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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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unendlichen, in sich geschlossenen Innenraums nichts mehr wahr.
    Und ein Teil von ihm fragt sich, ob dies ein Produkt seiner Krankheit ist, eine Auswirkung des 5-SB, oder ob dieses riesige, nach innen schauende Auge nicht in Wahrheit ein innerer Aspekt 218
    dieser einen Form, dieses einen Gebildes ist, das aus sämtlichen Daten der ganzen Welt besteht?
    Letzteres wird seiner Meinung nach zumindest teilweise dadurch bestätigt, dass er mehrmals erlebt hat, wie sich das Auge nach außen kehrt, sich in einem Möbiuskrampf von innen nach außen stülpt, und jedes Mal ertappt er sich dann unweigerlich dabei, wie er dieses unbeschreibliche Gebilde anstarrt.
    Aber jetzt, wo er das Auge ist, wird ihm allmählich bemisst, dass noch jemand zusieht. Da sind noch andere, die sich sehr für diese Bilder von Harwood interessieren. Er merkt, wie sie jedes einzelne registrieren.
    Wie kann das sein?
    Der uralte Gunsmith-Cats-Armbandwecker aus Plastik reißt ihn aus dem Strom. Er ertastet ihn im Dunkeln und schaltet den Wecker aus. Er fragt sich, woher die Uhr kommt. Von dem Alten?
    Es ist Zeit, Rydell in San Francisco anzurufen. Er lässt die Finger behutsam über die Wegwerftelefone auf dem Pappbord gleiten, sucht das gebrauchte, auf dem noch zehn Minuten drauf sind.
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GELBES BAND
    ei Toei konnte sich sehr klein machen.
    R F ünfzehn Zentimeter groß, saß sie auf Rydells Kissen in der vom Salz mattierten Plastikkuppel seines Pensionszimmers, und er kam sich wie ein Kind vor.
    Wenn sie klein war, schien die Projektion konzentrierter zu sein; sie war heller, und er musste an Feen in alten Animes denken, diesen Disney-Sachen. Sie hätte ebenso gut Flügel haben, herumfliegen und dabei leuchtenden Staub hinter sich herziehen können, wenn sie gewollt hätte, dachte er. Aber sie saß nur da, sah mit ihren fünfzehn Zentimetern sogar noch vollkommener aus und sprach mit ihm.
    Und wenn er die Augen schloss – nicht, weil er schlafen wollte, sondern nur, um sie auszuruhen –, hörte er, dass ihre Stimme tatsächlich aus dem Projektor am Fussende des Bettes kam. Sie er-zählte ihm von Rez, dem Sänger, den sie hatte heiraten wollen, und warum es nicht geklappt hatte, aber es fiel ihm schwer, ihr zu folgen. Rez hatte sich sehr für Rez interessiert, aber darüber hinaus für nicht viel, das bekam Rydell mit, und Rei Toei hatte immer größeres Interesse an anderen Menschen (oder aus ihrer Sicht wohl an anderen Dingen) entwickelt. Doch seine Konzentration ließ immer wieder nach, er dämmerte sogar weg, ihre Stimme war so schön.
    Bevor er sich hingelegt und sie ihm gezeigt hatte, wie sie sich klein machen konnte, hatte er die Hühnerdrahttür und die mit Reißzwecken drangehefteten Vorhänge geschlossen – ein verschossener, noppiger Stoff, der mit einem Muster aus verschnör-220
    kelten Schlüsseln und seltsamen, langhalsigen Katzen (glaubte er zumindest) bedruckt war.
    Er wusste nicht, wie lange die Sonnenbrille schon geklingelt hatte, und es klingelte noch etliche Male, bis er im Dunkeln seine Jacke fand. Abgesehen davon war er komplett angezogen, Schuhe, alles, und ihm war klar, dass er tief und fest geschlafen hatte.
    »Hallo?« Er setzte die Brille mit der linken Hand auf. Mit der rechten langte er nach oben und berührte die Decke. Die Verschalung gab ein wenig nach, deshalb machte er es nicht noch mal.
    »Wo sind Sie?« Es war Laney.
    »In der Pension.« Wenn er die Sonnenbrille aufhatte, war es total dunkel. Er beobachtete das matte Glimmen seines Sehnervs, namenlose Farben.
    »Haben Sie die Kabel gekriegt?«
    »Ja.« Rydell erinnerte sich, dass er grob zu dem Sumo-Jungen gewesen war, und kam sich wie ein Idiot vor. Er hatte die Beherrschung verloren. Sein Klaustroding, das er manchmal in Menschenmengen bekam. Tara-May Allenby hatte ihm erklärt, dass man das Agoraphobie nannte, was »Angst vor freien Plätzen« bedeutete, aber mit freien Plätzen hatte das bei ihm eigentlich nichts zu tun. Diese kleinen Unterlippenbärtchen konnte er allerdings auch nicht ausstehen. »Zwei.«
    »Schon benutzt?«
    »Nur das Stromkabel«, sagte Rydell. »Ich weiß nicht, woran man das andere anschließt.«
    »Ich auch nicht«, sagte Laney. »Ist sie da?«
    »War sie jedenfalls.« Rydell schaute sich im Dunkeln nach seiner kleinen Fee um, dann fiel ihm wieder ein, dass er eine Sonnenbrille trug.
    Seine Hand fand einen Schalter, der an einem Draht in der Nähe seines Kopfes baumelte. Er drückte darauf. Eine nackte Fünfzig-Watt-Birne

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