Fußballschule am Meer Bd. 3 - Im Alleingang
konzentrieren.»
Luca schaute ihn entsetzt an.
«Ich glaube, du hast zu viel Badewasser geschluckt», sagte er dann und ging an Finn vorbei zur Tür. «Beeil dich, es gibt gleich Abendessen, und heute kommen die alten Leute.»
«Welche alten Leute?», fragte Finn.
«Der Besuch aus dem Altenstift», sagte Luca. «Hast du das etwa auch vergessen?»
«Nein», sagte Finn zögernd. «Das habe ich überhaupt noch nicht gewusst.»
Luca sah ihn zweifelnd an, dann schüttelte er den Kopf und verzog sein Gesicht zu einem flüchtigen Lächeln.
«Spinner», sagte er und öffnete die Tür. «Beeil dich, ich halte dir einen Platz frei.»
«Okay», sagte Finn – und er beeilte sich tatsächlich! Luca hatte kaum die Tür hinter sich geschlossen, da spurtete Finn auch schon zur Schultasche seines Mitbewohners und durchsuchte sie nach dem Hausaufgabenheft! Er wollte immer noch nicht von Luca abschreiben, sondern nur nachschauen, ob das Heft noch da war. Warum, das wusste Finn selbst nicht so genau. Vielleicht hätte es ihn einfach nur beruhigt, wenn das Heft noch da gewesen wäre.
War es aber nicht!
Finn durchwühlte die Schultasche mindestens drei Mal, von oben nach unten und von hinten nach vorn, und von Mal zu Mal wurde er nervöser. Es fehlte nicht viel, und er hätte die Tasche auch noch auf den Kopf gestellt und komplett auf dem Fußboden ausgeleert! DasChaos, das dabei entstanden wäre, hätte er Luca niemals erklären können. Zum Glück konnte Finn sich gerade noch beherrschen.
Aber auch so war er sich nicht sicher, ob er in Lucas Schultasche nicht viel zu viel durcheinandergebracht hatte. Doch das Risiko musste er wohl oder übel eingehen. Viel schwerer wog sowieso, dass das Hausaufgabenheft verschwunden blieb. Finn war zwar nicht besonders gut im Nachdenken, aber selbst ihm wurde schnell klar, dass er in der Klemme steckte. Wenn Luca selbst das Heft aus der Tasche genommen hatte, konnte das eigentlich nichts anderes bedeuten, als dass sein Freund und Bruder ihm misstraute. Und wenn es ein anderer gewesen war, würde Luca damit beginnen, ihm zu misstrauen, wenn er den Verlust bemerkt hatte. Spätestens also am nächsten Morgen in der Schule. Denn wer außer Finn hätte die Gelegenheit und vor allem ein Motiv gehabt, das Hausaufgabenheft an sich zu nehmen?!
Finn zitterte, als ob er heftig frieren würde. Er sah an sich herunter und stellte fest, dass er immer noch die nassen Badesachen trug. Also zog er sich aus, ging ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Doch das Zittern hörte nicht auf, selbst als er das heiße Wasser bis zum Anschlag aufdrehte. Finn trocknete sich ab, hängte das Handtuch auf die Halterung und nahm die Bürste, um seine Haare zu bearbeiten. Als er dabei in den Spiegel schaute und sich selbst in die Augen sah, wusste er plötzlich, warum er so sehr zitterte: Er hatte Angst! Er fürchtete, dass alle ihn mit dem Verschwinden des Hausaufgabenheftesin Verbindung bringen und als Dieb und Betrüger aus der Fußballschule am Meer jagen könnten! Auch wenn nicht immer alles in der Schlossschule oder beim Training optimal war – so glücklich wie in Norderdünersiel hatte Finn sich noch nie zuvor in seinem Leben gefühlt. Deshalb musste er dringend dafür sorgen, dass die anderen gar nicht erst auf den Gedanken kamen, er könnte Lucas Heft genommen haben!
Wie er das anstellen sollte, wusste Finn noch nicht. Aber er hatte ein ehrgeiziges Ziel, und es war nicht viel Zeit, um es zu erreichen. Es konnte also bestimmt nicht schaden, wenn er sofort damit begann.
Als Erstes wollte Finn seine Freunde und Mitspieler davon überzeugen, dass sie ein vollkommen falsches Bild von ihm hatten. Also zog er sich an und legte sich auf dem Weg in den Speisesaal einen Satz zurecht, mit dem er erklären konnte, warum er sich in der zweiten Halbzeit das Spiel nicht mehr angesehen hatte.
Es war ein guter Satz, mit dem Finn die anderen «Pappnasen» vielleicht schon überzeugt hätte. Doch er kam gar nicht dazu, sich zu erklären. Im Speisesaal steppte nämlich der Bär …
Finn kam spät zum Abendessen, aber nicht zu spät. Er verpasste nur die Begrüßungsrede von Herrn Petersen – wobei Finn ziemlich sicher war, dass er dabei nicht wirklich etwas verpasste! Der sehr große und vor allem dicke Präsident des FC Norderdünen hatte nämlich eine ungewöhnlich hohe und dünne Stimme. Niemand konnte ihm länger als eine Minute zuhören, ohne sich ein Lachen verkneifen zu müssen oder unauffällig nach
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