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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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immer erzählt, dass diese Platinen unsterblich seien, so unvergänglich wie Stein, geschützt gegen Feuchtigkeit, ultraviolettes Licht und jede Art von Verfall; dass sie dazu bestimmt seien, den ganzen Planeten zu verschandeln, und dass man sie darum wieder verwerten und nach Möglichkeit in die Struktur der Dinge einarbeiten solle, das richtige Material, wenn etwas haltbar sein müsse.
    Sie weiß, dass sie jetzt allein sein muss, und deshalb hat sie Tessa auf der unteren Ebene zurückgelassen, wo sie mit Gottes kleinem Spielzeug visuelle Textur sammelt. Chevette kann es nicht mehr hören, dass Tessas Film persönlicher sein müsse, dass er von ihr, Chevette, handeln müsse, aber Tessa ist einfach nicht imstande, die Klappe zu halten und Chevettes Nein zu akzeptieren. Chevette erinnert sich, wie Bunny Malatesta, ihr Vermittler in ihren hiesigen Kurierzeiten, immer gesagt hat: »Und was genau verstehst du nicht an dem >Nein    Darum hat sie eine Rolltreppe zur oberen Ebene genommen, eine, an die sie sich nicht erinnern kann, und lenkt ihre Schritte nun, ohne weiter darüber nachzudenken, zum Fuß ihres Turms.
    Das wässrige Licht hat sich in einen dünnen, böigen Regen verwandelt, der durch die zerfledderte Second-Hand-Überbauung der Brücke weht. Die Leute nehmen ihre Wäsche von der Leine, und es herrscht eine allgemeine hektische Betriebsamkeit, wie immer vor einem Sturm, aber Chevette weiß, dass sich das wieder legen wird, wenn das Wetter sich ändert.
    Bis jetzt hat sie noch kein einziges Gesicht gesehen, das sie von früher kennt, niemand hat sie gegrüsst, und sie ertappt sich bei dem Gedanken, dass die gesamte Brückenbevölkerung in ih-104
    rer Abwesenheit ausgetauscht worden ist. Nein, da war gerade die Frau vom Bücherstand, die mit den Elfenbeinstäbchen in ihrem gefärbten schwarzen Haarknoten, und sie erkennt den koreani-schen Jungen mit dem schlimmen Bein, der den rumpelnden Sup-penwagen seines Vaters schiebt, als müsste der Bremsen haben.
    Der Turm, den sie jeden Tag zu Skinners Sperrholzbude hin-aufgefahren ist, ist vollständig umbaut, sein Eisen verbirgt sich im Kern eines organischen Komplexes von Räumen, in denen speziellen Tätigkeiten nachgegangen wird. Hinter straffen, mil-chigen Plastikbahnen, die im Wind vibrieren, wirft das unirdische Licht eines Hydrokulturbetriebs übergroße Blätterschatten. Sie hört das Schnarren einer Elektrosäge aus der winzigen Werkstatt eines Möbeltischlers, dessen Assistent geduldig Wachs in eine kleine Bank aus farbfleckigem Eichenholz reibt, das aus den aus-geschlachteten Hülsen älterer Häuser stammt. Jemand anders macht Marmelade; der große Kupferkessel wird von einem Pro-pangasring erhitzt.
    Ideal für Tessa, denkt sie: Die Brückenbewohner behalten ihre Interstitien bei. Machen ihren Kleinkram. Aber Chevette hat sie gesehen, wenn sie besoffen waren. Hat Drogenberauschte und Wahnsinnige in den Tod stürzen sehen, hinunter in die graue, erbarmungslose, kabbelige See. Hat Männer mit Messern auf Leben und Tod kämpfen sehen. Hat eine Mutter mit einem erstickten Kind in den Armen in der Morgendämmerung kopflos umher-irren sehen. Die Brücke ist keine Touristenfantasie. Die Brücke ist real, und hier zu leben hat seinen Preis.
    Es ist eine Welt innerhalb der Welt, und wenn es so etwas gibt wie Orte zwischen den Dingen der Welt, Orte, die in die Lücken gebaut sind, dann gibt es auch dort gewiss Dinge und Orte dazwischen, und auch Dinge an diesen Orten. Aber das weiß Tessa nicht, und es ist nicht Chevettes Aufgabe, es ihr zu sagen.
    Sie taucht unter einer losen Plastikbahn durch, hinein in feuchte Wärme und das Lichtspektrum von Treibhauslampen. Chemika-liengestank. Schwarzes Wasser, das zwischen bleiche Wurzeln ge-105
    pumpt wird. Dies sind Heilpflanzen, nimmt sie an, aber wahrscheinlich keine Drogen im Straßensinn. Die werden weiter drü-
    ben Richtung Oakland angebaut, in einem irgendwie dafür reser-vierten Sektor, und an warmen Tagen hängt der Harzmief dort narkotisch in der Luft und löst ein fast wahrnehmbares Summen aus, eine geringfügige Veränderung der Wahrnehmung und des Willens.
    »Hallo? Jemand da?«
    Das Gurgeln von Flüssigkeit in transparenten Schläuchen. Ein schlickverschmiertes Paar abgenutzter gelber

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