Fußballschule am Meer Bd. 3 - Im Alleingang
Ohrenstöpseln zu suchen.
Die Reden von Dennis’ Onkel waren also eher anstrengend, und Finn war froh, dass er nur noch die letzten Sätze überstehen musste, und das auch noch vor der verschlossenen Tür, wo er sich ungestraft über Herrn Petersens ungewöhnliche Stimme amüsieren konnte. Andererseits verstand Finn wegen der geschlossenen Tür aber auch nicht, was der Vereinspräsident Wichtiges mitzuteilen hatte.
Immerhin bekam er das Ende der Rede mit. Als Herr Petersen so etwas sagte wie «Allerseits guten Appetit!» und daraufhin Applaus aufbrandete, drückte er die Klinke und betrat den Speisesaal, den er beinahe nicht wiedererkannt hätte! Und das lag nicht nur an den schneeweißen Decken, die auf den Tischen lagen, oderan den beiden riesigen Flachbildschirmen an den Stirnseiten des Saales, auf denen ausnahmsweise mal keine Sportsendungen liefen. Finn hätte gewettet, dass man die Geräte überhaupt nicht ausschalten konnte, aber anscheinend hatte doch jemand den richtigen Knopf gefunden.
Noch auffälliger waren die vielen Gäste, die den Speisesaal bevölkerten. Wo sonst die Fußballschüler frühstückten, das Mittagessen oder das Abendbrot in sich hineinschlangen, saßen jede Menge alte Menschen, die jedoch ganz anders drauf waren, als Finn das für möglich gehalten hätte. Trotz der vielen Gehhilfen, die an beinahe jedem Tisch standen, wirkten die Alten absolut nicht bewegungsunfähig! Sie sahen auch nicht traurig, verwirrt oder einsam aus, ganz im Gegenteil – sie lachten und waren fröhlich, und Finn hätte sich nicht gewundert, wenn plötzlich alle aufgesprungen wären und angefangen hätten, um die Tische herumzutanzen!
Finn schaute sich nach den anderen «Pappnasen» um und entdeckte sie an ihrem üblichen Stammtisch. Wie versprochen hatten sie einen Platz für ihn frei gehalten, allerdings nicht neben Luca, sondern zwischen Brit und einer alten Frau, die offenbar extra für den Besuch in der Fußballschule den Kleiderschrank ihrer Enkelin geplündert hatte. Sie war von oben bis unten in Rosa gekleidet, einschließlich ihrer Schuhe und Socken!
Wahrscheinlich ist auch noch ihre Unterhose rosa, dachte Finn und machte sich auf den Weg quer durch den Saal zum «Pappnasen»-Tisch. Nicht, um seine Vermutungzu überprüfen. Sein Interesse an der Unterhose der Frau war extrem gering. Nein, Finn hatte Hunger, und er wollte endlich damit beginnen, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Allerdings hatte er den tollen Satz, der ihm unterwegs eingefallen war, inzwischen schon wieder vergessen. Aber das machte gar nichts, denn während des Abendessens hatte er sowieso keine Chance, in Ruhe mit den anderen zu reden. Die Alten hatten das Wort, und sie hatten jede Menge zu erzählen.
«Du bist also der Finn», sagte die Oma in Rosa, bevor Finn auch nur «Guten Abend» sagen konnte. Dann schaute sie wieder in die Runde und erzählte einen «etwas versauten» Witz, wie sie selbst ankündigte.
Finn beugte sich zu Brit hinüber.
«Was ist denn hier los?», fragte er und versuchte dabei, ebenso fröhlich zu klingen wie die Leute um ihn herum. Doch offenbar war sie immer noch böse auf ihn.
«Luca hat schon erzählt, dass du diesen Abend auch vergessen hast», sagte sie mit einem sehr zickigen Unterton in der Stimme. Dann schaute sie demonstrativ an ihm vorbei, und Finn machte sich über das Essen her. Er futterte viel mehr, als eigentlich in seinen Magen passte, nur damit die anderen nicht mitbekamen, dass er als Einziger am Tisch die ganze Zeit nichts sagte. Selbst Josh antwortete einmal mit drei langen Sätzen auf die Frage eines älteren Herrn, der wie ein früherer Kapitän gekleidet war. Drei lange Antwortsätze. So viel redete Josh sonst in einer ganzen Woche nicht!
Obwohl Finn sich fast ausschließlich mit dem Essenbeschäftigte und sich dabei Mühe gab, möglichst fröhlich auszusehen, bekamen sogar die Alten mit, dass an ihrem Tisch irgendetwas nicht stimmte. Vor allem die Oma in Rosa versuchte immer wieder, Finn in die Unterhaltungen mit einzubeziehen, doch niemand ging darauf ein. Luca hatte ganz offensichtlich nicht übertrieben. Die anderen «Pappnasen» schienen tatsächlich sehr enttäuscht von Finn zu sein. Ihm war klar, dass es nicht leicht werden würde, sie dazu zu bringen, ihm zu verzeihen – und vor allem dafür zu sorgen, dass er nicht automatisch unter Verdacht geriet, wenn Luca den Verlust seines Hausaufgabenheftes bemerkte.
Wie wichtig es war, dass ihm das möglichst bald gelang, wurde
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