Furien im Finstern
Ja, das muß Milbers gewesen sein. Sie sagten, er sei tot?«
»Ja.«
»Wie ist er gestorben?«
»Weiß ich nicht. Das Mädchen sagte mir nur, er sei gestorben. Aber aus ihren Worten schloß ich, daß es ziemlich plötzlich geschehen ist.«
Der Blinde nickte mit dem Kopf. »Er war in keiner guten Verfassung. Das Schlürfen seines rechten Fußes verstärkte sich immer mehr, besonders in den letzten vier oder sechs Wochen. Sie haben ihr erklärt, wieso Sie nach ihr gesucht haben?«
»Ja«, sagte Bertha. »Sie haben es mir nicht verboten, und ich nahm an, es wäre in Ordnung. Sie hat die ganze Zeit gedacht, ich würde eine Versicherungsgesellschaft vertreten und ihr eine Abfindung für den Autounfall anbieten. Also habe ich ihr erklärt, wie ich zu diesem Auftrag gekommen bin. Das war in Ordnung, nicht wahr?«
»In Ordnung. Bin ich Ihnen noch etwas schuldig?«
»Wir sind quitt«, sagte Bertha. »Sie haben mir hundert Dollar gegeben, und so hoch ist meine Rechnung. Unkosten hatte ich nicht.«
»Gut. Vielen Dank. Jetzt, wo Sie mich kennen, hoffe ich, daß Sie manchmal bei mir stehenbleiben und ein paar Worte mit mir wechseln. Ich vermisse Ihren Partner sehr. Sie haben nichts von ihm gehört?«
»Nein.«
»Ich würde es sehr zu schätzen wissen, wenn Sie mir Nachricht geben, falls er sich doch einmal meldet.«
»Werde ich tun. Also bis dann, alles Gute.«
Bertha ging die Straße hinunter bis zum Eingang ihres Bürogebäudes. Sie fuhr mit dem Aufzug hinauf und hörte schon von draußen
Elsie Brands Schreibmaschinengeklapper. »Tag, Elsie. Ich wollte gerade...«
Der lange Mann mit dem trüben Blick und der baumelnden Zigarette im Mundwinkel saß in einen Sessel geflegelt, die Füße übergeschlagen, Hände tief in den Hosentaschen. Er sah Bertha Cool unverschämt und taxierend an. »Na, wie ist es Ihnen so ergangen?«
»Was meinen Sie damit?«
»Sie wissen genau, was ich meine. Haben Sie den Auftrag erhalten, die Versicherungsgesellschaft auszuquetschen?«
»Aus dem Grunde bin ich nicht hingegangen«, sagte Bertha.
»Ich weiß, ich weiß. Na, was ist, kommt es zu unserem Geschäft?«
»Ich will etwas riskieren. Ich gebe Ihnen 75 Dollar auf die Hand für die fragliche Information.«
Er lachte nur.
»Das ist alles, was Sie kriegen«, sagte Bertha. »Ich müßte es aus meiner eigenen Tasche bezahlen. Sie hat mir keinen Auftrag gegeben, mich mit der Versicherung herumzuschlagen. Sie will ohnehin nicht auf eine Abfindung hinaus. Sie will nur die Arztrechnung und einen Ausgleich für die Zeit, die sie verloren hat. Sie schätzt das alles auf 75 Dollar.«
»Das will sie.«
»Allerdings.«
»Aber Sie, Mrs. Cool, werden ihr sicherlich ganz was anderes einreden.«
»Ich werde wohl kaum etwas damit zu tun haben.«
»Vielleicht möchte die Versicherung mein Notizbuch kaufen?«
»Möglich. Warum nicht? Warum versuchen Sie es nicht?«
»Am Ende tue ich es wirklich?«
»Wahrscheinlich haben Sie schon.«
»Nein, ich drehe keine krummen Dinger. Ich würde meine Aussage nie für irgend jemanden ändern. Deshalb bin ich auch nicht direkt zu dem Mädchen gegangen und habe mir meinen Anteil von ihr geben lassen. Irgendein Rechtsanwalt würde den Braten riechen und herausfinden, was ich gemacht habe. Und dann wäre der Teufel los für mich. Aber eine private, vertrauliche Abmachung mit Ihnen wäre etwas anderes. Wenn mich dann irgendein Großmaul anquatscht, ob ich von dem Kläger irgendwelches Geld angeboten bekommen habe, kann ich guten Gewissens antworten: >Nur das normale Zeugengeld.<«
Bertha lachte höhnisch. »75 Dollar«, verkündete sie, »ist das, was sie fordert. Und das ist genausoviel, wie ich Ihnen bieten kann. Soviel werde ich riskieren.«
»25 Prozent«, beharrte er.
»Ich sage Ihnen doch, daß es bis jetzt nicht einmal etwas gibt, von dem Sie einen Anteil bekommen könnten.«
»Vielleicht sieht die Sache später einmal besser aus.«
»Dann sagen Sie mir, wie ich mit Ihnen in Verbindung treten kann.«
Er grinste. »Sie können überhaupt nicht.« Damit schlenderte er aus dem Büro.
Bertha sah ihm finster nach. »Zum Teufel mit dem Kerl! Möchte ihn am liebsten eine knallen.«
»Warum tun Sie es nicht?« fragte Elsie Brand neugierig.
»Vielleicht muß ich mich auf sein Spielchen einlassen«, antwortete Bertha.
»Mit anderen Worten, Sie müssen sein Angebot annehmen?«
»Unter Umständen. Wenn ich kein besseres bekomme.«
»Warum?« fragte Elsie Brand. »Warum lassen Sie sich mit solchen
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