Furien im Finstern
Anschein erwecken sollte, Sie hätten doch etwas mitgenommen, dann haben Sie sich ohne Zweifel eines Verbrechens schuldig gemacht, und zwar des Einbruchdiebstahls. Dann allerdings müßten wir Sie als auf frischer Tat ertappt in Haft nehmen, bis wir von Ihnen eine überzeugende, umfassende und wahrheitsgemäße Aussage über das haben, was Sie nun tatsächlich vorhatten.«
»Das können Sie mit mir nicht machen«, sagte Bertha. »Sie können mich nicht...«
»Und ob ich kann«, erklärte Sellers freundlich. »Und ich werde es tun. Wenn Sie nichts aus dem Haus entfernt haben, werde ich Ihnen wohl keinen Diebstahl anhängen können, außer, wie Sie so zutreffend bemerkten, wenn ich beweisen kann, daß Sie mit der Absicht, einen Diebstahl zu begehen, das Haus betreten haben. Mir scheint, Sie haben genau das Gesetzbuch studiert, bevor Sie hierhergekommen sind.«
»Das habe ich nicht nötig.«
»Das ist eine Behauptung, die wir selbstverständlich ebenfalls noch untersuchen müssen, obwohl mir nicht klar ist, wie wir das Gegenteil beweisen sollen. Auf jeden Fall, Mrs. Cool, werde ich Sie jetzt in Haft nehmen, und ich nehme an, Sie als Kennerin der Rechtswissenschaften werden wissen, daß jeder Versuch, sich mir zu widersetzen, Widerstand gegen die Staatsgewalt wäre, und dieses Deliktes wollen Sie sich doch nicht auch noch schuldig machen, oder?«
Bertha Cool überlegte seine Worte, schaute Sergeant Sellers an und bemerkte, daß hinter seiner lächelnden Maske ein unerbittlicher Wille verborgen war. »Okay, Sie gewinnen«, gab sie nach.
»Wir werden Ihren Wagen genau da lassen, wo er jetzt steht«, sagte Sellers. »Ich möchte nicht, daß Sie zwischen hier und dem Hauptquartier etwas zur Seite schaffen. Und da die Töne der >Bluebells of Scotland< beweisen, daß Sie die Spieldose geöffnet haben, ist es ganz klar, daß das Objekt, das Sie daraus entwendeten, winzig klein und leicht zu verstecken sein muß. Also, Mrs. Cool, wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich Sie bitten, mit mir in das Zimmer zu gehen und die Spieldose zu holen. Ich möchte Sie im Auge behalten. Die Spieldose werden wir mit zum Hauptquartier nehmen.«
»Schon gut«, sagte Bertha Cool, »Sie haben mich ja in der Hand. Genießen Sie es nur schadenfroh. Freuen Sie sich!«
»Ich freue mich überhaupt nicht, Mrs. Cool. Nur eine kleine Formsache. Wenn Sie so lieb wären und vor mir hergingen und die Hände dabei so hielten, daß ich sie sehen kann. Ihre Taschenlampe ist nicht besonders hell. Ich glaube, Sie werden meine viel besser finden.«
Sergeant Sellers' starker Scheinwerfer blendete auf und wies den Weg ins Wohnzimmer.
27
Die Polizeibeamtin begleitete Bertha Cool zur Tür von Sergeant Sellers' Büro und klopfte.
Die »Bluebells of Scotland« klangen schwach durch die Tür.
»Herein!« rief Sellers.
»Hier rein, Schätzchen«, sagte die Beamtin zu Bertha Cool.
Bertha hielt auf der Türschwelle inne und drehte sich um. Die beiden kräftigen, energischen Frauen starrten sich gegenseitig an. »Okay, Schätzchen«, erwiderte Bertha.
»Was haben Sie gefunden?« erkundigte sich Sergeant Sellers.
»Nichts«, verkündete die Polizistin.
Sellers hob die Brauen. »Na, na, Mrs. Cool, Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß Sie nur wegen des Erlebnisses dorthin gefahren sind?«
»Sie vergessen Freddie«, sagte Bertha. »Haben Sie eine Zigarette für mich? Ihre Freundin hat meine Schachtel gemopst.«
»Oh, tut mir leid, ich habe die Zigaretten ganz vergessen«, entschuldigte sich die Polizistin. »Ich habe sie oben auf dem...«
»Schon gut, Herzchen. Behalten Sie sie mit meinen besten Wünschen«, schnappte Bertha.
Die Polizistin schien verlegen. »Sie hätten mich schon dort oben daran erinnern sollen, Mrs. Cool.«
»War mir nicht bekannt, daß ich das hätte tun sollen. Ich nahm an, es wäre eines dieser Sonderrechte der Polizei. Genauso, wie die Bullen immer Äpfel vom Obststand klauen dürfen.«
»Das wär's, Mrs. Bell«, unterbrach Sergeant Sellers.
Die Polizistin warf Bertha noch einen durchbohrenden Blick zu und verzog sich dann leise.
»Setzen Sie sich«, forderte Sellers Bertha auf. »Ach ja, Sie wollten eine Zigarette. Hier, bitte.«
Er öffnete ein neues Päckchen und bot Bertha eine Zigarette an. Dann zog er eine schwarze Zigarre aus der Westentasche, schnitt das Ende ab und steckte sie in den Mund, machte aber keine Anstalten, sie anzuzünden.
»Es muß etwas mit dieser Spieldose zu tun haben«, bemerkte
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