Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Furor

Furor

Titel: Furor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
Vom Netzwerk:
plötzlich.
    Hobbes stutzte und schaute ihn irritiert von der Seite an.
    »Wie kommst du denn darauf!?«, fragte er. Sebastian wurde jetzt erst bewusst, dass er tatsächlich nicht auf die Idee gekommenwäre, Robert oder Mato diese Frage zu stellen. Wieso fand er sie bei Hobbes nicht so abwegig?
    »Und was wäre, wenn ich die Frage mit Ja beantworten würde?«, fragte der jetzt.
    »Ach, vergiss es. War bloß so eine Idee.«
    Hobbes’ Bahn fuhr ein und hielt mit quietschenden Bremsen.
    »Also, wenn dir die Idee noch einmal kommt, dann frag’ mich einfach wieder.« Hobbes drängte sich durch die aussteigenden Passagiere in den Wagen.
    Sebastian fuhr bis zum Marienplatz, dann mit der S-Bahn zum Gasteig. In der Stadtbibliothek wollte er nach dem ›Narrenschiff‹ und den ›Eulenspiegel‹-Büchern suchen.
    Die Bibliothek empfing Sebastian kalt und abweisend. Das Personal hinter den Computer-Terminals in der Eingangshalle fertigte die Besucher ab wie an der Supermarktkasse. Sebastian beeilte sich, die Standorte seiner Bücher zu recherchieren. Alle drei Exemplare des ›Narrenschiffs‹ waren ausgeliehen.
    Das Buch von de Coster fand er unter den Klassikern. Es hieß ›Thyl Ulenspiegel. Die Legende und die heldenhaften, fröhlichen und ruhmreichen Abenteuer von Ulenspiegel und Lamme Goedzak im flandrischen Lande und anderswo‹. Charles de Costers Roman war 1867 erschienen, und Sebastian fand schnell heraus, dass es ganz sicher nicht das war, was er suchte.
    Neben dem Roman entdeckte Sebastian drei Taschenbücher, die ebenfalls den Titel ›Till Eulenspiegel‹ trugen. Ihren Einband zierte ein Holzstich, der einen Mann auf einem Pferd zeigte. In den beiden hoch erhobenen Händen hielt der Kerl eine Eule und einen Spiegel. Wie sinnig, dachte Sebastian. Wie man der Einleitung entnehmen konnte, war der Autor dieses ursprünglichen Eulenspiegels wahrscheinlich ein gewisserHermann Bote, der wiederum ältere Geschichten gesammelt und aufgeschrieben hatte, die damals in Deutschland kursierten. Allerdings, so hieß es, war man sich der Autorschaft nicht ganz sicher. Das Buch war damals anonym erschienen. Fünfhundert Jahre später kam dann jemand auf die Idee, Bote könnte dieser Autor gewesen sein. Die Anfangsbuchstaben der letzten sechs Geschichten ergaben einen Namen: ERMANNB, ein Akrostichon. Nun, soweit Sebastian seinen Vater kannte, hätte der ein Original – in diesem Falle Bote – auf jeden Fall einer Variation – also de Coster – vorgezogen. Trotzdem nahm er beide Bücher mit.
    In einem Antiquariat in Schwabing fand Sebastian schließlich auch den Brant: eine kleinformatige, ziemlich schäbige Ausgabe, dafür aber schön billig.
    Ein paar Straßen weiter setzte er sich in ein Café, bestellte einen Käsekuchen und nahm sich das Buch vor. Das Titelbild zeigte einen mit Narren beladenen Pferdewagen, darunter ein Schiff, ebenfalls voll mit Narren, wie an ihren Kappen mit Eselsohren zu erkennen war. Die Szene war mit ›Ad Narragoniam‹, zum Narrenland, überschrieben. Ein Narr war namentlich als »Doctor Griff« gekennzeichnet. Ein Narr als Doktor. Ein Doktor als Narr? Konnte das mit dem Passwort-Rätsel zusammenhängen?
    Die Sprüche, mit denen das Buch gefüllt war, gefielen Sebastian. Wiewohl Terentius saget, daß / Wer Wahrheit ausspricht, erntet Hass. Großartig! Dieses Buch würde einen Ehrenplatz im Regal erhalten, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass es ihn auf der Suche nach dem Passwort nicht weiterbringen würde. Dann blätterte er den de Coster durch. Doch auch der schien nicht sonderlich vielversprechend. Das Interessanteste war noch ein Rezept für eine Hexensalbe.
    Die Bilder, die die einzelnen Historien in Hermann Botes ›Eulenspiegel‹ illustrierten, ähnelten den Abbildungen im ›Narrenschiff‹.Der erste Stich, den Sebastian zufällig aufschlug, zeigte einen Mann, der neben eine Wanne kackte. Saubere Lektüre, dachte Sebastian, aber die werde ich mir später zu Gemüte führen.

20. April, Vormittag
    Sebastian hatte sich vorgenommen, noch ein wenig am PC seines Vaters herumzuspielen, in der Hoffnung, sich nicht wieder zum Narren zu machen. Als er durch die Gänge des Instituts lief, wäre er fast mit einem älteren Mann zusammengestoßen. Überrascht sah er auf.
    »Wallroth! Bist du wieder da!«
    Der Mann umarmte ihn und drückte ihn an die Brust. Sebastian fühlte sich mit einem Mal unglaublich erleichtert. Endlich war Wallroth aus den USA zurück.
    »Wie geht es dir?«, fragte der

Weitere Kostenlose Bücher