Fußballschule am Meer Bd. 4 - Volles Risiko
los. Im Höchsttempo jagte er mit Luca im Rollstuhl durch die Gänge! Es war ein Wunder, dass er gegen keine einzige Wand fuhr, den Rollstuhl nicht umkippte oder jemand anderen rammte. Nur die Schwester in der Anmeldung bedachte die beiden mit einem mahnenden Blick.
Finn bremste sofort ab. Luca erhob sich aus dem Rollstuhl und schob ihn eine Ecke neben dem Ausgang, wo schon ein paar andere standen.
«Kommst du?», rief er.
Finn zögerte. Er musste wieder an Oma Möller denken. Wahrscheinlich war sie am Montag auch in dieses Krankenhaus gebracht worden. Viel mehr Möglichkeiten gab es an der Küste nicht. Wenn Finn erfahren wollte, wie es ihr ging, dann war er hier genau richtig. Er fuhr sich durch die Haare, setzte sein nettestes Lächeln auf und ging zur Anmeldung.
«Ja?»
«Hallo», sagte Finn. Er suchte nach den richtigen Worten, um nicht wie am Telefon sofort abgewimmelt zu werden. «Ich suche meine Oma.»
«Sie ist hier Patientin?», fragte die Schwester undschaute auf den Computerbildschirm. «Wie heißt deine Oma denn?»
«Möller», sagte Finn. «Magdalena Möller.»
Die Schwester tippte den Namen ein und schüttelte den Kopf.
«Tut mir leid, ich darf dir keine Auskunft geben.»
«Aber … ich bin ihr Enkel!»
«Bist du nicht», sagte die Schwester. «Hier steht, dass Frau Möller keine Verwandten hatte.»
«Doch, ich schwör, ich bin …» Finn stutzte. «Haben Sie eben ‹hatte› gesagt?»
Die Schwester biss sich verlegen auf die Lippen.
«Sie haben eben ‹hatte› gesagt. Was bedeutet das? Ist … ist sie …?!»
«Es tut mir wirklich leid, aber ich darf dir nichts sagen!»
Plötzlich stand Manni Brenneisen neben Finn.
«Ich weiß, Sie haben Ihre Vorschriften», sagte er zu der Schwester. «Aber vielleicht können Sie in diesem Fall einmal eine Ausnahme machen? Sehen Sie, das Altenstift ‹Nordseeblick›, in dem Frau Möller wohnt, ist Sozialpartner der Fußballschule in Norderdünersiel. Einige unserer Bewohner kümmern sich um die alten Leute, unterhalten sich mit ihnen, kaufen für sie ein. Finn besucht seit einiger Zeit Frau Möller, und die beiden sind dabei tatsächlich so etwas wie Großmutter und Enkel füreinander geworden. Da ist es doch verständlich, dass Finn jetzt wissen möchte, wie es seiner ‹Oma› geht. Oder?»
Die Krankenschwester zögerte.
«Bitte», sagte Finn. «Ich war am Montag dabei, als sie mit dem Krankenwagen abgeholt wurde. Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört!»
Die Krankenschwester sah ihn an, dann nickte sie.
«Also gut, ausnahmsweise», sagte sie. «Ich habe aber keine guten Nachrichten für dich. Frau Möller ist gestern Abend verstorben. Sie ist ganz ruhig eingeschlafen, falls das ein Trost für dich ist.»
Finn schluckte. Wie konnte das ein Trost sein? Tot ist tot!
«War sie allein, als sie gestorben ist?»
«Nein», sagte die Schwester. «Ein Herr war bei ihr. Ein gewisser Professor Hellroth. Kennst du ihn?»
Finn nickte, bedankte sich bei der Schwester und verließ mit Manni die Notaufnahme. Sie gingen zum Parkplatz, wo Luca bereits am alten V W-Bus auf sie wartete. Er spürte sofort, dass etwas Schlimmes passiert war.
«Oma Möller ist tot», sagte Finn. Dann stieg er in den Bus, setzte sich auf die mittlere Bank und schnupperte. «Wonach riecht es denn hier?»
«Hähnchen und Pommes.» Manni zuckte verlegen mit den Schultern. «Ausnahmsweise. Ich dachte, dass ihr inzwischen vielleicht Hunger hättet. Ich konnte ja nicht ahnen …»
«Also – ich könnte tatsächlich etwas vertragen», meinte Luca und sah Finn entschuldigend an. «Ist es okay, wenn ich jetzt was esse?»
Finn nickte.
«Klar», sagte er. Sein Magen knurrte ebenfalls. Am liebsten hätte er sich auch über die Pommes und das halbe Hähnchen hergemacht. Aber er wusste nicht, ob das richtig war. Es war noch nie jemand gestorben, den er gekannt hatte, und er hatte keine Ahnung, wie er sich jetzt verhalten sollte.
«Frau Möller würde bestimmt nicht wollen, dass du ihretwegen verhungerst», sagte Manni und hielt ihm die Papiertüte mit dem halben Hähnchen entgegen.
«Nein, wahrscheinlich nicht», sagte Finn und fiel ausgehungert über das Essen her.
Am nächsten Tag bekam Finn schulfrei, wegen eines «Todesfalls in der Familie». Das hatte Manni Brenneisen noch am Mittwochabend mit Hinrich Hinrichsen geklärt, dem Leiter der Schlossschule. Finn nutzte den schulfreien Vormittag, um auszuschlafen. Das war allerdings auch nötig, denn in der Nacht
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