Fußballfieber
Autokennzeichen verrieten, dass einige von ihnen sogar bis aus San Francisco angereist waren. Es dauerte daher auch eine halbe Ewigkeit, bis Justus und Bob endlich ihre Tickets abgerissen bekamen. Danach wurden sie noch von der Security durchgecheckt und gerade noch rechtzeitig, bevor ein kleiner Schauer über dem Stadion herniederging, erreichten sie ihre beiden Sitzplätze hoch oben unter dem Dach der Haupttribüne. Vom Vorprogramm bekamen sie allerdings nichts mehr mit. Die letzten Cheerleader stellten sich gerade am Rand des Spielfelds auf und erwarteten wie der Rest des Publikums die Mannschaften.
Peter hatte währenddessen ganz andere Probleme. Als er die Kabine betrat, war seine Mannschaft bereits vollzählig versammelt und umgezogen. Sein Trainer Jason Bridges, auch sonst nicht der Gelassenste, empfing ihn mit einem ordentlichen Rüffel und trieb ihn dann förmlich in sein Trikot und seine Schuhe hinein. Es folgte eine kurze Mannschaftsbesprechung und zum Abschluss ihr Einschwörungsritual auf das Spiel: Die Spieler und Bridges bildeten einen Kreis, jeder streckte eine Hand in die Mitte und dann riefen sie alle zusammen: »Einer für alle und alle für einen!« Diesen Spruch hatte Hank, ihr Torwart, mal in einem Musketier-Film aufgeschnappt.
Dann endlich war es so weit. Es ging raus ins Stadion! Bridges machte die Tür auf und stellte sich in den Durchgang. Ein Spieler nach dem anderen schlüpfte an ihm vorbei, bekam von ihm noch einen aufmunternden Klaps auf die Schulter und lief dann hinaus auf den Gang.
Peter, der als einer der Letzten die Kabine verließ, trippelte aufgeregt wie ein Rennpferd vor dem Start auf der Stelle und blickte über seine Vordermänner hinweg zur Tür hinaus. Plötzlich öffnete sich auf der gegenüberliegenden Seite des dunklen Korridors eine weitere Tür, in deren Öffnung die schattenhafte Umrisse einiger Jungen auftauchten. Die gegnerische Mannschaft war auch so weit! Sie würden gleichzeitig ins Stadion laufen!
Zwei Mannschaftskameraden drückten sich noch an Bridges vorbei, dann stand Peter neben ihm in der Tür.
»Und vergiss deine Aufgaben in der Deckung nicht!«, trichterte ihm der Trainer ein. »Du musst mit nach hinten arbeiten, klar?«
»Klar, Trainer!«
»Dann mal los. Zeig´s ihnen!«
Peter versuchte grimmig zu nicken, holte sich den obligatorischen Schlag vom Trainer ab und ging hinaus auf den Gang. Die Tritte seiner Stollenschuhe hallten hart und kalt von den nackten Betonwänden wieder. Peter sah für einen Moment nach unten. Jetzt nur nicht über die eigenen Füße stolpern! Der Boden hier unten war verdammt glatt. Als er wieder aufsah, warf er einen kurzen Blick hinüber zur gegnerischen Kabine, aus der eben die ersten Spieler traten.
Doch was er da erblickte, ließ ihn vor Überraschung förmlich erstarren.
»D…du? Du hier?«
Peter konnte kaum glauben, wen er da sah, und riss völlig verblüfft die Augen auf. Denn einer der Spieler der anderen Mannschaft war – Emiliano!
»Hey, Peter!«, flüsterte ihm da Hank ins Ohr, der eben hinter ihm vorbeiging. »Du kennst El Torbellino? Das ist ja ‘n Ding!«
Peter hatte das Gefühl, als hätte man ihm mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. »Wa…was? Das ist … ? Aber ich verstehe … Emiliano?« Entgeisterter als Peter konnte man nicht mehr dreinsehen.
»Hallo Peter.« Emiliano hob leicht die Hand und lächelte Peter zu. Aber es war ein müdes Lächeln und irgendwie auch ein trauriges. Und im Gegensatz zum Zweiten Detektiv wirkte Emiliano auch nicht überrascht, in keinster Weise. Er nahm Peter kaum wahr, übersah ihn beinahe.
Dabei hat er doch auch nicht gewusst, dass Peter in der gegnerischen Mannschaft spielt. Oder doch? Und wenn ja, warum interessierte es ihn dann nicht?
Diese Gedanken rasten jedoch nur verschwommen durch Peters Hirn. Emiliano war El Torbellino, der sagenumwobene El Torbellino, vor dem Peter schon seit Wochen zitterte, der ihm nächtelang den Schlaf geraubt hatte und gegen den er in seinen imaginären Zweikämpfen immer wieder angetreten war! Es war einfach unfassbar!
»Komm jetzt, Peter! Was stehst du denn hier rum?« Bridges stieß Peter an und scheuchte ihn vor sich her. »Raus jetzt mit dir!«
»Ja … aber … Emi–«
»Jetzt mach schon!«
Und bevor sich’s Peter versah, stolperte er Richtung Stadionausgang. Er blickte noch einmal zurück über die Schulter, aber Emiliano schaute nicht zu ihm her. Er stierte stattdessen zu Boden, lief ganz langsam und
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