Furious love
an jenem ersten Tag am Set von Cleopatra die Tasse an die Lippen geführt hatte, weil seine Hände damals schon so zitterten. »Ich bin im Moment wirklich verzweifelt. Wenn wir uns nicht mehr verstehen, oder, schlimmer noch, nicht mehr ausstehen können, gehen wir wohl bald getrennte Wege …« Ref 497
Unter der Treppe kam im August in die Kinos. Die Kritiken waren gemischt. Charles Dyer hatte das Drehbuch nach seinem beliebten Stück selbst geschrieben, einige Kritiker bemängelten jedoch, der Stoff sei »etwas
entschärft worden, um ihn für das Kinopublikum leichter verdaulich zu machen«. Variety hingegen lobte sowohl Rex Harrisons als auch Richard Burtons »Mut, riskante Rollen zu spielen« und bescheinigte ihnen, darin zu »triumphieren«. Unter der Treppe und Brandung waren Burton wichtig, er hielt sie für gute Filme. Das Publikum war jedoch anderer Meinung. Ihm gefiel es offenbar nicht, dass zwei so maskuline Schauspieler Schwule darstellten. Folglich floppte der Film an den Kinokassen. Agenten sterben einsam war eher etwas für den Mainstream gewesen – der Film eroberte das Publikum bekanntlich im Sturm und spielte zwanzig Millionen Dollar und damit mehr als jeder andere Film in diesem Jahr ein. Nun wartete Burton auf das Urteil über Königin für tausend Tage . Der Dreh hatte ihm keinen Spaß gemacht, aber in dem Film steckte das Potenzial, ein ebensolcher Erfolg an den Kassen und in den Kritiken zu werden wie Der Widerspenstigen Zähmung . Insgeheim hoffte Burton auf einen Blockbuster, denn er musste einige »Ringe und Reifröcke und andere Dinge« bezahlen. Ref 498 Ref 499 Ref 500
Im September kehrten die Burtons zurück nach Gstaad. Elizabeth erstand als Geschenk für Richard die letzten von eintausend Bänden der Everyman’s Library. Richard hatte mit zwölf, also noch in Pontrhydyfen, begonnen, diese Bücher zu lesen, und nach und nach die Sammlung vervollständigt, in Port Talbot, London, Céligny und während seiner Ausbildungszeit in Oxford (während der er sie in Foyle’s Bookstore an der Londoner Charing Cross Road hatte mitgehen lassen). Die tausend »nummerierten, glänzenden« Bände wurden nach Gstaad gebracht, liebevoll ausgepackt und eingeräumt. »Ich werde mein ganzes Leben lang an diesen Regalen entlangstreifen. Sie werden eine ganze Wand einnehmen … eine fantastische Präsenzbibliothek, deren Inhalt in meinem Kopf verzeichnet ist.« Für einen Mann, der das geschriebene Wort so schätzte wie Richard Burton, war es das perfekte Geschenk. Ref 501
Sie überlegten, Ifor für einen längeren Besuch aus der Klinik in ihr Chalet zu holen und besprachen mit Dr. Rossier, der die Station für Querschnittsgelähmte leitete, welche Art von Bett und sonstige Spezialausstattung
sie für ihn bräuchten. Ohne dass Richard und Elizabeth davon erfuhren, hatte Ifor vor einiger Zeit im Schlaf einen Schlaganfall erlitten und als die Krankenpfleger am Morgen nach Ifor sahen, entdeckten sie, dass er nun auch das Letzte verloren hatte, was ihm noch geblieben war: seine schöne walisische Stimme. Gwen Jenkins hatte den Burtons diesen Rückschlag verheimlicht.
Ifors Unglück würde Richard nie loslassen. »Ohne diesen einen Fehltritt im Dunkeln in Céligny wäre er bestimmt neunzig geworden«, schrieb er trübselig in sein Tagebuch. Und wieder ließ er seine Verzweiflung über Ifors Zustand an Elizabeth aus, der Frau an seiner Seite, der Person, die ihm nahestand wie keine andere, für ihn da war und ihn am ehesten nach dem furchtbaren Schlag von Ifors Lähmung auffangen konnte. Ref 502
Nach einem ihrer Besuche bei Dr. Rossier gingen die Burtons am frühen Abend in ein italienisches Restaurant. Burton erinnerte sich an »langes Schweigen und tödliche Beleidigungen« und daran, wie Elizabeth versuchte, seine Laune zu verbessern. Obwohl sie wusste, dass Richard »gehässiger Stimmung war«, reichte sie ihm quer über den Tisch die Hand.
»Komm, Richard, nimm meine Hand.« Ref 503
»Ich will deine Hände nicht anfassen. Sie sind groß, hässlich, rot und männlich«, antwortete er boshaft. Elizabeth zog ihre mit Juwelen geschmückte Hand zurück.
Richard selbst war fassungslos, entsetzt über seine Gemeinheit. Reumütig schrieb er in sein Tagebuch: »Was zum Teufel ist los mit mir? Ich liebe Milady mehr als mein Leben … und eines Tages wird es zu spät sein.« Ref 504
Doch Elizabeth, der Bitterkeit nie lange anhaftete, nutzte die Kränkung zu ihrem Vorteil und erwartete nun von Richard, dass er
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