Fußballschule am Meer Bd. 3 - Im Alleingang
ihm gerade sehr deutlich vor Augen geführt. Er verstand immer noch nicht, warum es plötzlich ein Verbrechen sein sollte, sich ein Trainingsspiel nicht bis zum Ende anzuschauen. Wenn das überhaupt für jemanden ein Anlass war, sich zu ärgern, dann galt das ja wohl vor allem für ihn selbst. Schließlich hatte er sich dadurch der Chance beraubt, doch noch mitspielen zu dürfen!
Doch die anderen sahen das offensichtlich ganz anders. Sie fanden es falsch, dass er während des Spiels gegangen war, und das ließen sie ihn nun spüren, indem sie ihn ignorierten. Für Finn war das die schlimmste Strafe überhaupt, denn er fühlte sich sofort an früher erinnert, an sein ehemaliges Zuhause bei seinem Vater, seiner Mutter und Mats und Marie, den Zwillingen. Dort hatte er sich auch immer ausgegrenzt gefühlt, als ob er nicht zur Familie dazugehörte. Genau davor war er indie Fußballschule am Meer geflüchtet! Sollte das alles jetzt etwa wieder von vorn losgehen?!
Finn kämpfte mit den Tränen. Er wollte den anderen nicht zeigen, wie sehr sie ihn getroffen hatten. Also beugte er sich tief über seinen Teller und stopfte alles in sich hinein, was er in die Finger bekam!
«Gesund ist das aber nicht», sagte die Oma in Rosa.
«Bei dem ist einiges nicht gesund!», sagte Filip mit einer fast schon gehässigen Stimme.
Finn schob sich den letzten Bissen in den Mund und griff sofort nach dem Löffel, um seinen Teller ein weiteres Mal zu füllen.
Die Oma in Rosa legte ihre Hand auf seine und hielt sie fest.
«Ist gut, mein Junge», sagte sie leise. «Was auch immer geschehen ist – es wird alles wieder gut. Hast du verstanden?»
Finn nickte kaum merklich. Die Hand der alten Frau fühlte sich merkwürdig an. Ganz kalt, rau und irgendwie – knöchern. Sie sah auch nicht schön aus. Die Haut wirkte unnatürlich, wie von einer Puppe aus dem Wachsfigurenkabinett, und war von dunklen Flecken übersät. Trotzdem hätte Finn in diesem Augenblick mit niemandem auf der Welt seinen Platz getauscht, noch nicht einmal mit Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi. Denn die Oma in Rosa strahlte etwas aus, was es für kein Geld der Welt zu kaufen gab: innere Ruhe und Geborgenheit!
Finn fühlte sich auf einmal sehr wohl an ihrer Seite, und obwohl seine Probleme kein bisschen kleiner geworden waren, wogen sie plötzlich nicht mehr so schwer wie noch wenige Augenblicke zuvor. Er atmete tief ein und stöhnte leise und zufrieden, als er wieder ausatmete.
«Besser?», fragte die alte Frau.
«Ja», sagte Finn und hatte auf einmal das Bedürfnis, von ihr in den Arm genommen zu werden. Wenn die anderen nicht gewesen wären, hätte er sich ihr wahrscheinlich an den Hals geworfen und sich ausgeheult. Doch die anderen waren dabei, und deshalb ließ er es lieber bleiben.
«Falls du mal jemanden zum Reden brauchst – ich habe Zeit, viel Zeit», sagte die Oma in Rosa ein paar Minuten später zu Finn, als sich die alten Gäste nach einer weiteren Rede von Herrn Petersen von ihren jungenGastgebern verabschiedeten, in ihren Bus stiegen und wieder zurück in ihr Seniorenheim fuhren.
«Wow, Finn, war das deine neue Freundin?», sagte Dennis höhnisch, als er auf dem Weg zum Ausgang am Tisch der «Pappnasen» vorbeiging. «Wann werdet ihr euch wiedersehen?»
Erstaunlicherweise fiel keiner der anderen in seine gemeine Lache mit ein. Ganz im Gegenteil – sie verteidigten Finn sogar!
«Halt die Klappe, Dennis», zischte Brit.
«Finn kann ja wohl befreundet sein, mit wem er will», sagte Charly, und Luca drohte: «Noch ein Wort, Dennis, und ich lass dich so alt aussehen, dass du in dem Seniorenheim das Präsidentenzimmer bekommst!»
Der Spruch war richtig gut, doch Dennis ließ sich davon nicht beeindrucken.
«Ihr habt ja keine Ahnung», sagte er geheimnisvoll und verließ mit einem diabolischen Grinsen den Speisesaal.
«So ein Idiot!», sagte Dani.
«Lange mache ich das mit dem nicht mehr mit!», drohte Brit – und Finn war sehr froh, dass er nicht erst lange Rätsel raten musste, wen die beiden damit meinten. Überhaupt schien sich die Stimmung ihm gegenüber geändert zu haben. Die anderen liebten ihn immer noch nicht unbedingt, aber sie waren ihm ganz offensichtlich auch nicht mehr richtig böse.
Finn wollte diese Gelegenheit nutzen. Der tolle Spruch war ihm zwar nicht wieder eingefallen, aber vielleichtwar es im Moment sowieso besser, nicht allzu viele Sprüche zu machen.
«Es tut mir leid», sagte er deshalb in die Runde, ohne jemanden direkt
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