clio auf, der ohne Scheinwerfer fuhr.
    Bald darauf hielt Deniz nicht weit von Azimes Haus. Die Handbremse machte ihr übliches ratschendes Geräusch.
    »Das ging doch ganz gut«, stellte Deniz fest. »Findest du nicht auch?«
    »Wer waren die?«
    »Die Öffentlichkeit. Manche Leute lieben dich, andere hassen dich.«
    Doch Azime sah, dass Deniz unter seinem unerschrockenem Gehabe genauso erschüttert war wie sie selbst. »Sie wollen mich umbringen«, sagte sie. »Das halte ich nicht aus.«
    Deniz zückte sein Handy: »Soll ich die Polizei rufen?«
    »Ich muss nur mit diesem Zeug aufhören.«
    »Schwester, du kannst denen nicht einfach nachgeben. Ich rufe jetzt die Polizei. In Ordnung?«
    Langes Schweigen. Azime dachte darüber nach. Eine polizeiliche Untersuchung, die zu nichts führen würde. Ihre Eltern würden von der ganzen Geschichte erfahren. Die Hoffnung, dass diese Drohungen der einfältige Versuch gewesen waren, sie einzuschüchtern, und dass es sich nicht wiederholen würde. Dass sie in der Burka mit einem Mikrophon in der Hand aufgetreten war, war für die jungen muslimischen Männer im Publikum zu viel gewesen. Das war verständlich. Das hätte sie voraussehen müssen. »Ich kann nicht riskieren, dass meine Familie davon erfährt, das ist das Wichtigste.«
    »Dann sagst du der Polizei einfach, du hast gar keine Eltern.«
    Azime überhörte die Bemerkung. »Aber du musst es der Polizei melden, damit die Versicherung den Schaden bezahlt.«
    »Ich hab keine Versicherung. Die ist abgelaufen.«
    »Du fährst ein Auto ohne Versicherung?«
    »Ich bin Optimist.«
    »Du machst dich strafbar.«
    Deniz zuckte die Achseln . »Das Auto hat mich nur vierhundert Pfund gekostet, mit sechs Monaten Versicherung drauf. Ich dachte, ich fahre es, bis die Versicherung abgelaufen ist, und verkaufe es dann als Schrott. Aber ich bin immer weitergefahren. Jetzt geht das natürlich nicht mehr. Wir müssen nur dran denken, dass wir das Auto nicht erwähnen, wenn wir zur Polizei gehen.«
    »Wie können wir das Auto nicht erwähnen? Wir sind in dem Auto angegriffen worden. Das ist unser Beweisstück.«
    »Okay. Dann krieg ich halt Ärger. Halb so schlimm.«
    »Nein, dann sagen wir lieber gar nichts.«
    »Sicher? Wir können gern die Polizei rufen.«
    »Nein. Meine Eltern dürfen das nicht rausbekommen. Noch nicht.«
    »Dann sagen wir nichts. Soll mir recht sein. Da ist ja auch noch das Auto, das hinter uns stand und das wir beschädigt haben. Scheiße.«
    »Okay. Wir sagen nichts.«
    Azime zitterte am ganzen Leib. »Die haben mich richtiggehend gehasst«, hauchte sie und versuchte, nicht zu weinen. ›Halt mich fest‹, dachte sie, ›tröste mich, sag mir, dass du mich magst, sag mir, dass du nie zulassen würdest, dass mir etwas zustößt, niemals. Und sag’s mir vor allem, ohne dass ich dich drum bitten muss, sondern aus freien Stücken, weil dir danach ist.‹
    Doch Deniz sagte nur: »Alles wird gut.« Aber er griff nach ihrer Hand und drückte sie. »Und selbst wenn nicht alles gut wird, werden wir Mittel und Wege finden, damit es gut wird. Okay?«
    Nachdem Deniz sie abgesetzt hatte, sah sie ihm nach, wie er in seinem zerbeulten Wrack davonfuhr. Dann ging sie ins Haus.
    Ihre Schwester war noch auf und wartete im Schlafanzug auf sie. »Wo warst du so lange?«
    »Warum bist du denn noch auf?«
    »Wo bist du gewesen?«
    »Was ist denn?«
    »Baba ist stinksauer.«
    »Weswegen?«
    Ihr Vater trat ein, ebenfalls im Schlafanzug. Sabite folgte ihm im Nachthemd und heulte bereits wegen der vermuteten Entehrung ihrer Tochter durch November-Nasim oder seinesgleichen, wodurch ihre Heiratspläne für Azime endgültig durchkreuzt

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