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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Fenstern und gelöschtem Licht – die kleine blaue Flamme flackerte, Kampfhubschrauber vom LAPD don-nerten über sie weg, und jedes Mal, wenn er in ihre Arme kroch oder sie das Gesicht an seins legte, war er felsenfest davon überzeugt, dass sie gute Geschichte machten, die beste, und dass alles gut werden würde.
    Aber es war anders gekommen.
    Rydell hatte nie groß über sein Aussehen nachgedacht. Er glaubte, dass er einigermaßen aussah. Die Frauen schienen ihn ganz attraktiv zu finden, und man hatte ihn darauf hingewiesen, dass er eine gewisse Ähnlichkeit mit dem jüngeren Tommy Lee Jones besaß, einem Filmstar des 20. Jahrhunderts. Deswegen hatte er sich ein paar Streifen mit dem Burschen angesehen, und sie hatten ihm gefallen, obwohl es ihm ein Rätsel war, wo die Leute da eine Ähnlichkeit sahen.
    Trotzdem hatte er irgendwann angefangen, sich Gedanken zu machen – wahrscheinlich, als er von Cops in Schwierigkeiten eine magere blonde Praktikantin namens Tara-May Allenby zugeteilt bekam, die ihm überallhin folgen und mit einer Steadicam auf der Schulter Bildmaterial von ihm beschaffen sollte.
    Tara-May kaute Kaugummi, hantierte mit Filtern herum und ging Rydell überhaupt voll auf den Zeiger. Er wusste, dass sie live für Cops in Schwierigkeiten drehte, und allmählich keimte in ihm der Verdacht, dass sie mit den Resultaten nicht allzu glücklich waren.
    Da half es ihm auch nicht gerade, dass Tara-May ihm erklärte, die Kamera mache jeden zwanzig Pfund schwerer, aber he, sie möge ihn so, wie er sei, so fleischig und stämmig. Trotzdem riet sie ihm immer wieder, mehr zu trainieren. Warum nimmst du dir nicht ‘n Beispiel an deiner Freundin, sagte sie, die sieht so fit aus, dass es wehtut.
    Aber Chevette hatte noch nie ein Fitnesscenter von innen gesehen; sie verdankte ihr fittes Aussehen ihren Genen und den 112
    paar Jahren, in denen sie auf einem renntauglichen Mountainbike mit einem Rahmen aus Kohlefaser und Graphit die Hügel von San Francisco rauf und runter gestrampelt war.
    Deshalb seufzte Rydell nun, als er an die Bryant gelangte und Richtung Brücke einbog. Der Matchbeutel auf seiner Schulter ließ ihn zunehmend sein Gewicht und seine geheime Absprache mit der Schwerkraft spüren. Rydell blieb stehen, seufzte erneut und rückte den Beutel zurecht. Verdrängte die Erinnerung an die Vergangenheit.
    Einfach bloß gehen.
    Überhaupt kein Problem, diese Lucky-Dragon-Filiale zu finden.
    Man konnte sie gar nicht verfehlen. Sie lag genau in der ehemaligen Mitte der Bryant, wenn man sich der Zufahrt zur Brücke näherte. Auf dem Herweg über die Bryant hatte er den Laden nicht sehen können, weil er sich hinter dem Gewirr aus alten Betonpanzersperren befand, die sie dort nach dem Erdbeben abgeladen hatten, aber wenn man daran vorbei war, lag er direkt vor einem.
    Als er darauf zuging, sah er, dass es ein neueres Modell war als das auf dem Sunset, in dem er gearbeitet hatte. Es hatte nicht so viele Ecken, so dass weniger absplittern konnte oder repariert werden musste. Vermutlich kam es beim Design eines Lucky-Dragon-Moduls darauf an, etwas zu entwerfen, was die Berührung von Millionen achtloser und sogar feindseliger Hände möglichst schadlos überstand. Letzten Endes, dachte er, lief es auf eine Art Muschelschale hinaus, etwas Hartes und Glattes.
    Der Laden auf dem Sunset hatte ein Finish gehabt, das Graffiti fraß. Sprühten Gang-Kids ihre Tags drauf, kamen zwanzig Minuten später flache, dunkelblaue, andeutungsweise krebsähnliche Flecken um die Ecke geglitten. Rydell hatte nie begriffen, wie die funktionierten; Durius zufolge waren sie in Singapur entwickelt worden. Sie schienen ein paar Millimeter tief in die Oberfläche -
    eine Art mattierter Gelschicht – eingebettet zu sein, konnten sich 113
    aber offenbar darunter bewegen. Er hatte gehört, dass man so etwas als »intelligentes Material« bezeichnete. Die Flecken glitten zu dem Tag, wie künstlerisch wertvoll das abstrakte Gekrakel auch war, das man drangespüht hatte, um Lehnstreue zu erklären, sein Territorium zu markieren oder Rache zu schwören (Durius hatte die Dinger lesen und eine Geschichte daraus konstruieren können), und fraßen es auf. In Wirklichkeit konnte man die Krabbenbeine nicht laufen sehen. Sie schmiegten sich einfach irgendwie an das Tag an, worauf dieses sich allmählich auflöste und immer unschärfer wurde, weil die Farbmoleküle ins Blau der Lucky-Dragon-Graffitifresser gesaugt wurden.
    Einmal waren dann irgendwelche

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