Fyn - Erben des Lichts
mich.
»Ich kann nach ihm sehen, aber weshalb reparierst du ihn nicht selbst? Du bist darin mindestens so geschickt wie ich.« Ich konnte mich des Verdachts nicht erwehren, dass die Sache noch einen Haken haben würde.
Vater atmete tief ein und ließ die Luft mit einem Seufzen entweichen. »Sicherlich könnte ich ihn reparieren, aber da gibt es ein Problem: Er lässt sich von mir nicht anfassen. Arc verlangt ausdrücklich nach dir.« Ein Hauch Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit, die meine Euphorie etwas dämpfte. Also waren es nicht meine Fertigkeiten, die ihn veranlasst hatten, mich zu rufen, sondern die reine Notwendigkeit.
»Ich werde nach ihm sehen«, sagte ich pflichtschuldig und darum bemüht, mir die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Bis wann muss er fertig sein?«
Breanor biss sich kurz auf die Unterlippe, eine Geste, die ich von ihm nicht gewohnt war. »So schnell wie möglich. Lieber gestern als heute. Wie ich bereits erwähnt habe, brauche ich ihn für einen Einsatz in der Stadt.«
Weshalb wollte er einen mechanischen Hausdiener mit in die Stadt nehmen? Für gewöhnlich blieb Arc im Perlenturm und erledigte die Arbeiten, für die die Soldaten keine Zeit hatten.
»Du nimmst Arc doch nie mit in die Stadt«, sagte ich in der Hoffnung, Vater würde darauf eingehen.
Breanor lehnte sich im Sessel nach vorn und stützte die Ellenbogen auf die Knie, auch dies ein eher untypisches Verhalten für den steifen und ernsten Soldaten, der er immer gewesen war. Ich vermutete, die Umgebung seiner Privatgemächer ließ ihn lockerer werden, obwohl mich der Gedanke befremdete, dass mein perfekter Vater ein normaler Alve war, der aß, schlief und Gefühle hegte. In meiner Vorstellung hatte ich ihn immer zu einem gottgleichen Hünen ohne Fehler idealisiert.
»Dir ist sicher nicht entgangen, wie unruhig es in Elvar geworden ist, Fynrizz.« Der Ernst und die Sorge in seiner Stimme sowie die Erwähnung meines vollen Namens jagten mir einen Schrecken durch die Glieder. Seine müden Augen sahen mich ohne jeglichen Glanz an. »Es sind nun schon vier verstümmelte Alvenleichen gefunden worden, und die Einwohner werden allmählich ungeduldig. Die Alven verlangen nach rascher Aufklärung, aber ich kann ihnen nicht mitteilen, dass die Menschen sich gegen uns verschworen haben. Das würde eine Massenpanik auslösen oder vielleicht sogar einen offenen Krieg.« Seine Ehrlichkeit entsetzte mich. Ich wollte etwas sagen, aber meiner Kehle entwich kein Laut.
»Ich denke, es ist an der Zeit, dir gegenüber aufrichtig zu sein.« Er rieb sich mit den Handflächen über das Gesicht. Mit einem Mal wirkte er unendlich erschöpft. »Immerhin wirst du einmal Soldat sein und meinen Platz einnehmen. Du solltest wissen, welchen Scherbenhaufen wir dir hinterlassen.« Er stand auf, ging zum Fenster und lichtete den zugezogenen Vorhang ein bisschen, sodass Tageslicht in den Salon drang. Während er aus dem Fenster sah, sprach er weiter. »Wir alle lieben unseren König und stehen hinter ihm. Ich darf nicht einen Moment daran zweifeln. Wie dir bekannt ist, hat es zwei schlechte Ernten gegeben. Das Geld wird knapp, auch bei uns. König Castios sind in dieser Angelegenheit die Hände gebunden, aber er ist zu stolz, um seinen ganzen teuren – nun ja, Plunder – zu verkaufen. Vor allem die Menschen stöhnen über zu hohe Steuern. Außerdem machen sich Gerüchte breit, der Norden würde die Unabhängigkeit anstreben. Die Lords Awbreed, Rickney und Budlame sind mächtig und wissen eine Vielzahl kleinerer Herren unter sich. Wenn es darauf ankäme, könnten sie sich die Unabhängigkeit erzwingen.« Vater ging zurück zu seinem Sessel, in den er sich mit einem lauten Seufzen fallen ließ. Ich starrte ihn an. Dass die Lage im Land derart ernst war, hatte ich nicht geahnt. Keiner unserer Lehrer verlor je ein Wort darüber. Als hätte Breanor meine Gedanken gelesen, sagte er: »Wir haben die Entwicklungen von euch ferngehalten, damit ihr in Ruhe eure Ausbildung abschließen könnt. Jedoch werdet ihr schon bald die Endprüfungen ablegen müssen, denn wir brauchen jede verfügbare Kraft, sowohl Magier als auch Kämpfer.«
Ich öffnete den Mund, doch Vater brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Ich weiß, dass es eigentlich noch zu früh für die Endprüfung ist. Aber wir können nicht länger auf die Lehrer verzichten. Vor allem Jonnefs Hilfe ist gefragt. Jeden Tag erreichen uns neue Meldungen von Schießereien in der Stadt, es ist
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