Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
war...« Sie brach ab, ihre Schneidezähne gruben sich in die Unterlippe. »Ich hab mal mit ihm zusammengelebt. In L. A.«
    »Hm«, machte Rydell. Mehr brachte er angesichts der Vorstellung, dass der Schal gerade Chevettes neuen Freund umgelegt hatte, nicht hervor.
    »Ich meine, ich war nicht mit ihm zusammen. Nicht mehr. Er ist mir gefolgt, aber, du lieber Himmel, Rydell, warum hat dieser Kerl... der ist einfach angekommen und hat ihn erschossen !«
    Weil er auf mich losgegangen ist, dachte Rydell. Weil er mich fertigmachen wollte und sie der Meinung sind, dass ich ihnen gehöre. Aber das sagte Rydell nicht. »Der Kerl mit der Knarre«, sagte er statt dessen, »der wird mich suchen. Er ist nicht allein.
    Das heißt, du solltest lieber nicht bei mir sein, wenn er mich findet.«
    »Warum sucht er dich?«
    »Weil ich was habe...« Aber das stimmte nicht; er hatte den Projektor in der Bar gelassen.
    »Hast du da vorhin mich gesucht?«
    Ich hab dich gesucht, seit du weggegangen bist. Tag für Tag habe ich das Angesicht der erwachenden Welt mit einem winzigkleinen Kamm nach dir 286
    abgesucht, immer wieder. Und jeder Tag war doch wieder leer, nie, nie warst du da. Und in der Erinnerung hörte er das Geräusch der Steine, die hinter dem Lucky Dragon auf dem Sunset ins Polymerisat ein-schlugen. Sinnlos, sinnlos. »Nein. Ich arbeite. Private Ermittlun-gen für einen namens Laney.«
    Sie glaubte ihm nicht. »Carson ist mir hierher gefolgt. Ich wollte nicht mit ihm zusammen sein. Und jetzt du. Was ist hier eigentlich los?«
    Laney sagt, es ist das Ende der Welt. »Ich bin einfach bloß hier, Chevette. Du bist einfach bloß hier. Ich muss jetzt weg...«
    »Wohin?«
    »Zurück in die Bar. Ich hab da was liegen lassen. Es ist wichtig.«
    »Geh da nicht wieder rein!«
    »Ich muss.«
    »Rydell«, begann sie und fing an zu zittern, »du bist... du bist...« Sie blickte auf ihre offenen Hände hinab. Sie waren dunkel verfärbt. Er sah, dass es Blut war, und begriff, dass es das Blut ihres Freundes sein musste, dass sie hindurchgekrabbelt war.
    Sie brach in Tränen aus und wischte sich die Hände an ihren schwarzen Jeans ab, um es loszuwerden.
    »Mr. Rydell?«
    Der Mann mit dem Tanto. Er trug Rydells Matchbeutel in der Armbeuge wie ein Baby.
    »Mr. Rydell, ich glaube, es wäre nicht ratsam, wenn Sie versuchen würden, die Brücke zu verlassen. Es sind fast mit Sicherheit Wachposten aufgestellt worden, und die werden Sie eher erschießen als Sie entkommen lassen.« Das fahle, grelle Licht der über ihnen festgeketteten Neonlampen blinkte in den runden Brillengläsern; ein schlanker, lakonischer Mann mit vollkommen leeren, kreisrunden Abwesenheiten, wo die Augen sein sollten.
    »Ist diese junge Frau bei Ihnen?«
    »Ja«, sagte Rydell.
    »Wir müssen los, Richtung Oakland«, sagte der Mann und gab 287
    Rydell den Matchbeutel mit dem massiven Gewicht des Projektors darin. Rydell hoffte, dass er auch das Stromkabel mitgenommen hatte. »Sonst schleichen sie an uns vorbei und schneiden uns den Weg ab.«
    Rydell wandte sich an Chevette. »Vielleicht haben sie uns nicht zusammen gesehen. Du solltest einfach gehen.«
    »Das würde ich nicht empfehlen«, sagte der Mann. » Ich habe euch zusammen gesehen. Die anderen wahrscheinlich auch.«
    Chevette schaute zu Rydell hoch. »Jedes Mal, wenn du in mein Leben trittst, Rydell, lande ich...« Sie schnitt eine Grimasse.
    »In der Scheiße«, beendete Rydell den Satz für sie.
    288
    54
    ZU MANCHEN DINGEN

KOMMT ES NIE
    er Gunsmith-Cats-Armbandwecker an der Wand seines DKartons
     
    holt Laney aus der Ummauerten Stadt zurück.
    Sein Summen kündigt die unmittelbar bevorstehende Ankunft des »Anzugs« an. Der »Anzug« hat selbst keine Armbanduhr, ist jedoch gnadenlos pünktlich; er orientiert sich bei seinen Besuchen an den Uhren der U-Bahn-Station, die wiederum per Funk nach einer Atomuhr in Nagoya gestellt werden.
    Laney schmeckt Blut. Es hat sich schon lange nicht mehr die Zähne geputzt, und sie fühlen sich künstlich an und scheinen nicht mehr richtig zu sitzen, als wären sie in seiner Abwesenheit gegen die eines anderen ausgetauscht worden. Er spuckt in eine Flasche, die er für diesen Zweck aufbewahrt, und erwägt, einen Ausflug zur Toilette zu machen. Körperpflege ist wichtig. Er be-tastet die Stoppeln auf seinen Wangen, schätzt ab, wie viel Arbeit erforderlich ist, um sie zu entfernen. Er könnte den »Anzug« bitten, ihm einen elektrischen Wegwerfrasierer zu besorgen, aber eigentlich ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher