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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Puppe aufblitzen sehen.
    »He, Buell!« brüllte er. »Creedmore!« Er stieß jemand mit der Schulter beiseite und ging weiter. Jetzt war er höchstens noch zwei, drei Meter von der Bühne entfernt. »Buell!« Es war nur eine kleine Bühne, vielleicht dreißig Zentimeter hoch, und die Menge war nicht gar so dicht.
    Creedmore sah ihn. Er kam von der Bühne herunter. Sein Cowboyhemd mit den Perlmuttknöpfen war bis zur Taille offen, seine eingesunkene weiße Brust glänzte vor Schweiß. Jemand gab ihm ein Handtuch, und er wischte sich grinsend das Gesicht damit ab, zeigte lange gelbe Zähne und kein Zahnfleisch. »Rydell«, sagte er.
    »Alte Arschgeige. Wo hast du gesteckt?«
    »Hab dich gesucht, Buell.«
    Der Mann mit dem Messer legte Rydell die Hand auf die Schulter. »Das ist unklug«, mahnte er.
    »He, Buell«, sagte Rydell. »Besorg mir ‘n Bier, okay?«
    »Hast du mich gesehn, Rydell? Ich war der Scheiß-Sohn von Jesus Christus, Mann. Ich war Hank Williams, dieser verdammte Scheißkerl.« Creedmore strahlte, aber Rydell sah das Ding, das nur daraufwartete, in Zorn umschlagen zu können. Jemand reichte Creedmore zwei große, bereits geöffnete Dosen. Eine davon gab er an Rydell weiter. Creedmore spritzte sich kaltes Malzgebr äu auf die Brust, rieb sich damit ein. »Verdammt, bin ich gut.«
    »Wir können hier zu leicht umzingelt werden«, sagte der Mann.
    »Lass mein’ Kumpel los.« Creedmore bemerkte den Mann zum ersten Mal. »Alte Schwuchtel«, fügte er hinzu, als sähe er sich das Äußere des Mannes nun genauer an und hätte Schwierigkeiten, es in eine passendere Schimpfwortkategorie einzusortieren.
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    »Buell«, sagte Rydell und fasste den Mann am Handgelenk, »ich möchte dir ‘nen Freund von mir vorstellen.«
    »Sieht wie ‘ne Schwuchtel aus, die man mit ‘ner Schaufel erschlagen sollte«, meinte Creedmore wütend, mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen. Er war umgekippt.
    »Nehmen Sie die Hand von meiner Schulter«, sagte Rydell leise zu dem Mann. »Das sieht nicht gut aus.«
    Der Mann nahm die Hand von Rydells Schulter.
    »Tut mir Leid«, sagte Rydell, »aber ich bleib hier bei Buell und rund hundert engen persönlichen Freunden von ihm.« Er warf einen Blick auf die Dose in seiner Hand. Ein Zeug namens King Colbra. Er trank einen Schluck. »Wenn Sie gehen wollen, nur zu. Sonst bringen Sie mich doch einfach um.«
    »Hol dich der Teufel, Creedmore«, sagte Randy Shoats, der mit schweren Schritten von der Bühne herunterstieg, »du beschissener Drogensüchtiger. Du bist doch total besoffen. Besoffen und bis zu den Titten voll mit Dancer.«
    Creedmore glotzte zu dem massigen Gitarristen hinauf. Seine Augen bestanden nur aus Pupillen. »Menschenskind, Randy«, fing er an, »du weiß doch, ich musste ‘n bisschen locker werden...«
    »Locker? Locker? Du dicke Scheiße. Du hast den Text von >Drop That Jerk and Come with Me< vergessen! Wie kaputt muss man dazu sein? Sogar das Scheiß-Publikum kennt den Text, Mann; die haben alle mitgesungen. Oder es jedenfalls versucht.« Shoats rammte Creedmore zur Betonung seinen schwieligen Daumen gegen die Brust. »Ich hab dir gesagt, ich arbeite nicht mit Diz-Affen. Du bist erledigt, kapiert? Abgemeldet. Schnee von gestern.«
    Creedmore schien in seine tiefsten Tiefen hinabzugreifen, als wäre er auf der Suche nach einem neuen Grad von Ehrlichkeit, um diesen krisenhaften Moment zu bewältigen. Er schien ihn zu finden. Richtete sich gerader auf. »Leck mich«, sagte er. »Scheiß-
    kerl«, fügte er hinzu, als Shoats sich angewidert abwandte und wegging.
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    »Buell«, sagte Rydell, »haben die hier einen Tisch oder so für dich reserviert? Irgendwas, wo ich mich setzen kann?«
    »Maryalice«, meinte Creedmore geistesabwesend mit einer vagen Handbewegung zum hinteren Teil der Bar. Er ging davon, anscheinend Shoats hinterher.
    Rydell ignorierte den Mann mit dem Tanto und ging nach hinten, wo er Maryalice allein an einem Tisch sitzen sah. Auf ein Stück brauner Wellpappe war mit verschiedenfarbigen Filzstiften BUELL CREEDMORE & His LOWER COMPANIONS*** geschrieben, wobei jedes O als kleines, fröhliches Gesicht rot ausgemalt war.
    Der Tisch stand über und über mit Leergut voll, und Maryalice sah aus, als hätte jemand ihr gerade mit etwas, was keine Spuren hinterließ, auf den Kopf geschlagen. »Bis’u A&R?« fragte sie Rydell, als wäre sie aus einem Traum hoch geschreckt.
    »Ich bin Berry Rydell«, sagte er, zog sich einen Stuhl heraus und nahm den Beutel

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