funny girl
aus, und die kühle Abendluft brachte zumindest ein klein wenig von ihrer wahren Persönlichkeit zurück, so dass sie, als sie sich hinunterbeugte, um die Autotür zu schließen, nach Kräften lächelte, ihn noch ein letztes Mal ansah (denn sicher würde er sich jetzt nicht noch einmal mit ihr verabreden). Dabei überlegte sie, was sie noch zum Abschied sagen konnte, etwas, womit sie ihm besser im Gedächtnis bleiben würde als mit diesem kalten, ganz untypischen Schweigen.
»Ich… ich würde dich eigentlich jetzt gern fragen, ob du mich irgendwann mal wieder anrufst… wenn dir danach zumute ist. Aber du bist so nett und würdest das wahrscheinlich machen, nur weil ich dich darum gebeten habe, und es hätte ja schließlich keinen Sinn, wenn wir uns noch mal treffen, aus den vernünftigen Gründen, die du vorhin aufgeführt hast. Es hieße ja nur, dass ich wieder genauso hier auf dem Bürgersteig stünde, mir dumm vorkäme, verzweifelt überlegen würde, was ich noch Cooles sagen könnte, damit du mich wiedersehen willst. Da sage ich am besten gar nichts. Nacht.«
Sie schloss die Tür – keine Autotür kann je so behutsam geschlossen worden sein – und ließ den vielversprechendsten Mann, der jemals Interesse an ihr bekundet hatte, hinter sich. Sie wusste, dass Emin ihr vielleicht im Scheinwerferlicht noch nachsah, und in der Hoffnung, dass es ihm wenigstens ein kleines bisschen Schmerz oder schlechtes Gewissen bereiten würde, versuchte sie so zu gehen, wie eine moderne britische Frau voller Selbstvertrauen gehen würde, unterwegs zu einer strahlenden Zukunft voller glänzender Möglichkeiten. Aber je mehr sie versuchte, wie eine solche Frau zu gehen, desto mehr verkrampfte sie sich bei der Vorstellung, bis sie am Ende kaum noch wusste, wie Azime Gevaş ging; sie strauchelte am Bordstein, hätte, als sie auf den Rasenstreifen kam, fast einen Schuh verloren, während der Wagen aufheulte und dann ohne ein Hupen an ihr vorbeirauschte.
Azime hasste es, Azime zu sein. Sie fand, es sollte ihr für den ganzen Rest ihres Lebens verboten sein, noch einmal mit einem Mann auszugehen. Wenn es um Beziehungen ging, dann war sie wie einer von diesen Skiläufern, die nicht fahren können, die am laufenden Band Leute, die es können, umfahren, die den ganzen Tag damit verbringen, »Tut mir so leid!« zu rufen.
Vor der Haustür angekommen, steckte sie den Schlüssel ins Schloss, machte auf und ging hinein. Drinnen war alles dunkel, und sie streckte den Arm nach dem Schalter aus.
Wir kennen die Lichtgeschwindigkeit, aber welche Geschwindigkeit hat das Dunkel?
Gleich beim ersten Schlag ging sie zu Boden. Benommen von Schmerz und Verwirrung, nahm sie nur noch dumpf wahr, dass ihr männlicher Angreifer jetzt über ihr stand und von oben her sprach. Was sagte er? Schließlich verstand sie. Er fragte, wo sie gewesen sei.
Aber dann sagte er, er wisse, wo sie gewesen sei. Danach, dass er keine Lügen mehr hören wolle. Wenn ihr klar sei, was gut für sie sei, werde sie jetzt nicht versuchen aufzustehen. Dann verlangte er, dass sie zugab, was er doch, wie er sagte, längst wusste.
Banu versuchte zu sprechen, aber es war nicht leicht. Mit einem Wimmern, durch eine Mauer von Schmerz, antwortete sie, sie sei nirgendwo gewesen. Aber er weigerte sich, ihr zu glauben. Als sie ihre Antwort wiederholte, machte ihn das nur noch wütender. Er kehrte wieder zur Frage vom Anfang zurück, forderte die Wahrheit, und diesmal setzte Banus Ehemann seiner Frau den nackten Fuß auf die Schläfe, erhöhte den Druck. So, wie sie dalag, ihr Kopf auf den Teppich gepresst, hörte sie seine Worte undeutlicher denn je: Ich frage dich nicht noch einmal.
12
Banu lag auf der Couch in ihrem Wohnzimmer. Die Vorhänge waren zugezogen. Beim Anblick ihrer Freundin kamen Azime die Tränen. Doch Banu wollte nicht bemitleidet werden. »Beruhige dich! Sofort!«
Aber Azime ließ sich nicht beirren und bestand darauf, dass Banu ihr haarklein alles erzählte. Doch mit abgewandtem Kopf antwortete Banu nur, sie sei unglücklich gestolpert und mit dem Auge gegen ein Möbelstück gestoßen, das gleiche Möbelstück, vermutete Azime, das seit Urzeiten für die Verletzungen all derer herhalten musste, die den wahren Grund für ihre Nöte verbargen.
Zum Glück sei sie nicht zu hart aufgeprallt, und das geschwollene Auge werde bald wieder besser werden. Mit müder Stimme bat Banu ihre Freundin, ihr etwas Lustiges zu erzählen. »Bring mich zum Lachen. Ich brauche was zum
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