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funny girl

funny girl

Titel: funny girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony McCarten
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du vielleicht, dass andere auch ein eigenes Leben wollen.«
    »Du weißt nie, wann du deine große Klappe halten sollst.«
    »Sie kommt dir nur so groß vor, weil sie nicht sagt, was du gern hören willst.«
    »Nein. Du hast eine viel zu große Klappe.«
    »Meine Klappe ist nicht groß. Ich sage nie etwas. Mein ganzes Leben lang habe ich nie was gesagt. Du dagegen, du kannst sagen, was du willst. Ich muss die Klappe halten, sonst wirft mir einer einen Brief in den Briefkasten, mit Buchstaben, die er aus bescheuerten Zeitschriften ausgeschnitten hat.«
    Sie machte sich auf den Weg zurück ins Restaurant.
    »Warte nur, bis Baba dich in die Finger kriegt.«
    An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Scheiß auf Baba.« Die Worte waren ihr herausgerutscht, bevor die Zensur eingreifen konnte.
    Endlich ein Lächeln auf Zekis angespanntem Gesicht. Munition. »Das sage ich ihm.«
    »Sag ihm… einfach nur, dass er dich mir nie wieder nachschicken soll. In zwei Stunden bin ich zu Hause.«
    Sie kehrte zurück an ihren Tisch. Emin war immer noch da. In seiner Teetasse kreiste eine Zitronenscheibe.
    »Netter Bursche.«
    Später. Emin saß am Steuer.
    »Ich bin mit meinen Eltern hergekommen, da war ich sieben«, erzählte er. »Es war ein Schock. Alles war so groß. Sogar das Gemüse. Das Gemüse war riesig. Die Paprika. Rot, gelb, grün. Riesig. Was mir am meisten fehlte, waren grün eingelegte Pfirsiche. Wir haben sie immer mit Honig gegessen. Grün eingelegte Pfirsiche, mhm! Meine Großmutter hatte sie das ganze Jahr über auf der Fensterbank. Mit Zellophan oben drüber, und binnen ein paar Wochen zog es sich zusammen und wölbte sich nach innen, fest gespannt wie eine Trommel. Ich habe immer mit den Fingerspitzen drauf herumgetrommelt. Dann sind sie eingerissen, und man konnte den Finger in den Saft stecken. Und dann das ekmek, o Mann! Da sucht man sein Leben lang nach genau diesem knusprigen, weißen Brot und findet nie wieder das richtige. Zu Hause in der Türkei bin ich immer zur Bäckerei ein paar Häuser weiter gelaufen und habe ein Brot geholt; das war dann noch warm. Wenn ich damit nach Hause kam und es war kein Ende angeknabbert, dann wusste Mutter, dass ich krank war, und ging mit mir zum Arzt.«
    Azime lachte zum ersten Mal seit Zekis Auftauchen. Emin wollte wissen, was sie am liebsten aß.
    »Aşure«, erwiderte sie. »Die aşure meiner Mutter.«
    Emin nickte glücklich. Er kannte diesen porridgeartigen Pudding gut. Er wurde aus Resten gemacht, und das Rezept ging der Legende nach auf Noah zurück, der es zur Feier der sicheren Landung seiner Arche – in der Türkei, auf dem Berg Ararat – als Festmahl gekocht hatte. Es war das Letzte, was Noah an Proviant an Bord hatte.
    »Fühlst du dich eher als Brite oder eher als Türke?«, fragte Azime.
    »Wenn ich Leuten erzähle, dass ich hier geboren bin, sagen sie: ›Aber Sie vermissen doch sicher die Türkei?‹«
    Azime lachte . »Geht mir genauso. Die Leute fragen immer: ›Wie sieht es zu Hause aus?‹, und ich antwortete: ›Wir brauchen ein neues Dach.‹«
    »Was ich am meisten zu hören bekomme, ist: ›Oh, Ihr Englisch ist exzellent. ‹ Ich antworte dann immer: ›He, Ihres ist aber auch nicht schlecht.‹«
    Emin war großartig, fand Azime. Sie hatten so viel gemeinsam. Auch wenn er aus einem wohlhabenderen türkischen Milieu kam und in einer Bank in der City arbeitete, wussten sie doch beide, wie es war, wenn die Eltern aus einem anderen Land stammten, wenn man braunhäutig in einer bleichen Gesellschaft lebte, die berüchtigt für ihre »Das Boot ist voll«-Mentalität war. Beide waren in einer Kolonie türkischer Familien aufgewachsen, so isoliert in der Großstadt, als lebten sie in einem kleinen türkischen Dorf.
    Beim Fahren ergriff Emin Azimes Hand. An der nächsten Ampel lächelte er ihr zu. Als sie zurücklächelte, beugte er sich herüber und küsste sie. Als Reaktion auf diesen Kuss umarmten sie sich. Ihr erster Kuss. Das erste männliche Wesen, das je ein Interesse daran gehabt hatte, sie zu küssen. Das Kompliment fand sie aufregender als den Kuss selbst. Hinter ihnen ertönte bald wütendes Hupen, als die Ampel grün wurde und dann wieder rot, aber das atemlose Paar merkte gar nicht, dass es die anderen aufhielt. Es war fest überzeugt, dass kein Mensch etwas Wichtigeres zu tun haben konnte als sie beide in diesem Augenblick. Es war der Augenblick, auf den Azime ihr ganzes Leben lang gewartet hatte.
    »Ich wohne ganz in der Nähe«,

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