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funny girl

funny girl

Titel: funny girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony McCarten
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Lachen, auch wenn es weh tut.«
    »Sag erst, was passiert ist. Dann erzähle ich dir ’nen Witz.«
    »Erzähl mir eine alberne Geschichte. So richtig albern.«
    »Sprich mit mir!«
    »Pssst.« Sie seufzte. »Nicht so laut. Erzähl mir einfach etwas richtig Albernes.«
    »Sag mir, was wirklich passiert ist. Warum hat er das getan? Ich hasse ihn.«
    »Ich hab’s dir doch gesagt. Ich bin einfach nur unglücklich gestolpert.«
    »Du musst dich von ihm trennen. Ich bin hier, um dir zu helfen.«
    »Erzähl noch mal den Witz mit dem schwarzen Piloten. Wie war der doch gleich?«
    »Banu! Ich bin’s. Hal-lo. «
    Aber um Banu herum hatte sich eine Mauer aufgebaut, eine Mauer, die gerade hoch genug war, dass niemand, nicht einmal ihre beste Freundin, sie überwinden konnte. Banu schloss die Augen und war nicht bereit, sie wieder zu öffnen. Sie sei so müde, sagte sie. So unendlich müde. »Ich glaube, ich sollte jetzt lieber ein bisschen schlafen. Danke, dass du gekommen bist. Tut mir leid, Azi, aber ich muss jetzt wirklich schlafen. Okay?«
    »Ich kann dir helfen. Ich weiß doch, wie eifersüchtig er ist. Hast du ihm von deinem Frauenkränzchen erzählt? Ich weiß, dass er das verdächtig fand. Du hättest ihm einfach nur sagen sollen, dass du dich mit anderen Frauen triffst. Was hat er denn geglaubt? Dass du dich mit Männern triffst? Das ist es, stimmt’s? Sag es mir, Banu. Ich kann dir helfen.«
    »Mir helfen? Wie denn?«
    Azime wusste keine Antwort. Es gab eben kein einfaches Mittel gegen einen gewalttätigen, eifersüchtigen Ehemann, solange seine Frau ihn noch liebte und nichts unternahm, um ihn zu zwingen, sich zu ändern. Und wenn Banu nicht bereit war, mit Azime zu reden, ihr zu erzählen, was wirklich passiert war, dann war alle Mühe vergebens. Also stand Azime auf und ging; sie ließ keine Lösungen zurück, nur ein paar Weintrauben und Blumen und schon verblasste gute Absichten.
    Als sie wieder auf der Straße stand, war sie trotzdem zornig. Wie konnte Banu ihren Ehemann nur so in Schutz nehmen? Azime wusste, wohin sie jetzt gehen wollte.
    Mit dem Bus fuhr sie vorbei an der Harringdon Ladder, durch Finsbury Park, Highbury, Islington, bis nach Finsbury selbst. Die Burka übergezogen, so dass niemand sie erkennen konnte, stieg sie aus dem Bus und folgte der Wegbeschreibung, die sie auf ihrem Handy gespeichert hatte, bis sie schließlich das große Backsteingebäude fand.
    Die kopftuchtragende Mitarbeiterin der IKWRO , der Iranian and Kurdish Women’s Rights Organisation, nickte. Diese Frau aus guter Familie sagte in klinisch-kühlem Ton, sie verstehe Azimes Anliegen und werde ihre Nachfrage an eine Kollegin weiterleiten. Azime blieb allein in dem limonengrünen Zimmer; es war leer bis auf einen Fernseher auf Rollen und ein Plakat an der Wand, das fragte:
    Fühlen Sie sich
    – verloren, einsam, isoliert in Ihrer derzeitigen Situation und brauchen eine Ansprechpartnerin?
    – beunruhigt über Ihre Zukunft?
    – gefangen in Ihrer Beziehung?
    Wollen Sie
    – über Ihre früheren Erfahrungen Klarheit gewinnen?
    – herausfinden, wie Ihre früheren Erfahrungen Sie geprägt haben?
    Eine andere Mitarbeiterin betrat den Raum.
    Kamile war klein, elegant, zart gebaut und lächelte entspannt. Sie erklärte, sie habe seinerzeit mit dem toten Mädchen gesprochen, aber der Inhalt dieser Gespräche sei vertraulich, die Organisation habe strenge Grundsätze. Azime sei ein sehr schöner Name, sagte Kamile – sie kenne seine Bedeutung: ein Mensch, der für wichtige Dinge kämpfe.
    Kamile war Türkin. Sie erklärte, sie und ihre Kolleginnen führten ihre Beratungen in drei Sprachen durch, aber die Botschaft sei immer die gleiche: keine Toleranz bei Gewalt gegen Frauen. Von der Website wusste Azime, dass die Organisation sich mit Verbrechen aus Gründen der Ehre, Genitalverstümmelung, Zwangsheirat und emotionaler, sexueller und körperlicher Gewalt befasste. Diese Gruppe von streitbaren Frauen, die selbst große Risiken eingingen, hatte es sich zum Ziel gesetzt, einen Umdenkprozess bei ihren eigenen Leuten einzuleiten. Sie hatten schon Hunderten von Frauen in Not geholfen. Aber auch wenn die Existenz dieser Organisation ein noch so hoffnungsvolles Zeichen war, fand Azime die schiere Tatsache, dass es im 21.   Jahrhundert immer noch notwendig war, gegen Genitalverstümmelung und sexuelle Gewalt zu kämpfen, zutiefst bedrückend.
    Als Erstes erzählte Azime von ihrer Freundschaft mit dem toten Mädchen: von der gemeinsamen

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