FutureMatic
nämlich nicht ertragen. Bin von denen erzogen worden.«
»Was ist nun«, sagte Rydell, »brauch ich nun eine Reservierung, um hier bleiben zu können, oder nicht?« Er schaute sich in der Küche um und fragte sich, wo »hier« sein mochte; sie maß ungefähr zwei mal zwei Meter, und die Tür, in der er stand, war der einzige sichtbare Zugang. Die vom heißen Wasserdampf leicht gewellte Tapete verlieh dem Raum das Aussehen einer Amateur-theaterkulisse oder eines Konstrukts für Kinder in einem be-helfsmäßigen Kindertagesheim.
»Nein«, sagte sie. »Brauchen Sie nicht. Sie haben ja den Handzettel.«
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»Sie haben also was frei?«
»Natürlich.« Sie nahm den Topf vom Kocher, stellte ihn auf einen runden Metalluntersetzer auf dem kleinen, weiß lackierten Tisch und deckte ihn mit einem sauber wirkenden Geschirr-handtuch ab. »Gehen Sie wieder zurück zum Ausgang. Na los. Ich komme nach.«
Er gehorchte und wartete in der offenen Tür, bis sie bei ihm war. Er sah, dass die Schlange vor dem Ghetto Chef eher noch länger geworden war.
»Nein«, sagte sie hinter ihm, »da rauf.« Er drehte sich um und sah, wie sie an einem orangefarbenen Nylonseil zog und eine Alu-miniumleiter mit Ausgleichsgewicht herunterholte. »Klettern Sie schon mal rauf«, sagte sie. »Das Gepäck schick ich Ihnen nach.«
Rydell stellte seinen Matchbeutel und die GlobEx-Schachtel ab und setzte einen Fuß auf die Leiter.
»Na los«, sagte sie.
Rydell stieg die Leiter hoch und entdeckte einen unglaublich kleinen Raum. Keine Frage, hier sollte er schlafen. Sein erster Gedanke war, dass jemand beschlossen hatte, so ein japanisches Sarghotel zu bauen, und zwar aus den Zuschneideresten des bil-ligsten Baumarktmaterials. Die Wände bestanden aus einer hellen Holzimitat-Verschalung, die schlechte Imitate irgendeines anderen Produkts imitierte, das wahrscheinlich ein mittlerweile vergessenes Original imitiert hatte. Das winzige, rechteckige St ück Fußboden vor ihm, der einzige Teil des Raumes, der nicht von dem von Wand zu Wand reichenden Bett eingenommen wurde, war mit einer Art Ultraniedrigflorzeug zweiter Wahl in einem seltsamen Blassgrün mit orangefarbenen Klecksen ausgelegt. Vom anderen Ende fiel Tageslicht durch etwas herein, was vermutlich das Kopfende des Bettes war, aber er hätte sich hinknien müssen, um herauszufinden, wie das sein konnte.
»Wollen Sie’s nehmen?« rief die Frau herauf.
»Na klar«, sagte Rydell.
»Dann ziehen Sie Ihr Gepäck rauf.«
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Er schaute sich um und sah, wie sie seinen Matchbeutel und die GlobEx-Schachtel in einen rostigen Drahtkorb lud, den sie an die Leiter gehängt hatte.
»Frühstück um neun, aber pünktlich«, sagte sie, ohne nach oben zu schauen, und dann war sie weg.
Rydell zog die Leiter samt Gepäck am orangefarbenen Seil hoch. Als er seine Sachen herausholte, blieb die Leiter oben, fest gehalten von ihrem verborgenen Ausgleichsgewicht.
Er ließ sich auf Hände und Knie nieder und kroch in sein Zimmer, über die Schaumstoffmatratze, die mit einer Mikropelzdecke mit Schaumstoffkern bezogen war, zu einer annähernd halbku-gelförmigen Plastikkuppel mit vielen Scheiben, die wahrscheinlich aus einem Flugzeug stammte und mit Epoxydharz in die Außenwand eingeklebt worden war. Außen schien sie mit einer dicken Salzschicht überzogen zu sein; eine Kruste aus getrockneter Gischt. Sie ließ Licht herein, aber nur eine konturlose graue Helligkeit. Anscheinend musste man mit dem Kopf in dem Ding schlafen. War ihm recht. Es roch komisch, aber nicht schlecht. Er hätte sie fragen sollen, was sie verlangte, aber das konnte er später noch tun.
Er setzte sich ans Fußende des Bettes und zog sich die Schuhe aus. Seine beiden schwarzen Socken hatten vorne Löcher. Er musste sich neue kaufen.
Er holte die Brille aus seiner Jacke, setzte sie auf und rief per Schnellwahl Laney an. Er hörte irgendwo in Tokio ein Telefon klingeln und stellte sich das Zimmer vor, in dem es stand, ein teures Hotel, oder vielleicht klingelte es auch auf einem Schreibtisch, der so groß war wie der von Tong, aber real. Laney meldete sich nach dem neunten Klingeln.
»Bad Sector«, sagte Laney.
»Was?«
»Das Kabel. Die haben es.«
»Was für ‘n Kabel?«
»Das Sie für den Projektor brauchen.«
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Rydell sah die GlobEx-Schachtel an. »Für welchen Projektor?«
»Den Sie heute bei GlobEx abgeholt haben.«
»Nun mal langsam«, sagte Rydell, »woher wissen Sie das?«
Pause. »Das ist mein Job, Rydell.«
»Hören
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