FutureMatic
würde.
Stattdessen fiel sein Blick auf einen jungen Skater in Seoul, der seine Eier in die Kamera schüttelte.
Als er den Laden betrat, wurde er sofort von einem wahren Schrank mit enorm breiter Stirn und hellen, beinahe unsichtbaren Augenbrauen gestoppt. »Ihren Beutel«, sagte der Wachmann, dessen pinkfarbene Lucky-Dragon-Hüfttasche genauso aussah wie jene, die Rydell in L. A. getragen hatte und die sich nun in dem Matchbeutel befand, den der Bursche haben wollte.
»Bitte«, sagte Rydell und übergab ihm den Beutel. Lucky-Dragon-Wachleute sollten immer »bitte« sagen. So stand es in Mr.
Parks Notebook, und überhaupt, wenn man jemanden um seinen Beutel bat, gab man zu, dass man dachte, er könnte was klauen, also konnte man dabei zumindest höflich sein.
Der Wachmann kniff die Augen zusammen. Er stellte den Beutel in ein nummeriertes Fach hinter seinem Standplatz und gab 116
Rydell eine Marke mit Lucky-Dragon-Logo, die wie ein überdimensionaler Untersetzer aussah, mit der Nummer 5 hinten drauf.
Rydell wusste, dass die Dinger so groß waren, weil man festgestellt hatte, dass sie dadurch nur in die wenigsten Taschen passten, so dass die Leute sie nicht einsteckten, vergaßen und damit weg-gingen. Senkte die Kosten. Bei Lucky Dragon war alles so ausge-klügelt. Schon irgendwie bewundernswert.
»Gern geschehen«, sagte Rydell. Er ging zum Automaten der Lucky Dragon International Bank im hinteren Teil des Ladens.
Ihm war klar, dass dieser ihn beobachtete, als er auf ihn zutrat und seine Brieftasche aus der Gesäßtasche zog.
»Ich möchte mir einen Chip holen«, sagte er.
»Identifizieren Sie sich bitte.« Die Lucky-Dragon-Bankautomaten hatten alle dieselbe Stimme, eine seltsam gepresste, erstickte kleine Kastratenstimme, und er fragte sich, warum das so sein musste. Aber man konnte sicher sein, dass die Konstrukteure sich auch dabei was gedacht hatten: Wahrscheinlich hielt sie die Leute davon ab, lange herumzustehen und Unfug mit dem Apparat zu treiben. Was man ohnehin besser nicht tat, weil die Scheiß-
dinger einen dann mit Pfefferspray besprühten, wie Rydell wusste.
Sie waren auch mit entsprechenden Warnungen gepflastert, obwohl er bezweifelte, dass die irgendwer las. Was in den Warnungen nicht stand und worüber Lucky Dragon sich ausschwieg, war, dass die Dinger einen und sich selbst mit Wasser einnebelten und dann unter Strom setzten, wenn man ihnen ernsthaft zu Leibe rückte, zum Beispiel, indem man eine Brechstange in den Geld-schlitz rammte.
»Berry Rydell.« Er nahm seinen Führerschein aus Tennessee aus der Brieftasche und steckte ihn mit der richtigen Seite voran in die Lesevorrichtung des Automaten.
»Handflächenkontakt.«
Rydell drückte seine Hand in den Umriss einer Hand. Es war ein ekelhaftes Gefühl. Hohes Filzlauspotenzial bei diesen Handflächenscannern. Handfett.
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Er wischte sich die Handfläche an der Hose ab.
»Bitte geben Sie Ihren persönlichen Identifizierungscode ein.«
Rydell gehorchte und arbeitete seine Eselsbrücke bis zu den beiden 7-Up-Dosen durch.
»Kreditanforderung wird bearbeitet«, sagte das Ding. Es klang, als würde ihm jemand die Eier quetschen.
Rydell schaute sich um und sah, dass er so ziemlich der einzige Kunde war, abgesehen von einer Frau mit grauen Haaren und Lederhose, die in einer Sprache, die für Rydell wie Deutsch klang, auf die Kassiererin einquasselte.
»Transaktion beendet«, sagte der Bankautomat. Rydell drehte sich um und sah, wie ein Lucky-Dragon-Kreditchip aus dem Chipschlitz kam. Er steckte ihn wieder ein Stück weit hinein und überprüfte das verfügbare Guthaben auf dem Monitor. Nicht schlecht. Wahrhaftig nicht schlecht. Er schob den Chip ein, packte seine Brieftasche weg und trat an die GlobEx-Niederlas-sung, die auch als lokales Postamt fungierte. Sie war auch so ein speziell konstruierter Knubbel oder Wulst in derselben Kunst-stoffwand wie der Bankautomat. Auf dem Sunset hatten sie keine gehabt, und Praisegod hatte zusätzlich als GlobEx-Angestellte und/oder Postbeamtin fungieren müssen, wobei ihr letzteres hin und wieder ein Stirnrunzeln entlockt hatte, weil für die Sekte ihrer Eltern alles Staatliches Teufelswerk war.
Dem Zauderer bleibt das Glück stets hold, hatte Rydell von seinem Vater gelernt, und er hatte sich im Lauf seines Lebens stets große Mühe gegeben, nichts zu überstürzen. Praktisch jedes Mal, wenn er bis zum Hals in der Scheiße gelandet war, hatte es daran gelegen, dass er zu spontan gewesen war, das
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