funny girl
Schwarze sagt: ›Ich glaube, die Geschworenen bei meinem Prozess waren Rassisten.‹ Der Muslim staunt: ›Du hattest Geschworene und einen Prozess?‹«
Ihr Bruder Zeki trat vor – und schlug sie ins Gesicht. Fest. Eine schallende Ohrfeige. Es gab sogar ein Echo. Azimes Kopf war zur Seite geflogen. Mit abgewandtem Körper bedeckte sie die gerötete Wange mit der Hand.
Döndü schrie auf: »Zeki!«
Zeki erstarrte mitten in der Bewegung. Mit seinen sechzehn Jahren, seinem schlaksigen Körper und seinem spärlichen Bartflaum hoffte er, dass man ihm die Männerpose abnahm. »Baba hat gesagt, du sollst aufhören. Wieso kannst du nie gehorchen?«
Wie war einem zumute, wenn man von seinem eigenen Bruder geschlagen wurde? Vor der gesamten Familie?
Azime, mit Tränen in den Augen und hochroter, brennender Wange, ließ sich nicht beirren:»Kennt ihr den von der Ehefrau, die –«
»Azime!«, fuhr Sabite erneut dazwischen.
»…die eine Website für… für Opfer häuslicher Gewalt eingerichtet hat? Sie hatte dreihundert Zugriffe in der ersten Stunde.«
Zeki konnte nicht fassen, dass seine Ohrfeige wirkungslos geblieben war. »Du benimmst dich wie eine Schlampe.«
»Und du benimmst dich wie immer, wie ein Vollidiot.«
Unter ihrem Probekopftuch weiteten sich Döndüs Augen, und ihr Blick huschte zwischen ihrer älteren Schwester und dem Rest der Familie hin und her. Ihr war klar, dass sie in vielfältigster Weise etwas lernen konnte.
»Ehre Vater und Mutter!«, schrie Zeki.
Azime fuhr zu ihrem Bruder herum . » Schlag mich ja nicht noch mal! NIE WIEDER !«
Ihre Vehemenz brachte den Bruder zum Schweigen, und die rechte Hand, mit der er sie geschlagen hatte, fiel schlaff herab.
Sabite: »Döndü! Ins Bett mit dir!«
Doch Döndü rührte sich nicht von der Stelle. »Nie im Leben.«
»Jawohl, zeig ihr, was ihr blüht«, fügte Azime hinzu.
Worauf Sabite leise sagte: »Versprich einfach nur, dass du aufhörst. Wir brauchen nicht noch mehr Ärger in diesem Haus.«
Jetzt konnte Azime nur noch eines antworten, und sie verlor keine Zeit. » Nein.«
Sabites rechter Arm fuhr hoch, der Zeigefinger reckte sich und deutete nach oben, zur Strafe, durch die, wie sie hoffte, wieder Gehorsam, Ruhe und Frieden in die Familie einkehren würde. »Zehn Tage! Auf dein Zimmer! Raus! Verschwinde.«
»Ich bin zwanzig.«
»Fünfzehn Tage!«
»Hier ändert sich aber auch nie was, oder?«
»Zehn Tage! Zehn Tage kommst du nicht raus, nicht mal zum Essen. Ich bringe dir das Essen.«
»Soll ich da drin dann auch pinkeln und kacken?«
»FÜNFZEHN! FÜNFZEHN TAGE ! Was ist nur los mit diesem Mädchen? Fünfzehn! Bis du lernst, was eine gehorsame Tochter ist!«
Azime stürmte nach draußen. Man hörte, wie sie wütend die Treppe hinaufstapfte, dann hörte man sie wieder herunterkommen. Und dann fiel die Haustür ins Schloss.
»Azime!«, brüllte Aristot entsetzt, als er merkte, was Azime tat. »Komm sofort zurück! Azime! Azime!«
Die ganze Familie eilte zum Fenster, schob die Vorhänge beiseite und sah Azime im Mantel durch den Vorgarten stürmen, einen kleinen Koffer in der Hand.
»Wenn sie jetzt geht«, schwor Sabite, »dann darf sie nie mehr zurückkommen. Nie mehr.«
»Zeki!«, befahl Aristot. »Lauf ihr nach, hol sie zurück! Mach schon! Los, los!«
Zeki stürmte in die Diele und riss seine Jacke vom Haken.
»Los, los!«, brüllte Aristot.
»Nie mehr«, wiederholte Sabite. »Wenn sie jetzt geht, ist sie für mich tot. Sag ihr das!«
»Los, beeil dich!«
»Tot!«
Banu öffnete die Tür und war überrascht, als sie ihre Freundin sah, verweint, verwirrt, verzweifelt.
»Kannst du mir was zum Anziehen borgen?«
Banu zog ihre Freundin ins Haus.
Banu und ihr Mann bewohnten zusammen mit Banus Schwiegereltern eine kleine Dreizimmerwohnung im Erdgeschoss eines viktorianischen Reihenhauses. Dieses erste gemeinsame Zuhause, in das die junge Banu am Tag ihrer Hochzeit eingezogen war, bestand aus einem Teil, der ihr Hoheitsgebiet war, und einem anderen, für den sich ihre Schwiegermutter zuständig fühlte.
Banu führte Azime in ihren Teil des Wohnzimmers und zu einer modernen Couch auf der einen Seite, die einem sehr viel älteren Sofa mit Spitzendecke auf der anderen gegenüberstand. Vor der Couch stand ein moderner Couchtisch aus Glas und wetteiferte mit einem handgedrechselten Kaffeetischchen in unmittelbarer Nähe. In diesem Möbelkrieg hatten die beiden Paare sich auf ein Leben mit zwei Sektoren geeinigt. Es herrschte
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